Leider ziemlich gewöhnlich, was da die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen da zusammenproduziert, wieder mal Style over Substance, aber aufgrund mangelnder Tiefe so sehr aufs Tempo drückend, daß das klapprige Vehikel hinter der schönen Fassade kaum verborgen werden kann.
Was wohl Sean Connery bewogen haben könnte, in so einem Streifen mitzumachen, ist eine Frage, die sich wohl viele nach Ansicht gestellt haben. Neben der opulenten Börse dürfte es vielleicht die Prämisse gewesen sein, die nun wirklich unbestreitbar verlockend war.
Eine ganz Reihe literarischer Figuren zusammen gegen das Böse antreten zu lassen, die samt und sonders etwas Besonderes, wenn nicht Übernatürliches an sich haben und so gut wie jedem bekannt sind, das hat schon was.
Wie gesagt, war nur die Prämisse.
Was stimmt denn aber nun nicht mit Supermans Vorgängern? Kann man den Eye-Candy einer Graphic-Novel-Verfilmung (man beachte: kein Comic!) nicht einfach so genießen, ohne inhaltliche Wunderwerke verlangen?
Kann man, aber selbst dann beschleicht einen das Gefühl der substanziellen Dürftigkeit, als hätte man nicht alles aus dem Film herausgeholt, was drin war.
Dabei läuft die Modewelle, Filme in einer vergangenen, aber für die Gegenwart neu erfundenen und visuell aufgepeppten Epoche spielen zu lassen, doch immer noch gut.
„From Hell“ war so ein Beispiel für das neuinszenierte viktorianische Zeitalter, der Look von „Moulin Rouge“ blies ins gleiche Horn; das Artifizielle, die gewisse Künstlichkeit trug auch „Sleepy Hollow“ mit sich herum und „Der Pakt der Wölfe“ war ähnlich aufgeblasen, um die Farben besser zum Leuchten zu bringen.
So bieten die ersten Minuten des Films auch einen reizvollen Anstrich; London und Berlin kommen gut rüber und geben das Gefühl, daß der Detailreichtum eines „The Shadow“ in diesen Film gerettet werden könnte.
Dazu bedarf es markanter Figuren und die gibt es hier gleich im halben Dutzend, eine nach der anderen reizvoll präsentiert: Quatermain, Mina Harker, der Unsichtbare, Dorian Gray, Captain Nemo, Dr.Jekyll. Aber nachdem der Auftrag zur Rettung der Welt erteilt und angenommen wurde, läuft der Film bärig aus dem Ruder.
Es gibt nämlich inhaltlich nur laue Luft zu erzählen, ein deutliches Zeichen, daß den Autoren nichts Brauchbares eingefallen ist, um aus den gebrochenen Helden der Vorlage ein appetitliches Eventmovie zu schaffen, sondern sich auf die eintönigsten und abgedroschensten Formeln beschränkt haben. Figurenzeichnung ist Klischee, interessante Charaktere werden zugunsten hektischer Actionsequenzen geopfert und Banalität ist Trumpf.
Da kündigt Quatermain in latschigen Vater-Sohn-Sequenzen mit Tom Sawyer schon seine letale Stabübergabe beim Showdown an; muß Nemo sich hintergrundslos (man muß schon Verne gelesen haben, um zu kapieren, was seine Ziele sind oder waren) seinen monströs-lächerlichen Bart raufen; gibt Gray nur wohltemperierte One-Liner von sich und der Unsichtbare schale Jokes. Mina Harker dreht am „Mysteriöse-Schöne“-Ventil und Jekyll/Hyde leiden trotz der interessanten Zweiteilung ihrer Figur an dem armselig anzuschauenden Hyde-Hulk.
Ihre Fähigkeiten und Figuren sind reine Staffage, innere Gebrochenheit oder Probleme werden gar nicht erst angerührt, Talente kommen nur zum Tragen, wenn die Action es erfordert. Leblose Abziehfiguren, dort, wo die bekannten Figuren eine neue, überraschende Indentität benötigt hätten.
Serviert wird das alles mit reichlich inhaltlichen Fehlern oder zumindest Fragezeichen, die kaum ignoriert werden können. Der Anblick eines Automobils in London wirft gerade mal eine Frage auf, die in den Ausmaßen titanicgroße „Nautilus“ kann in der Themse ebenso komplett untertauchen wie in der Seine, um schlußendlich anscheinend ohne Kurven bis in das Herz der Lagune von Venedig zu fahren.
Die dort groß angekündigte Staatschefkonferenz fällt komplett unter den Tisch, zugunsten eines Häusereinsturzdominos, das in einer überlangen, überhektischen und verwackelten Actionsequenz mittels einer lächerlichen Idee gestoppt wird. Dazu noch schludrig gemacht (Venedig liegt dank des Karnevals wohl komplett im Dunkel!) und moralisch fragwürdig (kein Wort über eventuelle Opfer und da sind bestimmt 30 Häuser eingestürzt).
Überhaupt regieren relativ sterile PC-Effekte, die zwar ein scherenschnittähnliches Europa generieren, daß irgendwie attraktiv, aber gleichzeitig leblos dreinschaut. Wenn es dann ans Eingemachte geht, wird nicht selten geschludert, wenn beim Wassereinbruch im U-Boot Statisten zwischen turmhohen Wogen noch locker weiterlaufen oder nach der Reparatur nicht eine Schweißnaht zu sehen ist.
Vielleicht soll es künstlich aussehen, aber es wirkt gleichzeit unfreiwillig billig und das war wohl nicht im Sinne des Erfinders.
Auch die Figuren leiden an allerlei Freizügigkeit, die eigentlich der Erklärung bedarf. Grays Portrait muß sonst eigentlich zerstört werden, um ihn zu töten. Harker, offenbar ein Vampir, zaubert auch in verschneiter Eishölle eine Horde Fledermäuse hervor, die hat sie wohl in der Tasche. Außerdem steht sie ständig bei Tageslicht an Deck, was ihr aber nicht schadet.
Des Unsichtbaren Creme deckt ohne Spiegelgebrauch bisweilen milimentergenau das ganze Gesicht ab, er hält arktische Kälte nackt gut aus und übersteht am Ende locker Verbrennungen dritten Grades.
Besonders enttäuschend dann auch der Showdown, der natürlich alle besonderen Fähigkeiten in Einklang bringen müßte, aber die Helden nur pärchenweise in den Kampf schickt, wo sie das übliche zu tun haben, aber kaum im Sinne ihrer Talente zur Geltung kommen. Eine stereotype Schlacht mit Bad Guy, Über-Hulk und vielen Knarren, aber wenig Ideen.
Dabei verspricht der Beginn noch mehr und manchmal blitzt auch der Schalk auf („Ihr könnt mich Ismael nennen...“) und Connery hat natürlich ein paar leckere One-Liner, ist aber nicht der einzige.
Die restlichen Akteure sind alle adäquat in ihren Rollen, die jedoch sind schlecht geschrieben, langweilig und vorhersehbar. Allenfalls Flemyngs Jekyll vermag da einige echte Sympathiepunkte zu machen.
Insgesamt hat man das Gefühl, als wären vor der Premiere hektisch längere Dialog- und Charaktersequenzen rausgeschnitten worden, um die Anwesenden mit Dauerfeuer zu betäuben. Norrington entwickelt keinen echten Stil, der den Film unverwechselbar machen würde, eher wirkt alles hilflos aneinandergereiht, basierend auf einem notenheftdünnen Skript. LXG ist ein tricktechnisch betriebenes Plot-Wrack, daß keiner anwesenden literarischen Figur gerecht wird, auch nicht dem geschickt gewählten Superschurken.
Und was der Zaubermumpitz der Schlußszene zu bedeuten hat, wage ich mal gar nicht zu fragen. Eine Fortsetzung ist anscheinend ausgeschlossen, eine außergewöhnlich gute Entscheidung! (3/10)