Meist wird ausgeblendet oder man kommentiert die Fremdartigkeit mit
einem vielleicht nicht ganz ernstgemeintem Wort, das leicht
ausgesprochen und im Nachhinein unfassbar zu begreifen ist. Witze über
kleinwüchsige Menschen, manchmal auch "Zwerge" oder "Schlümpfe"
genannt, sind Klassiker mit Granatie.
Was ist ein Zwerg mit zwei Taschenlampen?
Finbar, ein Mann mit einer unübertreffbaren Leidenschaft für Züge und
allem was dazu gehört, wird zum Erbe einer ländlichen kleinen
Bahnstation vor den Gleisen New Yorks. Und es war vielleicht nicht
allzu schwer, als Minderwüchsiger mitten in New York von den vielen
Mitmenschen des einfachen Blicks herausfallender Abwertung und
unfassbarer Diskriminierung den Abschied zu nehmen. Finbar ist
äußerlich unangespannt, als er das kleine Depot direkt an den Gleisen
bezieht. Endlich genau die Möglichkeit eines echten Refugiums, ohne
Gelächter und bekloppter Jokes über seine Körpergröße. Nur er selbst
und seine Züge.
Was ist ein Maler auf einer Landstraße mit einem Zwerg?
Die Künstlerin hat ihren Sohn verloren und ist mittlerweile von ihrem
Ehemann geschieden. Unterwegs auf der Straße trifft sie auf Finbar, ihr
fahrzeugmäßiges Ungelenk und Finbars Weitsprungtechnik werden ihr
Übriges tun. Finbar setzt seinen Weg fort.
Finbar und die zweite Stereotype: wer mag Italiener?
Das Problem für Finbar ist von Anfang an, dass direkt vor seinem
kleinen Schuppen ein Lebenslustiger sein mobiles Foodrestaurant
aufgebastelt hat. Ein solcher Mensch der uneingeschränkten
Glückseligkeit und optimistischer Existenzfreude ist genau der Pol, den
sich jeder für Finbar gewünscht hat. Nur Finbar selbst nicht.
Das Wunderbare ist die Leichtfüßigkeit, mit der Autor und Regisseur
Thomas McCarthy die problematische Dynamik sozialer Isolation
aufgreift. Finbars Geschichte ist von Beginn an nachvollziehbar und
sympathisch, ohne dass billige Tränendrüsenempathien bemüht werden.
McCarthy gibt im positiven Sinne Standgas, wenn er neben den
Humorsplittern, die sich ungezwungen aus Dialog und Situativem ergeben,
und ganz einfach mit Erleichterndem die angemessenste Stimmung für den
Film festhält.
Denn nie wird es übertrieben, niemals wird einer der Charaktere nervend
oder überflüssig, Klischees werden kaum bedient oder simpel benutzt -
ein erwarteter Streit im Film wird aufrichtig gelöst - immer bleibt der
Erzählrythmus angenehm. Auch in Momenten, in denen Verlust und
Kompensation thematisiert werden.
Hauptanteil am Funktionieren haben die drei mitreißenden
Hauptdarsteller, Peter Dinklage als Finbar mit seiner rein
menschlichen Sehnsucht nach Normalität, die nur noch durch
Abgeschiedenheit möglich zu sein scheint, Patricia Clarkson und Bobby
Cannavale, beide mit familiärem Handycap, das umso unwichtiger wird,
desto weiter die Auflösung von eingefrorenen Momenten der
Vergangenheit und vorbehaltlosen Liebe zum Menschen sich festigt
Unschlagbar an Wohlgefühl, Wärme und Warmherigkeit sind die
beiden Momente auf Olivias Veranda, die - um etwas Vergleichbares zur
Verdeutlichung anzustrengen - einem Ende der "Straight Story" die Hand
schütteln würde. Und was gibt es schöneres, als einen liebgewonnenen
Mensch samt Freunden glücklich zu verlassen. Ohne Schmerz und
Traurigkeit.