Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen (8/10)
Vorsicht: Spoiler!
Als ich auf der Seite der „RottenTomatoes.com“ über diesen Film las, bekam ich den Eindruck, einen völligen Mist zu sehen zu bekommen, völlig verfehlt im Ansatz und zudem noch oberpeinlich in den EFX. Nun habe ich den film gesehen, und muss sagen: falsch. Völlig falsch.
Zugegeben: man darf nicht zu korrekt sein, wenn man diesen Film sieht. Denn die Liga besteht aus einer Ansammlung literarischer Personen, die ohne viel Erklärung zusammengewürfelt werden, um die Welt zu retten. Es spielt dabei keine Rolle, warum z.B. Tom Sawyer mitspielt oder Dorian Gray aus dem Buch von Oskar Wilde. Es ist einfach ein buntes Sammelsurium von Gestalten, die dank ihrer Eigenschaften zusammengewürfelt werden. Korrektheit wäre da nur fehl am Platz: der Film ist schließlich keine Abhandlung über amerikanische oder englische Literatur.
Zu den EFX: auch wenn einige Szenen ganz aus dem Computer kommen (so einige der Fahrszenen der Nautilus übers offene Meer), sind die EFX gut gelungen, was auch nicht verwundert, denn sie kommen von ILM und Steve Johnsons Effektschmiede. Doktor Jackylls Figur ist besonders gut gelungen, nur in den Kampfszenen mit dem Über-Jackyll am Ende ist eine leichte Verzögerung in den Bewegungen zu sehen. Ist aber auch kein Wunder, bei dem, was die Computer dabei leisten mussten.
Insgesamt hat mir der Film gut gefallen, und das liegt weniger an der Benennung der Charaktere, als vielmehr an dem ungeheuerlichen Flair, dass er hat. Ich kam mir wie in einem Indiana Jones Film vor, verbunden mit etwas Science Fiction und einem Film über Zeitreisen. In diesem Sammelsurium wird außerdem noch etwas Gewalt geboten (und manchmal etwas zu viel für eine Freigabe ab 12), doch unterhält dieser Mix prächtig und wird nie peinlich. Was besonders Spaß macht, sind einige Abspielungen auf die Literatur, so z.B. bei Dorian Gray, wenn er gefragt wird, warum in seiner Galerie ein Bild fehlt (und der Leser von Oskar Wilde vergnügt schmunzelt). Als am Ende auch noch Professor Moriarty ins Spiel kommt (oder ein Abklatsch von ihm, da der erste in den Reichenbach-Falls umgekommen ist) ist hier zwar der Sinn für das Auftauchen nicht erkennbar, jedoch schadet dass dem Film keineswegs.
Das ist auch eigentlich die Crux des Films: es kommt nicht darauf an, das seine Figuren funktional sind (so ist z.B. Dorian Gray die Fiktion einer Fiktion, und Allan Quartermain nur eine Fiktion), sondern eher auf den „Aha-Effekt“ beim Zuschauer, vor allem bei denen, die Abenteuer und Science Fiction mögen und einiges Hintergrundwissen haben. Man sollte deshalb nie fragen: Warum wird die oder jenige Person genommen, sondern sich nur freuen an dem Auftauchen eines neuen Charakters aus einer anderen Geschichte. Dieser Mix ist gelungen, und wird hervorragend im Film verarbeitet.
So bleibt nach ca. zwei Stunden kein Gefühl übrig, sein Geld oder seine Zeit verschwendet zu haben. Man fühlt sich eher an alte Indi Jones Zeiten erinnert, ein Mix aus Science Fiction und Abenteuerfilm. Wenn man bereit ist, sich auf diesen Rezept einzulassen, den einfachen Plot und die Figuren auf sich einwirken zu lassen, und sein Vordiplom in Literaturwissenschaft zu Hause zu lassen, erwarten einen ein gemütlicher Kinoabend, der Abenteuerlaune versprüht.
Fazit: Mix aus Abenteuer und Science Fiction Film, zusammengeschustert ohne Anspruch auf literarischen Tiefgang, dafür aber mit viel Witz und Liebe inszeniert. Man fühlt sich an Indiana Jones-Filme erinnert, und der Film macht dann einfach Spaß. Sehenswert.