Gefühlt erscheinen jedes Jahr in etwa so viele Anti-Weihnachtsfilme wie feierliche Werke, die das vermeintliche Fest der Liebe zelebrieren. Eine besonders pessimistische Sicht liefert die Autorin und Langfilmdebütantin Camille Griffin, welche sich von einer rabenschwarzen Komödie zu einem verstörenden Drama wandelt.
Weihnachten im Landhaus von Nell (Keira Knightley), Simon (Matthew Goode) und ihren drei Söhnen: Rund ein Dutzend Freunde feiert mit gutem Essen, einer Menge Alkohol und spitzzüngigen Bemerkungen, bis die Zeit eines entscheidenden Schrittes näher rückt, denn dieses Weihnachtsfest wird alles verändern…
Das Ambiente im Landhaus und eine Reihe treffend gewählter Songs etabliert rasch eine festliche Stimmung, während die Figuren auf den ersten Blick ein wenig dekadent erscheinen und sich entsprechend verhalten. Da werden alte, unangenehme Geschichten hervorgekramt, lang gehütete Geheimnisse gelüftet und allerorten wird auffallend heftig geflucht, egal welchen Alters. Also eine ganz durchschnittliche Weihnachtsfeier.
Doch es mehren sich Zeichen, dass etwas beklemmendes in der Luft liegt. Zunächst nur mit vagen Andeutungen verbunden, nimmt das globale Szenario immer konkreter werdende Züge an, während sich außerhalb des kammerspielartigen Treibens etwas andeutet.
Folgerichtig werden die Gags zusehends weniger und die Tonart ändert sich, - ab einem bestimmten Zeitpunkt taugt der Stoff wahrlich nicht mehr als Partyfilm und eine geradezu dystopische Stimmung macht sich breit, was hinsichtlich der guten Laune im ersten Drittel gewiss nicht jedem Betrachter zusagen dürfte.
Zwischen Sticky Toffee Pudding und blutigen Karotten lebt das Geschehen in erster Linie von seinen Darstellern, welche durch die Bank überzeugen und mit der notwendigen Präsenz einerseits die bissigen Dialoge mit entsprechenden Gesten und Mimiken quittieren und andererseits in ernsten Momenten eine gewisse Dringlichkeit vermitteln, was besonders dem Jungmimen Roman Griffin Davis, dem Sohn der Regisseurin hervorragend gelingt. Auch ihre beiden Zwillinge sind an Bord und sorgen für die rar gesäten Schmunzler im letzten Drittel.
Nicht immer ist ganz klar, worauf die Geschichte im Endeffekt hinaus will, zumal auch zeitgenössische Themen wie Klimawandel, Verantwortungsbewusstsein und Skepsis gegenüber systemrelevanten Entscheidungen ins Spiel gebracht werden und auch die Pointe könnte im Zuge aktueller Geschehnisse (das Skript entstand vor der Pandemie) in die eine oder andere Richtung gedeutet werden. Dennoch ein beachtliches und gleichermaßen mutiges Debüt, dem darstellerisch als auch handwerklich kaum etwas anzukreiden ist. Nur mit der Erwartung einer reinen, festlich angehauchten Komödie sollte man den Stoff nicht angehen.
Knapp
7 von 10