iHaveCNit: Riders Of Justice – Helden der Wahrscheinlichkeit (2021) – Anders Thomas Jensen – Neue Visionen Filmverleih
Deutscher Kinostart: 23.09.2021
gesehen am 20.08.2021 in Dänisch mit deutschen Untertiteln
Freiluftkino Frankfurt – Alte Polizeiwache – 21:30 Uhr – Freie Platzwahl
Der Gang ins Kino ist immer wieder eine neue Erfahrung und so gibt es Erfahrungen, die sich bei dem ein oder anderen auf einer „Bucket List“ wiederfinden. Bei mir hat sich komplett unterbewusst auch der Gang und Besuch eines Freiluftkinos auf der „Bucket List“ befunden. Seit 4 Jahren gibt es einen Veranstalter, der in wechselnden Locations innerhalb von Frankfurt – meist alte, vorm Abriss befindliche historische Bauwerke und Locations – ein Freiluftkino auf die Beine stellt und dort in den Monaten vom Juli bis August viele große Hollywood- und Arthouse-Filme ins Programm nimmt. Da der „Lost Place“ der alten Polizeiwache Frankfurt nahe des Frankfurter Hauptbahnhofs liegt, war das für mich auch kein Thema, einfach mal einen Besuch in diesem Kino einzulegen. Ganz abenteuerlich, wenn der Filmbeginn vom Einsetzen der natürlichen Dunkelheit abhängt und durchaus die Kulisse audiell durch Fluglärm und Martinshörnern von Rettungsfahrzeugen ergänzt wird. Neben einem kleinen Angebot an Snacks und Getränken war auch der Crépés-Stand ganz interessant – genauso wie die Biotoiletten und die durch Fußpumpe angetriebene Wasserversorgung des Waschbeckens sehr abenteuerlich gewesen ist. Der Film, der für mich auch Antrieb gewesen ist, diese Kinoerfahrung in 2021 zu machen ist der neue Film von Anders Thomas Jensen „Riders Of Justice – Helden der Wahrscheinlichkeit“, den es hier in der dänischen Fassung mit deutschen Untertiteln in einer Premierenvorstellung knapp 1 Monat vor dem Deutschlandstart zu sehen gab und die Stimmung unter den Zuschauern war großartig.
„Flickering Lights“ ; „Dänische Delikatessen“ ; „Adams Äpfel“ ; „Men & Chicken“ und nun „Riders of Justice – Helden der Wahrscheinlichkeit“ - Anders Thomas Jensens Filmografie in seiner Rolle als Regisseur gehört für mich zu einer Reihe großartiger Filme des dänischen Kinos in den letzten Jahrzehnten. Die Mischung aus skurrillen Geschichten und sehr schwarzem, teils sehr politisch inkorrekten Humors hat mich genau wie das gecastete Ensemble mit allen voran dem Duo aus zwei meiner Lieblingsschauspieler des dänischen Films, Mads Mikkelsen und Nikolaj Lie Kaas, immer wieder begeistert, überrascht und emotional herausgefordert. Da macht sein neuer Film auch keine Ausnahme, auch wenn er sich unter den 5 Filmen definitiv im Mittelfeld befindet.
Bei einem Zugunglück müssen der Mathematiker Otto Hofmann und die junge Mathilde Hansen mit ansehen, wie Mathildes Mutter Emma aus dem Leben gerissen wird. Das führt dazu, dass ihr Vater und Soldat Markus Hansen zurück nach Dänemark berufen wird. Markus will eigentlich nur in Ruhe trauern, doch der von Schuldgefühlen geplagte Otto kommt mit einer Theorie um die Ecke, dass es sich hier nicht um einen Unfall, sondern eine geplante Aktion der Rockergruppierung „Riders Of Justice“ handelt. So ermitteln Otto, Markus und Ottos Bekannte Lennart und Emmenthaler eigenmächtig in der Sache und planen einen Racheakt gegen die „Riders of Justice“.
Eingeordnet in die Filmografie von Anders Thomas Jensen habe ich ja erwähnt, dass sich „Riders Of Justice“ für mich im Mittelfeld befindet. „Flickering Lights“ war ein wenig zu harm- und zahnlos, „Men & Chicken“ ein wenig zu skurril und verrückt. Da ist „Riders Of Justice“ ein wenig konsequenter und zugänglicher, bleibt aber hinter den für mich großartigen „Dänische Delikatessen“ und „Adams Äpfel“ zurück. Die Mischung aus harter Actionkomödie mit schwarzem, politisch inkorrektem Humor und tragischem Vater-Tochter-Drama hat mir richtig gut gefallen. Das Ensemble aus Mads Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas, Andrea Heick Gadeberg, Nicolas Bro und Lars Brygmann macht die Sache richtig gut. Vor allem, wenn man sich den Kontrast anschaut zwischen den beiden Charakteren Markus und Martin – Mads Mikkelsens Rolle in Vinterbergs „Der Rausch“ - dann ist die Darstellung von Mads allein etwas, was diesen Film so großartig macht. Aber die gesamte Dynamik des ganzen Ensembles ist großartig mit anzusehen und welche skurrilen, verschrobenen Charaktere wir hier geliefert bekommen. Darüber hinaus liefert jeder Charakter mit seinen Eigenarten auch noch im Bereich von Wahrscheinlichkeiten, Zufällen, Statistiken und Algorithmen einen extrem witzigen Unterbau, der den Humor des Films großartig ergänzt und auch dort ein wenig politisch inkorrekt daherkommt und emotional herausfordern kann, gerade wenn es um die Themen Rache, Trauerverarbeitung und auch in Folge von psychischen Folgen der Trauerverarbeitung geht. Insgesamt großartig. Auch wenn mir die dänischen Sprachkenntnisse fehlen, so konnte ich mit deutschen Untertiteln ganz gut folgen und werde mir den Film in einem Monat auch nochmal in der deutschen Fassung ansehen.
„Riders Of Justice – Helden der Wahrscheinlichkeit “ - My First Look – 8/10 Punkte.