Review

"This was trial by fire."
~ Mike Burns

Anders als es die Ankündigung versprach und die Hoffnung entsprechend groß war, veröffentlicht Hollywoods letzter Actionstar Bruce Willis doch nicht 20 Produktionen in diesem Jahr, kommt man mit guten Willen vielleicht auf ein Dutzend Arbeiten, wobei der eher abschreckend klingende Midnight in the Switchgrass bereits in den Startlöchern und der Rest um Apex, American Siege, und Reactor noch in der Post-Production, dem letzten Schliff um möglichst und gewohnt hohe Qualität also feststeckt. Dabei teilen sich die Erzeugnisse vom Willis neuerdings auf, eine Hälfte wie eben hier und dem ...Switchgrass geht weiterhin auf Emmett/Furla/Oasis Films (EFO Films) und damit die Stammfirma, die andere und vielleicht auch bessere Hälfte auf 308 Ent(ertainment) auf; neu ist auch die Tatsache, dass Fleißbiene und Arbeitstier Willis jetzt nicht mehr bloß die zwei Tage Drehzeit beansprucht, sondern alle seine Aufwartung für den um ihn herum gebauten und durch ihn verkauften Film dann doch schon innerhalb eines Tages abdreht. Regie führt und damit sein Debüt gibt Mike Burns, welcher zuvor Music Supervisor bei EFO war; wenn das nicht zusätzlich Güteklasse verspricht. (Burns ist auch für Run of the Hitman gesetzt gewesen.):

Als die korrupte und im Drogengeschäft involvierte Kleinstadt-Polizistin Billie Stanhope [ Lala Kent ] den Dealer Jimmy [ Oliver Trevena ] bei einem eigentlichen Geschäftsdeal erschießt, ist die zufällig in der Gegend wandernde Shannon Mathers [ Jaime King ] Zeugin der Tat und hat von dem Vorgang auf Fotos gemacht, was sie prompt zum Freiwild der gesamten örtlichen Gesetzeshüter um Sheriff und Bürgermeisterkandidaten Hank Rivers [ Michael Sirow ] und dessen Bruder und Billies Kollegen Tom Rivers [ Tyler Jon Olson, der noch das Meiste leistet ] erklärt. Helfen kann der jungen Frau nur der altgediente Philly-Großstadtcop Jack Harris [ Bruce Willis ], welcher nach dem Tod seiner Frau zufällig in der Gegend, da zum Ausspannen eingeladen von seiner Nichte Pam [ Kelly Greyson ] weilt.

Zugutehalten muss man dabei, dass das gesamte Projekt innerhalb von 9 Tagen (im Oktober 2020, aus steuerlichen und gewerkschaftlichen Gründen in Puerto Rico) gestemmt wurde, also nichts, ähnlich knirsch wie einer der Vorgänger, nämlich Hard Kill quasi und im Grunde die Hälfte dessen, was üblicherweise für solcherlei Werke eingeplant wird und was schon wenig ist. Zugutehalten kann man auch, dass sich Willis hier erneut und dies nach Trauma Center als Steigbügelhalter für eine junge Dame betätigt, als Unterstützung (und Zugpferd) für eine Frau, die an seiner statt den Kampf übernehmen muss und die Zügel der Action führt. Außerdem kam das Drehteam an die frische Luft, was angesichts der Corona-Pandemie wichtig und wo die Aerosole weniger gefährlich für alle Beteiligten sind, und der Zuschauer bekommt so etwas Natur vor die Augen, wenn auch hinter dem Bildschirm bloß, das rein visuelle Empfinden und nicht das taktil-haptische Vergnügen. Handgreiflich wird es dann bald und später, den Vorgeschmack dazu bekommt man in einer Art irreführenden, da im Stakkato gehaltenen 'Einstiegsszene', die eine Art lückenhafte Montage dessen ist, was das Publikum noch erwartet: Überaus ausgebleichte, nahezu farblose Bilder und ab und an einen gut abgehangenen Star – der falsche Mann am falschen Ort zur falschen Zeit – mit der Waffe in der Hand und der Großaufnahme vom verrunzelten Gesicht nämlich. (Mancherlei Einstellungen sind auch angetäuscht, manchmal hört man ihn nur, und manchmal sieht man alles von der Person, außer eben das Gesicht.)

"Earlier that day" demnach, früher am Tag, wie es dazu kam, dass der Stirb langsam - Mann hier Mühe hat mit dem Laufen durchs Gebüsch und dem In-Schach-Halten zweier Leute, wie ein Schuss auch fällt und man nicht weiß, wem das gegolten hat und wer nun der Schütze und wer der oder die Opfer sind. Was man weiß ist, dass die Handlung eher minimalistisch sein wird, knapp und präzise quasi, aber gleichzeitig auf 90min der üblichen Laufzeit und dies mit Zeitlupen und mit Bullet Time und mit Zufällen und mit Klischees gestreckt und gedehnt. Kapiteleinteilungen gibt es auch noch, direkt nach dem ersten Kopfschuss (per CGI aus dem Kindergarten) und so dem ersten Toten der Geschichte hier, wird ein "The Unintended" eingeblendet und ist man ab da und spätestens bei "The Hunt" auch strikt auf Tempo und in adrenalintreibender Manier.

White Trash ist das Umfeld, "The Mess" das Credo, spielen tut man in der Provinz von Georgia, da knacken die Äste, da hört man die Grillen, da zwitschern die Vögel, plus eine Handvoll schlechter und schlecht frisierter Darsteller vor Ort, die scheinbar noch von David A. Prior und dessen Action International Pictures aus den frühen Neunzigern übrig und das Ganze auch genauso trocken-billig ist. Ein großes Grau-in-Grau in den Bildern, dazu zwei Gestalten, die zwar positiv gehalten, aber schon bei Ankunft in der Landschaft hier vom Tod (ihrer engen Verwandten) umgeben und eher selber traurig-leer als voller Leben sind. Ein rurales Abenteuer sollte etwas Ausgleich zum Alltag in der Stadt und etwas Trost hier bringen, dem Willis bringt es vor allem viel Geld, auch wenn die Reputation darunter leidet, aber dies scheinbar nicht sein Gemüt belastet und nur für die gar nicht so hartgesottenen Fans von früher ein Problem darstellt. So wird mal der Enkel hier umarmt und mit der Nichte ein Wort gewechselt, dann am See entlang spaziert und zwei korrupte bäuerliche Cops bei deren Variante des Zuverdienstes gestört; die dritte Szene von ihm ist identisch mit der ersten, spart für die Macher schon Drehzeit und ist für das Zugpferd schnell verdientes Geld.

Geld scheint ansonsten nicht vorhanden gewesen zu sein, bzw. rasch für die Gage draufgegangen, die restlichen Darsteller sind vielleicht ein halbes Dutzend, darunter zwei Urgesteine/Arbeitssklaven des Studios und mit Lake Bell auch die Gspusi vom Produzenten, dazu ein Katz-und-Mausspiel als lichtes Thrillerdrama wie beim Survive the Night, dessen 'Größe' man auch anstrebt und den 'Aufwand' dort, eine Art Theaterstück mit einer Bühne man im Grunde auch erreicht und fast sogar übertrifft. Da gibts einen Sprint durch die Wälder und ein Gerangel im Matsch, ansonsten werden viele Leichen durch die Bäume getragen und irgendwo versteckt oder anderweitig abgelegt.

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