Review

Hochmut kommt vor dem Fall und da Regisseur John Michael McDonagh mit den Kontrasten der Kulturen spielt, durchzieht sein Drama ein latentes Gefühl von Anspannung. Er setzt auf zwei parallel ablaufende Geschichten, die in Sachen Aussagekraft kaum unterschiedlicher ausfallen könnten.

Arzt David (Ralph Fiennes) und seine Frau Jo (Jessica Chastain) sind in Marokkos Atlasgebirge vom exzentrischen Playboy Richard (Matt Smith) zu einer Party in dessen Villa eingeladen. Auf dem Weg dorthin läuft ihnen ein einheimischer Junge vors Auto und stirbt. Kurzerhand packt David den Leichnam ins Auto und setzt den Weg zur Party fort. Wenig später erscheint Abdellah (Ismael Kanater), der Vater des Getöteten und fordert von David Genugtuung, indem er ihn in die Wüste zur Beisetzung begleiten soll…

Obgleich McDonagh den Blick der geistigen Imperialisten des Westens einnimmt und nur selten verlässt, setzt er gleichermaßen auf die Verachtung selbiger. Die Arroganz der Touristen und vielmehr der versnobten Partygäste ist allgegenwärtig, wodurch die Szenen der protzigen Feier eher wie die Karikatur einer dekadenten Gesellschaft wirken, zumal niemand Tiefgang erhält und zahlreiche Klischees erfüllt werden. Dieser Teil der Geschichte lässt entsprechend kalt, bildet jedoch einen nicht unerheblichen Kontrast zu jenen Szenen, in der David eine ungewisse Reise antritt.

Dabei geht es um Buße und Erlösung, Demut und Sühne, denn David bleibt nicht viel mehr, als die Geschehnisse um die Beisetzung als stiller Beobachter über sich ergehen zu lassen. Wobei nie sicher ist, ob da nicht doch ein Gefühl von Rache und Vergeltung einen anderen Weg einschlagen könnte, was sich entsprechend in Davids wachsender Unsicherheit widerspiegelt. Fiennes performt mit angemessener Zurückhaltung und einer ordentlichen Präsenz, welche gegenüber Kanater jedoch fast ein wenig untergeht, der seinen undurchsichtigen Abdellah mit einer unentrinnbaren Eindringlichkeit versieht.

Chastain erhält demgegenüber die undankbare Rolle der unzufriedenen Ehefrau, die während der Party ein wenig zu sich selbst findet. Auch die übrigen Mimen sind mehr im Korsett der comichaften Figuren gefangen, als wirklich überzeugen zu können, wozu die teils arg konstruiert anmutenden Dialoge nicht unwesentlich beitragen.
Während der Score ziemlich im Hintergrund bleibt und rein gar nicht auffällt, überzeugt die Kulisse Marokkos und einige durchaus gelungene Perspektiven, welche die Weite und den rauen Charakter der Landschaften unterstreichen, - ganz im Gegensatz zur kunterbunten Feier der Snobs.

Da es insgesamt nicht sonderlich tiefgründig zugeht und etwaige Pointen wenig überraschend kommen, lässt sich von den rund 117 Minuten nicht sonderlich viel mitnehmen. Zwar ist handwerklich als auch darstellerisch wenig zu bemängeln, doch die eher langsam erzählte Geschichte leidet einerseits unter Spannungsarmut und andererseits an den zu hoch gesteckten Ambitionen, was die finale Szene durchaus unterstreicht. Mit dem stärkeren Fokus auf Davids Person wäre da deutlich mehr drin gewesen.
Knapp
6 von 10

Details
Ähnliche Filme