Aussergewöhnliche SPOILER voraus!
Dieser Film hatte Potential in wirklich alle Richtungen. Er hätte eine coole Comic-Verfilmung werden können (ups, Graphic-Novel-Adaption, pardon), eine filmische Umsetzung der in der Science-Fiction-Literatur beliebten Steampunk-Ideen, oder einfach ein effektgeladener Blockbuster, der viel Spaß, Spannung und Popcorn versprach. Besser gesagt, er hätte all das zugleich sein können.
Nun, er hat sich dazu entschlossen, nichts zu sein. Auch ´ne Möglichkeit.
Alan Moores faszinierender Grundgedanke, die schillerndsten literarischen Figuren zu einem Superheldenteam zu formieren, um sie im Zusammenspiel neu auszuleuchten oder ihre Charaktere ironisch zu brechen, führt in Stephen Norringtons Film allerhöchstens zu einem konfusen Durcheinander aus Ideenfetzen.
Nichts scheint wirklich im Einklang zu sein, Elemente werden hier und da aneinandergeklebt, mal sehen, ob´s hält. Diese mangelnde Struktur ist es, die man dem Film wohl am meisten vorwerfen muss. Okay, jede der beteiligten Figuren bekommt ihre Screen-Time, allerorten werden lustige Sprüche geklopft und die Figuren an sich verhindern auch jedes Abrutschen in Trash-Niederungen, das wirkt alles wie aus dem Bausatz "Wir basteln uns einen Blockbuster", aber Spannung und Atmosphäre sind irgendwie komplett abwesend.
Nie hat man das Gefühl, um die Helden und ihren Auftrag bangen zu müssen (ich weiss, das klingt lächerlich, da der Bösewicht immerhin mal ganz Venedig in die Luft sprengt), und die Handlungstwists hauen jemanden, der schon mal ein paar Abenteuerfilme gesehen hat, nicht gerade aus dem Sessel. Alles wirkt wie ein Zitat, schon-mal-so-dagewesen, denkt man sich. Natürlich soll man dieses Gefühl in Bezug auf die Charaktere auch haben, das ist ja der Grundgedanke, aber ich meine auch nicht die Figuren, sondern ihr Umfeld. Nichts scheint zu atmen, zu leben. Woran diese seltsame Künstlichkeit nun liegt, vermag ich nicht wirklich zu sagen, aber sie verhindert das Aufkommen von Atmosphäre. Ich meine, Indiana Jones flüchtete auch durch Pappkulissen, aber als Zuschauer sagte man sich beim Ansehen doch immer: Jawoll, das ist der indische Dschungel. Das ist dann wohl der Unterschied zwischen Herzensprojekt und kühler Kalkulation. Sehr schön auch zu beobachten im komplett unterirdischen VAN HELSING.
Auch bei den Schauspielern verhält es sich ähnlich: Niemand spielt hier wirklich schlecht, und doch wird wohl niemand über einen der Beteiligten sagen, dass das hier seine Traumrolle war. Sean Connery allein reicht ja sonst schon aus, um einen Film in Gang zu kriegen, aber er spielt hier halt auf welterfahrenem Autopilot. Auch die anderen Darsteller verkörpern ihre Rollen glaubhaft, ohne sich zu Glanzleistungen hinreissen zu lassen. Stuart Townsend gibt einen ordentlich arroganten Dorian Gray, Peta Wilson ist eine gute Wahl als Vampirlady, und Richard Roxburgh ist auch ganz ordentlich, wenn man bedenkt, dass er ein Jahr später einen der berühmtesten Charaktere aller Zeiten völlig demontieren würde (ja, genau, den alten Beisser in VAN HELSING).
Und, als hätte man es geahnt, auch die Effekte ordnen sich diesem schleichenden Durchschnitt unter. Nicht wirklich schlecht, aber die Augen fallen einem auch nicht gerade aus dem Kopf. Das liegt zum einen wohl an der Unart moderner Actionfilme, die Schnittanzahl in schwindelerregende Höhen zu treiben, was einem die Möglichkeit nimmt, zu sehen, was denn da eigentlich abgeht. Zum anderen wird alles mit der Brechstange digital erstellt, was z.B. bei den Wassereffekten unschön endet. Andererseits ist die Entscheidung für ein Hyde-Kostüm absolut richtig gewesen, denn ein digitaler Hyde sieht nun wirklich, nun ja (erwähnte ich schon VAN HELSING?)...
Die Logik dieses Films (man kann mit einer Stadt Domino spielen? Die Nautilus passt in die Kanäle Venedigs? Man kann nackt im ewigen Eis herumspazieren? Naja, man kann schon, aber wohl nicht so lange und fröhlich wie hier) setzt dem Ganzen dann noch die Krone der aussergewöhnlichen Dummheit auf. Denn Comicverfilmung hin oder her: Gute Comicverfilmungen brechen zwar über die Fähigkeiten ihrer Helden mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten, spielen aber doch immer noch in Welten, in denen die Gesetzmäßigkeiten beachtet werden. Wenn Spider-Man sein völlig übernatürliches Netz ausgeht, fällt er ganz natürlich zu Boden. Aber nur weil ein Typ unsichtbar ist, heißt das noch lange nicht, dass er einen direkten Treffer aus einem Flammenwerfer verkraftet. Sowas ist nicht "comichaft", sowas ist schlampig.
Aber ach, was soll man sagen, obwohl er nicht gut ist, heißt das noch lange nicht, dass man sich LIGA DER AUSSERGEWÖHNLICHEN GENTLEMEN nicht antun könnte. Filme, die historische Figuren in hippen Effektspektakeln verbraten, gibt es tatsächlich noch schlechtere (wie hieß noch dieser mit dem Vampirjäger...?)