In dem filmischen Puzzle „11:14“ wird eigentlich nur eine kurze Zeitspanne abgebildet. Diese allerdings immer wieder. Parallelen zu „Lola Rennt“ sind ziehbar, doch im Gegensatz zu dem deutschen Film von Tom Tykwer variiert in den einzelnen Episoden nicht die Handlung, sondern die Perspektive. Regisseur Greg Marcks hat sich für sein Filmdebut eine komplizierte und vielschichtige Geschichte ausgedacht, die der Zuschauer zunächst gar nicht verstehen kann. Mit jedem Perspektivwechsel folgt das Publikum einem anderen Protagonisten und erlebt die Handlung quasi live mit. Der Film beginnt mit dem Ende der Handlung, insofern sind auch Vergleiche mit „Memento“ möglich, dessen Clou es ja war, eine spannende Geschichte beinahe stringent von hinten nach vorn zu erzählen. Allerdings ist der Unterschied zu dem Meisterwerk von Christopher Nolan, dass hier keine stringente Erzählform gewählt wird, sondern die Uhr immer wieder zurückgedreht wird. Keine schlechten Referenzen für ein Independentfilmdebut, die aber auch hohe Erwartungen wecken...
Überhaupt spielt die Uhrzeit bei diesem Film eine wichtige Rolle. Schon der Name des Filmes verrät den genauen Zeitpunkt, an dem die Handlungsstränge zusammenlaufen. Um 11.14 Uhr (und davor auch schon) passieren grausige Dinge. Das Schicksal spielt bei diesem Film auch eine große Rolle. Wenn der Zuschauer weiß, dass einer der Charaktere z.B. um 11 Uhr 14 sterben wird, ist es die Aufgabe des jeweiligen Schauspielers, das Publikum bei der Stange zu halten und, noch viel wichtiger, eine Beziehung zu den Zuschauern herzustellen. Insofern kann Regisseur Marcks von Glück reden, eine so ausgezeichnete Besetzung für den Film gewonnen zu haben. Henry Thomas (der kleine Junge neben Drew Berrymore aus „E.T.“!) spielt einen angetrunkenen Autofahrer, Rachael Leigh Cook gibt ein schlampiges und durchtriebenes Luder, das mehrere Männer ins Unglück treibt und Colin Hanks (Sohn von Tom Hanks) ist als junger Unruhestifter mit seinen Freunden unterwegs. Neben diesen schon beachtlichen Darstellern, die ihre Sache alle sehr gut machen, sind folgende Schauspieler gesondert hervorzuheben: Hilary Swank, die den Film auch mit produziert hat, spielt eine etwas naive Angestellte in einem Supermarkt. Sie ist trotz des rabenschwarzen Grundtons des Films für einige lustige Momente zuständig. Interessant ist, dass sie zwar vom Drehbuch zu „11:14“ begeistert war, doch die Rolle, die sie übernehmen wollte, war eine männliche. Doch wenn eine Oscarpreisträgerin Interesse an einer Rolle hat, dann fackelt man nicht lange und schreibt das Drehbuch halt um. Es hat sich gelohnt, denn selten sah man Frau Swank in so einer witzigen und leichten Rolle. Der andere Darsteller, der an dieser Stelle besondere Erwähnung finden soll, ist Patrick „Schmalzlocke, Frauenschwarm und Rausschmeißer“ Swayze, der nach seiner Rolle in „Donnie Darko“ langsam ein Garant für sehenswertes Independentkino wird. Seine Rolle ist ein besorgter Vater, der aus Liebe zu seiner Tochter ein Verbrechen begeht und in den Strudel um 11.14 Uhr gezogen wird. Swayze spielt angenehm zurückhaltend und ist von seiner Rolle als draufgängerischer Tänzer aus „Dirty Dancing“ zum Glück meilenweit entfernt. Mit dieser Besetzung gelingt Marcks ein Ensemblestück, das nicht auf begrenztem Raum (für sogenannte Ensemblestücke üblich), sondern in einem begrenzten Zeitrahmen spielt.
Dies ist allerdings auch eine der Schwächen des Films. So verliert er nach etwa der Hälfte der Laufzeit stark an Faszination. Der Zuschauer hat die Story im Groben schon gesehen und ab diesem Zeitpunkt werden der schwarzen Story nur noch kleine Stückchen hinzugefügt. „11:14“ wird zwar nicht langweilig, sondern kann einfach das Tempo der ersten Filmhälfte nicht halten. Außerdem werden recht lange Passagen unter marginaler Veränderung des Blickwinkels wiederholt. Dies ist für einen Film mit so kurzer Laufzeit schon bedenklich. Zudem fällt der Clou am Filmende nicht überraschend genug aus. Es entwickelt sich kein „Aha“-Effekt, wie z.B. in „The Sixth Sense“. Wäre dies gelungen, dann hätte man „11:14“ wohl in Zukunft in einem Atemzug mit den genannten Filmen „Lola Rennt“ und „Memento“ genannt. So ist er immer noch ein defintiver Ansehtipp für Freunde der genannten Filme, doch leider wurde die Chance vertan, noch Größeres zu erreichen.
Fazit:
7/10