Review

Fear Street - Kapital 2

Camp Crystal Lake...äh...pardon...Camp Nightwing (sehr vertrauensvoller Name)!

Nachdem wir die Kombination aus Slasher und Curse-Movie im ersten Teil der Trilogie erfolgreich überstanden haben, können wir uns nun in der Fortsetzung einem anderen Klassiker widmen: dem Feriencamp-Slasher.
Das ist so ikonographisch wie ausgelutscht und schon deswegen nur der Startschuss zu einer netten Wiedersehensparty am See, mit Meuchlern, die durchs Gebüsch schleichen.

Nein, wahren Einfallsreichtum kann ich den Machern von „Fear Street“ wirklich nicht unterstellen, die Zitate immer zu „in your face“, der Ton zu leicht für den immer wieder aufflackernden Faktor an Brutalität, der Plot nicht postmodern genug, um das Genre fürs 21.Jahrhundert ironisch zu brechen.

„Camp Nightwing“ ist nur Kulisse, darauf muss man sich einlassen – aber immerhin eine perfekt und liebevoll nachgestellte – wesentlich besser als die Welt der 90er im Vorgänger. Aber die musste auch eine multimediale Gesellschaft im Aufbrauch nachstellen, hier geht es simpel und archaisch um Teenager im Camp in den Wäldern, Hot Pants, bunte Shirts in zwei Farben, hier ein Joint und da eine ekstatisch präsentierte Sexszene, weil man das heutzutage eben lässig mit knapp Volljährigen mal zeigen kann. Das Sensations- und Tabubruchpotential hat 2021 natürlich nachgelassen, aber auch inhaltlich geht es ja nicht mehr um Bestrafung für das "falsche" Benehmen, sondern alles hängt daran, in welcher Stadt man geboren ist. Angesichts moderner Einflüsse auf den sozialen und beruflichen Aufstieg durchaus ein akzeptables Horror-Tableau für die kommenden Jahre.

Das alles wird präsentiert als knackebunte Rückblende, erzählt von einer Überlebenden des uns vom Ausgang her schon bekannten Massakers (im ersten Teil sah man mehrere Zeitungsmeldungen), dargestellt von Gilian Jacobs, die den meistens Freunden der komischen Postmoderne aus der Meta-Sitcom „Community“ ein Begriff sein sollte, hier allerdings durch ihre Jugenderfahrung ziemlich frikassiert.

Wir haben also 1978, die beiden konkurrierenden Städte Shadyside und Sunnyvale sind wieder versammelt und einem Camp-Krieg verstrickt und diverese größere Teenager versuchen den Alltag für die Kleinen zu sortieren, darunter zwei Schwestern, von denen eine die erzählende „C.Berman“ sein muss – man weiß aber nicht genau, welche.
Dieses wie ein Sidegag durch den Film geschleifte Mini-Mysterium ist dann auch das Originellste an dem ganzen Plot, der immer dann interessanter wird, wenn er nicht auf den Axtmörder fokussiert (der sowieso öde ist, da man inzwischen weiß, dass nur Leute aus der falschen Stadt gemeuchelt werden, egal wie scheiße sich die Kontrahenten vom Nachbarort anstellen), sondern auf der hier halbwegs geschickt weiterentwickelten Hexenlegende, die ein paar interessante Wendungen provoziert und präsentiert.
In den finsteren Gängen unter dem Wald gewinnt der Film dann endlich den Druck, den er als prototypischer Slasher nie erreichen könnte, auch wenn da dann literweise Blut fließt.

Die Funktion dieses Mittelteils der Trilogie ist dann auch, die Mythologie rund um die „Hexe“ Sara Fier zu vertiefen und auszubauen, den Täter-Stein einzuführen, eine paar Rätsel aus dem Vorgänger zu komplettieren und darüber hinaus – wie sich in Teil 3 herausstellt – den Zuschauer ein wenig in die Irre zu führen. Das ist nicht wirklich viel mehr, aber Leigh Janiak gelingt im zweiten Film vieles wesentlich besser als im ersten: eine bessere Gewichtung der Figuren, mehr Interesse an ihnen, mehr Tiefe in ihnen, einen geschickter inszenierteren Showdown und vor allem mehr Präzision und Tempo anstelle von Hysterie und Wiederholungen.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass etwa Sadie Sink (die schon in „Stranger Things“ eine wunderbar ähnlich ambivalente Rolle gibt), die eine der Berman-Schwestern spielt, deutlich mehr auf dem Kasten hat als Hauptdarstellerin Kiana Madeira, die hier aber nur in der Rahmenhandlung auftritt.

Mehr zu sagen, hieße viele Entwicklungen zu spoilern, aber wer sein „Camp Crystal Lake“ liebt, der hat hier Wiedersehenseffekte am Anfang und kann dann später den Ausbau in die Breite und Tiefe genießen, wenn es wieder mehr um die Shadyside-Legende geht. Darüber hinaus präsentiert der Film ein deftiges Finale, welches nicht ganz so over-the-top wie im Vorgänger wirkt, aber die Weichen schon mal für den Twist in Teil 3 stellt.

Atmosphärisch hat dieser Teil aus meiner Sicht am meisten auf dem Kasten und die „Late Summer“-Untergangsstimmung, die durch die Aufnahmen suppt, ist schon von festlicher Güte. Erfindet das Rad nicht neu, ist aber ein Nostalgietrip, der tatsächlich ein wenig 70er atmet und das alles nicht nur vortäuscht. (7/10)

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