Aussie-Regisseur Russel Mulcahys zweiter Film und erster Ausflug in das phantastische Genre „Razorback“ entstand 1984, also noch vor dessen Kassenknüller „Highlander“, und ist ein Tierhorrorfilm der besonderen Art. Im australischen Outback treibt ein Riesenkeiler sein Unwesen, stürmt eines Abends die Bude von Farmer Jack Cullen (Bill Kerr), raubt dessen Enkel Scotty und bringt gar das Haus zum explodieren...
Ok, diese eigenartige Prämisse gilt es erst einmal zu akzeptieren. Ist einem das gelungen, kann man sich auf einen bildgewaltigen Film einlassen, in dessen Verlauf die US-amerikanische Journalistin Beth Winters (Judy Morris, „Not Quite Hollywood“) ins Outback reist, um kritisch über das Abschlachten von Kängurus zu berichten, was unter den Bewohnern auf wenig Gegenliebe stößt. Als diese nach einer Begegnung mit den degenerierten Brüdern Benny und Dicko Baker ebenfalls verschwindet, reist ihr Ehemann Carl (Gregory Harrison, „Trapper John M.D.“) nach, um sie zu suchen und sieht sich alsbald ebenfalls mit dem gefährlichen Ungetüm konfrontiert.
Bevor Mulcahy mit „Highlander“ durchstartete, war er Videoclip-Regisseur und trug entschieden zur visuellen Ästhetik der 1980er bei. Sein diesbezügliches Talent kommt in „Razorback“ voll zum tragen, denn bei ihm sieht die australische Wüste aus wie gemalt, verfärben sich Landschaft und Himmel in hochatmosphärische, bavaesk-artifizielle bonbonfarbene Panoramen und sorgt eine phantastische Kameraarbeit für optischen Hochgenuss, die in originellen Schnitten kulminiert. Beinahe zur Nebensache erklärt wird da die Handlung, die mit ihren Backwood-Versatzstücken mit Öko-Ansatz inkl. sehr ansprechend ausstaffierter Kulissen letztlich nicht immer zwingend Sinn ergibt. Ein kleiner Schock für den Zuschauer ist es, wie schnell die charismatische, nassforsche Journalistin aus der Handlung herausgenommen und durch den austauschbaren Gregory Harrison als Ehemann Carl faktisch ersetzt wird, der in kitschigem US-Western-Schrott vermutlich besser aufgehoben ist als in einem Horrorfilm. Dieser lernt die faszinierende, alleinstehende Sarah Cameron (Arkie Whiteley, „Mad Max II – Der Vollstrecker“) kennen, die sich ganz allein in der unwirtlichen Umgebung durchschlägt und einen starken femininen Charakter darstellt. Arkie Whiteley ist leider viel zu verstorben, was eine schreiende Ungerechtigkeit ist!
Ungerecht ist das auch das Massakrieren von Kängurus, um sie zu Hundefutter zu verarbeiten, jedoch scheint mir „Razorback“ seine kritische Aussage ab einem gewissen Punkt gänzlich über Bord zu werfen und konzentriert sich auf die Jagd auf das Wildschwein, das fortan wenig differenziert als bösartige Kreatur herhalten muss. Vage Hoffnungen, dass es als eine Art Rache der Natur charakterisiert wird, haben sich damit leider größtenteils erledigt, schwingen aber evtl. noch leise im Hintergrund mit, während vordergründig ausgerechnet Sympathieträger Carl als Unschuldiger gegen das Tier kämpfen muss. Was Spezialeffekte betrifft, wird nicht sonderlich viel geboten; je weiter das Tier entfernt zu sehen ist, desto bedrohlicher wirkt es. In weiser Voraussicht wird auf explizite Nahaufnahmen verzichtet, denn manch eine Attacke, bei der die Kreatur zumindest ausschnittweise zu sehen ist, kratzt vermutlich budgetbedingt an der Grenze zum Albernen.
Doch obwohl es dem Film dennoch gelingt, eine gewisse Spannung dramaturgisch geschickt bis zum Ende aufrechtzuerhalten, bleibt es dabei, dass der Stil des Films das stärkste Argument für eine Sichtung darstellt, nicht zuletzt auch aufgrund des schönen 80er-Ambient-Soundtracks, der die Stimmung der weitläufigen Fremde, der bedrohlichen Einsamkeit und der Kraft der übermächtigen Natur wunderbar unterstreicht. Insofern allen nicht immer positiven Eigenartigen und Schwächen zum Trotz eine klare Empfehlung sowohl für 80er-Ästheten als auch Tierhorror-Anhänger. Am besten gemütlich vom Bett aus ansehen und sich von der Bildern ins Kissen drücken lassen.