Verfilmungen von Fantasycomics sind in Hollywood derzeit groß in Mode. Bevorzugt werden dabei die bekannten Helden der Marvelcomics auf Zelluloid gebannt. Doch das durchaus noch weitere Comichelden existieren, zeigt "The League of Extraordinary Gentlemen". Basierend auf den Vorlagen von Alan Moore (Ideengeber von "From Hell") , vereinte Regisseur Stephen Norrington eine sehenswerte Riege von Literaturhelden. Schon während des Drehs machte der Film Negativschlagzeilen, Sets wurden durch Unwetter zerstört und Hauptdarsteller Sean Connery hatte sich mehr als nur einmal mit Norrington in den Haaren. Bei einem recht hohen Budget von 110 Millionen und mangelhaften Einspielergebnissen in Amerika lässt sich Böses erahnen. Doch ist "LXG" wirklich so schlecht?
Fantasyfilme, die im viktorianischen Zeitalter (1899) spielen gab es bisher nur wenige. Der durchschnittliche "From Hell" war einer der wenigen Vertreter und stammte ebenfalls aus Alan Moores Feder. Diesbezüglich kann der Film auf jeden Fall schon mal Pluspunkte verbuchen. Denn das düstere Ambiente der Städte stimmt, auch wenn Prag, Berlin,London und Venedig sich doch verdächtig ähnlich sehen und nur durch unverkennbare Gebäude, wie den Eifelturm, unterscheiden lassen. Dafür sind aber all' die Spielereien von der Nautilus bis zum Hauptquartier des Bösen, trotz der modernen Technik im altmodischen, viktorianischen Stil gehalten, was optisch ungemein viel hermacht.
Nach einem kurzen, actionreichen Auftritt, der den Bösewicht "Phantom" vorstellt, welcher London und Deutschland in einen Krieg stürzen will, beginnt der Film mit der Vorstellung seiner Charaktere, von denen aber nicht alle genug Zeit und Raum bekommen sich vorzustellen. Auf der einen Seite positiv, da so dem Film kein Tempo entnommen wird, auf der anderen Seite aber auch negativ, da sie so recht beliebig und uninteressant bleiben, selbst wenn sie aus der Literatur bekannt sein sollten.
Allan Quatermain (Sean Connery), ein afrikanischer Abenteurer wird als Ligaführer in Afrika aufgetrieben und entschließt sich nach einem überraschenden Anschlag in die Liga einzutreten. In einem kurzen Scharmützel beweist er, dass er trotz seines Alters noch nicht zum alten Eisen gehört. Dank hervorragender Schnitttechnik und dezentem Einsatz von Doubles darf Connery seinen Quatermain noch als recht vital bezeichnen. Für den typisch trockenen Conneryhumor bleibt übrigens auch hier wieder Platz. So kann er zwar exzellent schießen, muss aber jedes Mal vorher noch seine Brille aufsetzen. Mit dem schottischen Schauspieler (für mich der Beste weltweit) und seinem Humor steht und fällt der Film aber auch, denn der Rest des Casts bleibt zum großen Teil sehr schwach und kann im Effektgewitter keine Akzente setzen.
Zurück in London stellt "M" (kleine Anspielung auf James Bond..) die Figuren sich gegenseitig vor. Captain Nemo (Naseeruddin Shah) ist ein Kampfsportass und besitzt futuristische Technikkenntnisse, die dem Team später oft genug zur Seite stehen. Höhepunkt ist dabei natürlich die "Nautilus".
Des weiteren ist das einzig weibliche Mitglied
die Vampirin Mina Harker (Peta Wilson), deren Ehemann zusammen mit van Helsing Dracula jagte. Sie ist nicht nur unsterblich, sondern besitzt, wie sich später zeigen wird, noch weitere interessante Eigenschaften.
Hinzu kommt der unsichtbare Rodney Skinner (Tony Curran), und der unsterbliche Dorian Gray (Stuart Townsend), über die nicht viel verrraten wird.
Als sie Letzteren besuchen und vom "Phantom" überrascht werden, eilt ihnen der der US-Agent Tom Sawyer (Shane West) zur Hilfe. Ein Kampf entbrennt, in denen jeder "Gentlemen" mit seinen speziellen Fähigkeiten den Gegnern den Gar aus macht. Dabei wird meist schnell zwischen der verschiedenen Fights hin- und hergeschnitten, die dann größtenteils Nahkampfe darstellen. Während Quatermain dabei eher mit Fäusten agiert, darf Captain Nemo zum Beispiel seine Martial Arts Fähigkeiten zeigen.
Da sie aber noch nicht vollständig sind und Dr. Henry Jekyll aka Mr. Edward Hyde (Jason Flemyng) in Paris abholen müssen, wird mit der Nautilus dorthin geschippert. Hier beschleicht den Zuschauer zum ersten und einzigen Mal das ungute Gefühl, dass hier was fehlt, befindet man sich doch auf einmal auf der Jagd nach Mr. Hyde. Wo und wie hat man ihn aufgespürt? Warum jagt man ihn?
Trotz dieser Fragen erwacht hier aber das Zusammenspiel zwischen Quatermain und Sawyer. Beide geben sich mit trockenem Humor angereicherte Ratschläge, die sie sich später im Film immer wieder um die Ohren hauen werden, so das ein paar Oneliner garantiert sind.
Leider verflacht der Film ein wenig nach diesem "Pariseinschub", da alle Figuren sich auf der Nautilus befinden, die nach Venedig schwimmt, wo das "Phantom" seinen nächsten Anschlag plant. Die Versuche sich die Figuren untereinander kennenlernen zu lassen, verflacht, wirkt zäh und bleibt weitestgehend langweilig, wenn man von der Vater/Sohn-Beziehung zwischen Quatermain und Sawyer mal absieht, die aber durchaus auch noch besser in Szene gesetzt hätte werden können. Einzig amüsante Szenen, wie der Rausschmiss des unsichtbaren Skinners aus Connerys Zimmer, retten ein paar Szenen auf der Nautilus.
Der Rest des Films ist eine reine, teils etwas seelenlose Materialschlacht auf der Höhe der aktuellen Möglichkeiten der Luscaschen Firma, die die Tricks für diesen Film herstellte. Man schafft es in Venedig zwar den Anschlag zu verhindern, doch offenbart sich, dass man ein Spion in den eigenen Reihen hat, der auch Sabotage betrieben hat. Die Rettung Venedigs, Rasereien und Schießereien mit Nemos Wunderauto, sowie ein paar nette Tricks von Mina Harker sind zwar allesamt nette Eyecandys, aber halt zu herzlos (Effectoverkill) in Szene gesetzt.
Da der Bösewicht Allan Quatermain in letzter Sekunde entkommen kann, dabei aber seine Identität (doppelt spannend, da erst am Ende sein wahrer Charakter bekannt wird) preisgibt, müssen sie ihm in die Mongolei folgen, wo es in seiner Basis zur finalen Konfrontation kommt. Dort kämpfen dann meist einzelne Charaktere gegeneinander und Figuren wie Skinner oder Mr. Hyde treffen auf ihre bösen Pendants.
Eine Fortsetzung unwahrscheinlich macht das Ableben von Hauptcharakteren, auf das ich hier aber nicht weiter eingehen möchte, um die Spannung zu wahren. Ein wenig traurig stimmt das Ende aber schon, aber nach dem finanziellen Flop und der fehlenden Vorstellung, sowie damit verbundener Tiefe einiger Charaktere ist das durchaus verständlich wie vertretbar.
Fazit:
Überdurchschnittliches Fantasyspektakel mit schickem, ungewohntem viktorianischen Style, das von mir aber einen extradicken Sean Connery-Bonus bekommt. Bleibt abzuwarten wie oft man ihn im Kino noch zu sehen bekommt, hat er sich in den letzten Jahren doch recht rar gemacht. Leider bleiben die restlichen Figuren, wie auch die Schauspieler sehr blass und austauschbar. Die Story hat zwar einige Überraschungen zu bieten, wirkt aber nicht gänzlich überzeugend. Die Materialschlacht in der zweiten Hälfte macht optisch zwar einiges her, kann aber alle negativen Punkte nicht übertünchen. Vielleicht beeinflußten die Querelen im Vorfeld den Dreh doch zu stark.