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Die Russen sind mittlerweile drauf wie die Chinesen, politisch nach außen hin abschotten und gleichzeitig andere Länder okkupieren und annektieren, nach innen hin eine Diktatur ausüben und offene oder gar andere Meinungen und Personen denunzieren und schikanieren. Filmisch sind sie auch auf einem Level, beide Länder haben eine eigene Blockbuster-Industrie, die mal nach Hollywood geschielt hat, aber sich mittlerweile autark davon stark macht und unabhängig geraten ist, wobei beiden auch eigens ist, dass die Erzeugnisse bis auf Ausnahmen oftmals im eigenen Territorium verbleiben und schlechterdings uninteressant bis nicht zu verkaufen in den westlichen Markt sind. Die Ausnahmen sind bei den Russen die Phalanx der oftmals im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Militärfilme (noch eine Gemeinsamkeit) und ein wenig Science fiction, wobei Russian Raid selber nicht dazu, sondern in seiner Deutung als Nachahmung des indonesischen The Raid auch global vermarktbar und wesentlich schneller als das offizielle US - Remake um ehedem Joe Carnahan und Frank Grillo und damit wieder als Absetzung von Hollywood in den Verkauf gerät:

Der ehemalige SpezNas Nikita [ Ivan Kotik ] lässt sich nach dem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Dienst von windigen Geschäftsmann Sergey Vicktorovitch [ Ilya Antonenko ] anheuern, um mitsamt einer Truppe aus freiwilligen 'Straßenboxern', angeführt von Alexander [ Vladimir Mineev ] in die lokale, aber eher illegale Waffenfabrik einzudringen und dort eine Geschäftsübernahme wider Willen zu veranstalten. Nikita, der auf Verzicht von Waffen besteht, hat dabei eine eigene Agenda, die spätestens dann auch zum Vorschein kommt, als neben der schnell ausgeschalteten Wachmannschaft dann auch die korrupte Polizei und der Hintermann der Firma mit seiner umso mehr bewaffneten Einheit vor dem nur kurz abgeriegelten Gebäude steht.

Wie ein Militärfilm fängt Russkiy Reyd auch an, allerdings wie einer im Hier und heute gesetzt und auch wie kein guter, eine Observierungs- und Beschützeraktion, die aus dem Ruder geht und schiefläuft, ein erster Söldnereinsatz mit etwas nachlässigen Schusswaffeneinsatz, welcher ebenso lang dauert wie das Gesabbel vor der Aktion wie auch das Trauma des Helden hier, das bereits eingespielt wird und welches auch den Film durchzieht. Der Russe zeigt Schwäche quasi, allerdings nur nach innen, kann man das aber auch nicht verübeln und verdenken, wenn man den Tod des Vaters nach einer ausufernden Prügelei mitansehen musste und später zum Akkordeon den Kasatschok tanzen musste, grausame Kindheitserinnerungen allerorten, die den Nikita hier geprägt haben und wo nur das Einsiedlerleben mitsamt einer Schildkröte und früh morgens das Training mit und gegen den Baumstamm drüber hilft.

Immerhin geht der Plot dann zügig voran, eine Viertelstunde vielleicht bis zum 'Plan', ist dieser doch ähnlich hemdsärmelig gestrickt wie der ganze Film hier, eher aus der Hüfte geschossen wirkend, mit einem ähnlichen, nicht dem gleichen Aufbau wie beim Original, mit einer anderen Truppe, anderen Zielen, ähnlichen Gegnern. Auch die Location ist eher abgewrackt als anheimelnd, draußen vor und außerhalb der Zivilisation gesetzt, ein erweiterter Kampfschauplatz und Arena um Leben und Tod, mit eher kalten Farben und ebenso Materialien, wobei auch die Regie keine Umwege macht und direkt drauf (wahlweise auch in Großaufnahme auf den Po einer weiblichen Schönheit) und die Inszenierung ohne Finesse – das einzige, was einfällt, sind jump cuts und Steadicam – , aber auch ohne Kompromisse hält.

"Today is not the 90's" wird dabei des öfters, fast ein halbes Dutzend mal angesprochen und "Back in the day" in den Raum gestellt, früher war das wohl noch übler, jetzt hier sieht das Land und seine Umgebung und seine Mitmenschen (großteils hässliche Kackfrösche) schon aus wie aus der Gosse gekrabbelt und im verwaschenen Trainingsanzug durch die Existenz gequält. Hinten am Horizont 'glänzt' die Industriebrache, vorne wirbeln die anstandslosen Tagelöhner, die 'cheap thugs' & 'gym rats' und der ehemalige Befehlsempfänger nun ohne Uniform und mit eigener Agenda mittendrin. Die Einrichtung sieht aus wie weit vor dem Millennium, museal quasi, die ersten Kampfszenen im Fabrikgelände, in der Sportstube oder im Kaffeekabuff sind sloppy, die Gegenüber da auch noch keine richtigen Kontrahenten, sondern eher Fallobst, und genauso wird dies Eindringen in einer Mischung aus krachledern-bullig und gleichzeitig gleichgültig absolviert; das Ganze sieht ein wenig aus wie der 'Überfall' von Colin Farrells Sporttruppe auf die Untergrundplantage in The Gentlemen, also lange Zeit mehr als Scherz wohl angelegt.

Nach diesen Aufwärmübungen wird es diverser, gibt es noch eine Massenkabbelei mit viel Grappling und Rückhandschläge in der Kantine gegen dort speisende Bodyguards, auch alles Schränke, die sich weniger bewegen können als vielmehr hoch und breit gebaut sind, es gibt einen Handkanten-Opa, der einen Soldaten buchstäblich aus der Hose boxt, es gibt ein Schwertkampf mit einem Katana-Fetischisten, überhaupt wird dann und wann das Waffenarsenal geplündert und nach allen Regeln der Kunst das schäbige Mobiliar demoliert. So kurz nach der Hälfte wird auch mal der blutige Ernst aufgefahren und die Kugeln in einer durchweg angenehm trockenen, wesentlich besseren Schießerei im Vorzimmer der Fabrik verteilt, kommt eine neue Partei zum Zuge, denen nicht nach Spaß zumute ist und denen der Status quo missfällt. Erst wird versucht, in den Moloch einzudringen, dann daraus auszubrechen, es werden Knochen gebrochen und Kopfschüsse verteilt, taktischer Nahkampf ausgeübt und mit Handgranaten die Leute durch die Gegend gesprengt und allgemein der Leichenberg angehäuft.

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