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Der geniale Wissenschaftler Michael Morbius siecht seit seiner Kindheit langsam an einer degenerativen Blutkrankheit dahin, weswegen er fieberhaft nach einem Heilmittel forscht. Seine ganzen Hoffnungen setzt er da auf ein aus den Enzymen von Vampir-Fledermäusen gewonnenes Serum, mit dem er seine marode DNA wieder aufpäppeln will. Ein erster Selbstversuch in internationalen Gewässern ist semi-erfolgreich: Zwar ist Morbius körperlich nun topfit und übermenschlich stark, aber dummerweise auch ein waschechter Vampir und von einem enormen Blutdurst geplagt, der sich mit seinem selbstentwickelten künstlichen Blut bald schon nicht mehr im Zaum halten lassen wird. Milo, Michaels Freund aus Kindertagen, der unter derselben Krankheit leidet, pfeift sich den Stoff ebenfalls rein und wird zum bösen Beißer, der links und rechts die Leute leer saugt und seinem Kumpel die Taten nun in die Schuhe schiebt... "Morbius" ist das bislang fettnapfigste Nessel-Nest, in das sich Sony freiwillig in der Absicht gesetzt hat, auf den immer noch munter vor sich hin tuckernden Zug der Comic-Adaptionen mit aufzuspringen und vielleicht sogar dem MCU etwas Valides entgegenzusetzen... nicht raffend, dass schon die beiden "The Amazing Spider-Man"-Teile mit Andrew Garfield nicht so wirklich der Bringer gewesen sind (der Erfolg der Tom Holland-Inkarnation von "Spider-Man" ist ja wohl eher Marvel zuzuschreiben!) und es echt mal 'ne ganz schlechte Idee ist, irgendwelche unbekannten Charaktere und Zweite-Reihe-Bösewichter aus der Kiste zu kramen und denen jetzt auch noch ihren eigenen, formelhaften Superhelden-Streifen hinzubasteln. Ein Versuch, der übrigens von Kritik wie Publikum nicht angenommen wurde, denn alles, was dabei herumgekommen ist, sind ein paar feiste Memes ("It's Morbin' time!") sowie mehrere "Razzie Award"-Nominierungen, unter anderem in den Kategorien "Worst Picture", "Worst Director" und "Worst Actor", wobei sich Jared Leto den Anti-Filmpreis nun sogar neben seinen Oscar auf den Kaminsims stellen kann. Okay, so kolossal schlecht, wie er von allen Seiten gemacht wird, ist "Morbius" nun vielleicht ja wirklich nicht - wie auch? - aber dafür hat er es gleich mal doppelt schwer, denn irgendwie ist das fertige Ergebnis nicht nur als Superhelden-Filmchen ein ziemlicher Schlag ins Wasser, er muss als Quasi-Vampir-Horror simultan auch noch gänzlich anderen Genre-Maßstäben gerecht werden... und versagt dabei als steriles PG-13-Effektspektakel voller fader CGI-Tricks natürlich ebenso. Atmosphäre und Flair, wie man sie aus den Blutsauger-Epen vergangener Tage her kennt, kommen hier zu keinem Zeitpunkt auf (ehrlich, da war ja "Twilight" näher am Hammer-"Dracula"...!) und nicht mal dem auf modern getrimmten Style der "Blade"-Trilogie kann man da etwas Vergleichbares entgegensetzen. Da beschleicht einen doch flugs das Gefühl, dass man die Angelegenheit schlicht in die falschen Hände gelegt hat: Das Drehbuchautoren-Duo Matt Sazama und Burke Sharpless hätte nach dem bereits völlig vergeigten "Dracula Untold" mal echt die Finger von einem weiteren Vampir-macht-auf-Superheld-Stoff lassen sollen, während Daniel Espinosa mit seinem vorhergehenden Regie-Ausflug in den reinen Genre-Bereich, dem ziemlich offensichtlichen "Alien"-Abklatsch "Life", schon eh nur Aufgewärmtes abgeliefert hatte. Der interessanteste Aspekt der Geschichte, nämlich der Umstand, dass der Protagonist von einer permanenten Gier auf Blut getrieben wird, aber eigentlich ja doch keine Unschuldigen aussaugen möchte, wird da kurioserweise nicht weiter vertieft und ergo auch nicht dazu genutzt, um der Titel-Figur wahre Anti-Helden-Qualitäten zu verleihen. Stattdessen gibt es verswooshte und weitestgehend blutleere Action mit drübergeklatschter Computer-Wichse, was mal leider nicht so toll aussieht und "Morbius" im Verbund mit dem abgetakelten Erzähl-Schema mal ganz flott auf Durchschnitts-Niveau drückt. Da rettet auch der sinnbefreite Cameo von Michael Keaton als Vulture aus "Spider-Man: Homecoming" in der Post-Credit-Szene (Multiversum sei Dank!) nichts mehr. Fazit: "Blade" ist und bleibt der coolere Marvel-Vampir.

5/10

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