Review

Vergangenheitsüberbewältigung


Mein Liebling aus Laos auf dem diesjährigen Shivers (Online) Festival: ein alter Mann ist dorfbekannt, weil er scheinbar schon seit seiner Kindheit mit Geistern verstorbener Kontakt aufnehmen kann. Eher unfreiwillig als gewollt. Und so entwickelt sich, da die Geister keine allzu hohen Mauern in Dingen wie Zeit und Raum sehen, eine sehr persönliche Geschichte über verschiedene Zeitebenen, über falsche Entscheidungen und das Korrigieren/Auslösen dieser... Klingt chaotisch, braucht etwas Geduld, Erarbeitung und Konzentration, hat exotisches Flair, ein gemächliches Tempo - ist aber insgesamt enorm clever und eindringlich, nahezu meisterhaft aufgebaut!

„The Long Walk“ hat Zeitreise- und Thrillerelemente, erinnert in Sachen Grusel manchmal an einen dezenteren „The Sixth Sense“, er beinhaltet religiöse und gesellschaftliche Themen konzentriert auf den Buddhismus bzw. sein Heimatland. Er ist ein Krimi und ein Familiendrama, beinhaltet Tod und Leben, Zukunft und Vergangenheit, Kreis und Schicksal. Ein Charakterporträt und starker Vertreter der „Was würdest du tun?“-Frage. All diese Elemente verstrickt Mattie Do zu einem bravurösen, tiefgründigen Genremix, der jedem Zuschauer seine eigenen Erkenntnisse und Emotionen mit auf den Heimweg geben sollte. Dazu ist er noch aufopferungsvoll und authentisch gespielt, hat ein paar futuristische Spielereien drin (selbst wenn diese eigentlich nicht unbedingt sein gemusst hätten) und einen sensiblen Gänsehautscore. Internationales Festival- und Genrekino mit Mehrwert, der obersten Güteklasse.

Fazit: ein moderner „Zeitreise“-Klassiker aus Laos. Menschlich, geerdet, emotional, schlau. Genrefilmkunst die mit den edelsten Dramen mithalten kann. Klasse. Exotenbonus obendrauf. Arthouseansätze. Geduldig. Und dennoch für die ganze Welt zugänglich. Nur zu empfehlen. 

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