*** SPOILERWARNUNG ***
Manchmal lässt sich eine Reihe Zeit. Dauerte es schon elf Jahre bis 2011 Teil vier erschien, so vergingen nun weitere elf Jahre bis es ein neuer „Scream“ auf die Leinwand schaffte. Ohne Nummer, trotzdem eine Fortsetzung. Darüber braucht man immerhin nicht so lange schwadronieren wie die Figuren in dem von Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett inszenierten Eintrag in die Serie.
Was die Geschichte angeht, so ist es im Grunde das übliche Schema. In Woodsboro taucht wieder jemand im Ghostface-Kostüm auf und dezimiert junge Leute. So weit, so gut. Das beginnt mit Tara, die die Attacke überlebt und anschließend von ihrer herbeigeeilten Schwester Sam flankiert wird. Diese stellt Nachforschungen an und stößt dabei auf Dewey Riley, der nicht das letzte bekannte Gesicht sein wird.
Dennoch stehen hier die neuen Figuren im Vordergrund, die Jungspunde bleiben aber überwiegend blass und verhalten sich nach den üblichen Regeln des Genres, was auch ihre Beseitigung beinhaltet. Es ist schwer, hier eine sympathische Person auszumachen und so war es mir durchweg egal, wer hier ins Gras beißt. Man verdächtigt sich gegenseitig und zickt sich an, irgendwann kommt der schwarze Fetzen mit der Maske und es gibt wieder eine/n weniger.
Allen voran Sam, die hier als Protagonistin aufgebaut wird, ist wenig einnehmend und schafft es über die gesamte Laufzeit nicht, Interesse zu generieren. Melissa Barrera trägt keine Szene und für Jenna Ortegas Figur Tara war es überwiegend wichtig, immer mindestens zwei Strähnchen im Gesicht hängen zu haben. Wenn das schon die auffälligsten Merkmale einer Figur sind, dann gute Nacht. Der Rest der Neulinge bedarf keiner Erwähnung, zu unscharf gezeichnet beziehungsweise zu „platzhalterig“ für bereits aus Vorgängern ausreichend bekannte Verhaltensgebilde ist die austauschbare Bande.
Was wäre „Scream“ ohne seinen Metablick auf das Genre und sich selbst? Es gehört in der Reihe zum guten Ton, hier will das aber nicht so recht funktionieren. Da hilft es auch nicht, wenn man das seit dem Erstling bekannte Trio wieder in die Handlung zieht. Neve Campbell als Sidney Prescott, Courteney Cox als Gale Weathers und David Arquette als Dewey Riley bekommen ein paar Auftritte, bleiben aber Nebenfiguren. Dewey darf dann noch recht blutig abtreten, vorher aber noch den kleinen Randy-Gedächtnis-Erklärbär machen. Und kurz darauf macht Mindy den großen Randy-Gedächtnis-Erklärbär zum Thema Requels. Allerdings nicht so charmant-nerdig wie ihr Onkel damals, sondern in einer nervtötenden und affektierten Art. Ja, Onkel, es gibt hier einige Verwandschaften. Irgendwie sind alle neuen Figuren mit denen des ersten Teils verbunden, was arg erzwungen wirkt. Sam stellt sich als Billy Loomis' Tochter heraus, der erscheint ihr auch immer wieder mal, was so fremd in dieser Serie wirkt, dass manch ungläubiger Blick nicht ausbleibt. Auch andere Einfälle wirken nicht gerade taufrisch. Es wirkt in der fünften Auflage eben ausgelutscht, dass es zwischen Dewey und Gale mal wieder in die Brüche gegangen ist.
Auch sonst erwartet einen hier der übliche selbstreferentielle Blick, das ist schließlich auch ein Markenzeichen der Reihe. Mir ist klar, dass das zum Konzept gehört und dass man sich im vorliegenden Teil dem Prinzip der Legacy-Filme annimmt. Hier bedient man sich wieder der Film-im-Film-Reihe „Stab“, Teil acht wird da ob der Inhalte kritisiert, die der vorliegende Film selbst verwurstet. Ist also bewusst eingebracht, allerdings so plump, dass es etwas wehtut. Rian Johnson, Stab 8, Augenzwinkern, höhöhö. Man bekommt das so richtig schön ins Gesicht gedrückt, dass man nicht mehr weiß, ob das jetzt so clever wie gewünscht sein soll oder das Skript das Publikum eben für bescheuert hält.
Gleiches gilt für die bis zur Parodie eingesetzten Jumpscares. Es braucht sich nur mal jemand umdrehen und hui. Oder wenn auch nach der gefühlt zehnten Tür-auf-Tür-zu-Aktion niemand dahinter steht, obwohl der Film diese Erwartung bewusst anfüttert. Aber ist das Spiel mit Genrekonventionen nicht ein Markenzeichen der Reihe? Ist es, aber man muss es auch können. Hier wirkt es auf mich reingezwungen.
Mit alldem hatte mich das Szenario dann auch irgendwann verloren, Spannung kam so nicht mehr auf und auch, wenn eben die Mechanismen der Serie erkennbar sind – sie funktionieren für mich hier kaum. Das liegt an den Figuren und an der erzwungenen Art, wie das hier konstruiert ist. Und vielleicht daran, dass man in der Krankenhausszene so offensichtlich Richie als Mittäter identifizieren kann. Amber, die hier im Kostüm stecken soll, ist auch sehr viel kleiner als die Stuntperson in der Szene. Und somit ist die Frage, was das Skript von seinem Publikum hält, doch halbwegs beantwortet.
Und dann natürlich noch die Auflösung. Puh. Ich weigere mich zu glauben, dass das ernst gemeint ist. Der Kommentar über Fortsetzungen, das Fandom und was dieses will – natürlich ist das alles auf die Scream-Reihe (und andere Franchises) gemünzt und insbesondere als Rechtfertigung für diesen Teil. Doch da ist kein Witz, keine Finesse im Vortrag. Bis hierhin war Nummer fünf ein immerhin mediokrer Slasher, der seine fade Inszenierung mit dem Rückgriff auf die eigene Vergangenheit aufpeppt. Am Ende wird er das, was er kritisiert, auch wenn er es vermeintlich parodieren will. Und wenn am Ende Ghost-Dad-Loomis noch den rettenden Hinweis an Sam gibt, ist der Ofen aus. Die Richtung, in die sich das hier bewegt, ist einfach nichts für mich. Nicht in dieser Serie.
Diese hat es bislang übrigens auch geschafft, trotz ihrer parodistischen und kommentierenden Ausrichtung immer auch einen anständigen Genrefilm zu kreieren. Dafür ist hier kaum Platz, die Balance ist abhanden gekommen.
Das Wiedersehen mit den alten Charakteren war nett, wenn auch nur kurz und mit einem Anflug von Alibi. Die Kills waren immerhin saftig und in befriedigender Anzahl vorhanden und manchmal hat es für ein Grinsen gereicht. Gerade zu Beginn, der klassisch mit einem Anruf daherkommt und manch aktuellen Trend (Stichwort „elevated horror“) aufgreift, da atmet der Film noch. Die Luft reicht aber nicht über die Spielzeit.
"Watch your tone, new girl!"
Was wolltest du sein? Fortsetzung, Hommage, Neustart, alles? Hat nicht geklappt.