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„Die theoretische Teilchenphysik find ich ganz spannend, aber viel leidenschaftlicher bin ich in der Beobachtung und Analyse menschlichen Verhaltens. Zum Beispiel frag ich mich, wie sich zwei völlig fremde Menschen an der Ampel treffen, ins selbe Restaurant gehen und sich dann auch noch gegenüber voneinander hinsetzen!“

Der dritte Münchener „Polizeiruf 110“ des Serienzweigs um die Polizeioberkommissarin Elisabeth „Bessy“ Eyckhoff (Verena Altenberger) ist Regisseur Oliver Haffners („Wackersdorf“) Debüt innerhalb der öffentlich-rechtlichen Fernsehkrimireihe. Er inszenierte ein Drehbuch Clemens Maria Schönborns. „Frau Schrödingers Katze“ wurde am 20.06.2021 erstausgestrahlt, es handelte sich um die letzte neue Episode vor der Sommerpause.

Die Seniorin Johanna Schrödinger (Ilse Neubauer, „Anna – Der Film“) beklagt bei der Polizeidienststelle das Verschwinden ihrer Katze Pandora. Während sich der unfreundliche Polizist in typischer Beamtenmanier für nicht zuständig erklärt, nimmt sich dessen Kollegin Elisabeth „Bessy“ Eyckhoff des Falls an. Sie fährt sogar zu Frau Schrödinger nach Hause und plauscht mit ihr, hängt anschließend Suchzettel aus. Karin (Lilly Forgách, „Die reichen Leichen: Ein Starnbergkrimi“) und Michael Meyer (Ferdinand Dörfler, „Sommer in Orange“) jedoch beobachten das mit Argwohn: Zwar geben die Eheleute vor, sich in erster Linie aus Nächstenliebe um den Haushalt Frau Schrödingers zu kümmern, in Wirklichkeit aber versuchen sie, die Dame übers Ohr zu hauen und mittels betrügerischer Machenschaften an ihr Haus zu gelangen. Derweil findet die jugendliche Vicky Neumann (Luna Jordan, „Kommissarin Lucas: Tote Erde“) Pandora und will sie nur gegen Finderlohn hergeben – und lernt Bessy den attraktiven Quantenphysiker Adam Millner (Camill Jammal, „Mutter reicht's jetzt“) kennen…

Zum wundervollen Titelstück „Wann strahlst du?“ von Erobique & Jacques Palminge, gesungen von Yvon Jansen, sind eine streunende Katze – das titelgebende Exemplar – und Bessy bei Dauerlauf und Training zu beobachten, bevor dieser „Polizeiruf 110“ seine eigentliche Richtung einschlägt: Die Verbindung einer zwar in München spielenden, jedoch wie eine schnurrige Provinzposse inszenierten, angeschwärzten Kriminaltragikomödie mit quantenphysikalischen Gedankenspielchen und einer leider nur halbherzig darauf ausgerichteten Handlung. „Frau Schrödingers Katze“ hat ein, zwei witzige Flirts Bessys mit Millner, ebenso viele Tote sowie ein prima aufgelegtes Ensemble und eine eigentlich recht sympathische Geschichte zu bieten, verzichtet jedoch zugunsten eines entschleunigten, gemütlichen, sommerlich-leichten Sonntagabends auf ernstzunehmende Spannung, gönnt seinem Publikum gar einen fast vollumfänglichen Wissensvorsprung gegenüber der Polizei.

Das ist „nett“, aber schnell alles andere als aufregend, zumal sich die Prämisse um die Quantenphysik als Rohrkrepierer erweist, der diese Episode nicht einmal ansatzweise in eine experimentelle Richtung drängt. So wohnt man der attraktiven Altenberger bei, wie sie sich rührend einer betagteren Dame annimmt und ihren Flirt für die Klärung eines Falls im Restaurant sitzenlässt, kann dabei aber gut seine Aufmerksamkeit teilen und nebenbei andere Sachen erledigen – die Dinge nehmen nachweisbar ihren Lauf, auch ohne dass sie unter permanenter Beobachtung stehen…

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