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„Hey, du Sackgesicht!“

Bevor sich US-Regisseur Andrew Davis („Alarmstufe: Rot“) in den Mainstream abseilte, drehte er mit seinem zweiten abendfüllenden Spielfilm „Angst – Das Camp des Schreckens“ alias „Todesfalle am Mill Creek“ im Jahre 1983 einen Beitrag zum Backwood-Slasher-Subgenre.

Ranger Mike (Mark Metcalf, „Blast – Wo die Büffel röhren“) reist zusammen mit seiner jugendlichen Truppe ins Waldgebiet Mill Creek, um einen Flusslauf von Unrat zu bereinigen. Außerdem soll sich dieser Ausflug positiv auf den angekratzten Teamgeist auswirken und Spaß machen, weshalb er seine Freundin Melanie (Cindy Harrell, „Nothing in Common - Sie haben nichts gemein“) und drei ihrer Freundinnen mitnimmt. Doch der soziopathisch anmutende Eggar (Joe Pantoliano, „Matrix“), der für die angeschlagene Moral durch seinen aggressiven Umgang mit den Kollegen in großem Maße mitverantwortlich ist, beschwört erneut Konflikte herauf und schiebt schließlich erzürnt mit dem Bus ab. Als nachts drei der Nachwuchs-Ranger eine örtliche Haschplantage aufsuchen, lassen sie Cerone (Adrian Zmed, „T.J. Hooker“) als Wache zurück. Am nächsten Morgen sind alle verschwunden. Mike begibt sich auf die Suche nach seinen Schützlingen, nutzt die Gelegenheit jedoch auch für ein Schäferstündchen mit Melanie – das Mike nicht überlebt, als beide von einer seltsamen Gestalt angegriffen werden. Melanie wird entführt, die Verbleibenden begeben sich ihrerseits auf die Suche – und finden eine alte Waldhütte mit Gegenständen und Lebensmitteln der Truppe. Welches Spiel treibt der durchgeknallte Eggar? Ist er endgültig zum Psychopathen mutiert oder treibt jemand anderer sein Unwesen?

„Unser Ausflug ist ein totaler Reinfall! Wir benehmen uns wie kleine Kinder und einer versucht den anderen hochzunehmen!“

„Angst – Das Camp des Schreckens“ ist einer dieser von „Deliverance“ inspirierten Low-Budget-Survival-Backwood-Slasher, die sich in den 1980ern gewisser Beliebtheit erfreuten. Zwischen „Freitag der 13. III“ und „Sleepaway Camp“ veröffentlicht, bleibt er lange Zeit sehr formelhaft: Der Prolog lässt ein Pärchen einen Motorradunfall im Wald erleiden. Sie läuft los, um Hilfe zu holen, doch als sie zurückkommt, baumelt er regungslos vom Baum, woraufhin sie in eine Falle läuft. Schnitt, Vorspann, Einführung der eigenartigen Ranger-Truppe. Eggar ist der unberechenbare Fiesling, wie Pantoliano schnell chargierend klarmacht, und ein „Quotenneger“ ist auch dabei. Tatsächlich benehmen sich die ach so toughen Typen wie kleine Kinder und beleidigen sich permanent gegenseitig. Die obligatorische Lagerfeuergeschichte, hier um eine wahnsinnig gewordene Frau, die inmitten der weitestgehend unberührten Natur durchs Busch- und Baumwerk krauchen sollen, endet im nicht minder obligatorischen False Scare, bevor das Whodunit? an Fahrt gewinnt, als – natürlich – die Kiffer und Bumser ein garstiges Schicksal ereilt. So sehr man auch versucht, den Eindruck zu erwecken bzw. zumindest die Truppenmitglieder davon ausgehen lässt, dass Eggar hinter allem steckt, so sehr darf der Zuschauer an dieser These zweifeln und hat mit der Gruselgeschichte am Feuer – so sie denn stimmt – einen weiteren Anhaltspunkt geliefert bekommen. Oder steckt ganz etwas anderes dahinter?

„Wir kriegen das Ganze nicht mehr in den Griff!“

Während einige reizvoll ausgeleuchtete Nachtaufnahmen wie höhnisch über Gefahr und Leichenfunden thronen, wird der Zuschauer Zeuge, wie die Überlebenden mit einer Mischung aus Angst und Kampfeslust auf die Umstände reagieren und schließlich umständlich per Boot zum (defekten) Bus zurückfahren, wobei sie mit einer Leiche beworfen werden. Das klingt nun alles wesentlich spektakulärer, als es ist, denn die Eindimensionalität der nie sonderlich sympathisch wirkenden Ranger und Rangerinnen zerrt mit der Zeit doch mehr an den Nerven, als dass sie Interesse für die Rollen wecken würde. Während andere Genrevertreter das mit beklemmender Atmosphäre, kreativen Morden oder Action auszugleichen verstehen, gibt sich „Angst – Das Camp des Schreckens“ eher blutarm und über weite Strecken leider etwas langweilig, wenn sich die immer gleichen Kamera-Schwenks in die Baumwipfel längst abgenutzt haben, der finale Überlebenskampf aber noch nicht in die Gänge gekommen ist. Dann allerdings wird die Inspiration aus „Deliverance“ mit der groben Kelle serviert, wenn der Mörder den Bus angreift und der Guerilla-artige Kampf mit Anspielungen auf den Vietnam-Krieg gespickt wird. Wie die finale Pointe aufgefasst wird – ob als überraschende Wendung oder vorhergesehene Auflösung – dürfte davon abhängen, auf welche Fährte man sich hat locken lassen bzw. welche Handlungselemente man wie stark gewichtet aufgenommen hat. Ich persönlich hatte sie so nicht erwartet, weshalb sie ihre Wirkung voll entfachen konnte. Allerdings bleibt sie einfach im Raum stehen, ohne dass noch vorm Abspann näher auf sie eingegangen würde.

Im Endeffekt ist „Angst – Das Camp des Schreckens“ dann auch gar nicht einmal so schlecht ausgefallen, ist aber auch recht weit davon entfernt, ein in sich runder, durchweg gelungener Vertreter seines Fachs zu sein – insbesondere angesichts starker Konkurrenz. Die Charaktere weisen einen hohen Nervfaktor auf und zu allem Überfluss, was aber auch eine Besonderheit des Films ist, bleibt eine ganze Reihe von ihnen am Leben. Aus dem unwirtlichen, furchteinflößenden Wald-Ambiente hätte weitaus mehr herausgeholt werden können, für emotionale Zwischentöne abseits von gegenseitiger Wut aufeinander bleibt kaum Zeit und die nur wenig eingesetzte, durchschnittliche Musik spielt nur die zweite Geige hinter einer oft etwas arg dominanten, unauthentischen Naturgeräuschkulisse. Genre-Fans werden bestimmt auf ihre Kosten kommen, andere dürften sich bereits früh davon verabschieden, das Treiben der Waldmeister konzentriert zu verfolgen. Auf mehr als 5,5 von 10 Portionen Pfadfinderfutter komme ich leider nicht.

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