kurz angerissen*
Wie praktisch: Ein Ausraster-Trigger, der als Gimmick direkt in die Hauptfigur eingebaut ist. So muss man als Drehbuchautor nicht erst mühsame Wege finden, das wohl älteste Motiv des Kinos zu schüren, die gute alte Rache. Man kann sie einfach nach Belieben situativ per Knopfdruck als Instant-Reaktion auslösen: Im Restaurant, beim Psychiater oder eben dann, wenn es ganz besondere Befriedigung verschafft: Beim Vermöbeln böser Buben.
Die blondierte Kate Beckinsale dient in diesem Baukastenmodell als ferngesteuertes Objekt, das ähnlich wie Scarlett Johannson in „Lucy“ oder Logan Marshall-Green in „Upgrade“ als willenlose Ragdoll-Puppe durch das lineare Skript stolpert. Weil der Märchentanten-Off-Kommentar von Susan Sarandon im Prolog so vernünftig klingt wie der Ratschlag einer alten Freundin, nimmt man als gegeben hin, was anschließend folgt: Baby-Football, gebrutzelte Eier über der Autobatterie und die versaute Ausdrucksweise einer erwachsenen Pippi Langstrumpf, eingebettet in ein postpunkig-schrilles Set- und Kostümdekor und, natürlich, der in Großbuchstaben geschriebenen Powerfrau-Piraterie, die ein weiteres von Männern besetztes Schiff mit Messer in den Zähnen kapern möchte. Darüber sagen nicht zuletzt die Nebenrollen einiges aus: Ein romantischer und einfühlsamer Jai Courtney beispielsweise (eine zutiefst merkwürdige Casting-Wahl, oder etwa nicht?), ein treudoofer Bobby Cannavale, ein kauziger Stanley Tucci und eine Laverne Cox, die zupackender daherkommt als die drei Herren zusammen.
Unter seiner von zuckenden Blitzen umspielten Energieausstoß-Verkleidung ist „Jolt“ aber letztlich nur ein weiterer erfolgloser Jäger der heiligen „WTF“-Plakette, die einst von Filmen wie „Crank“ in Beschlag genommen wurde, welche tatsächlich in ihren waghalsigsten Momenten noch mit Normen brachen. So etwas scheint heute nicht mehr möglich. Beckinsale gelingt es zwar, unter einem zur Wachsmaske verhärteten Gesicht etwas Verletzliches zum Ausdruck zu bringen, das sie von der sozialen Normalität absondert, doch ihre Regisseurin weiß damit rein gar nichts anzufangen. Am Ende ist Problemkind Lindy nur ein weiteres Exemplar jener Sorte, von der die aktuelle Filmlandschaft ohnehin viel zu viel hat: Noch eine Superheldin, die sich von Ihresgleichen nur in der Wahl des Sidekicks und des Outfits unterscheidet.