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The Hills Have Blei

„Der Bastard“ ist ein vom italienischen Regisseur Duccio Tessari („Der Mann ohne Gedächtnis“) im Jahre 1968 in deutsch-französisch-italienischer Koproduktion inszenierter Gangster-Streifen, der zur ersten Welle des italienischen Gangster-Film zu zählen ist, die noch deutlich vom Italo-Western inspiriert war und noch einige Jahre vor Begründung des Poliziesco-Genres um die Zuschauergunst buhlte. Tessari hatte sein Regiegeschick zuvor besonders mit seinen „Ringo“-Western, die bereits mit Giuliano Gemma in der Hauptrolle aufwarteten, unter Beweis gestellt.

Jason (Giuliano Gemma, „Eine Pistole für Ringo“) und Adam (Klaus Kinski, „Leichen pflastern seinen Weg“) sind ein ungleiches Brüderpaar. Nachdem Jason erfolgreich Juwelen im Wert von 200.000 Dollar erbeuten konnte, versucht Adam, ihm die Beute abspenstig zu machen. Doch der smarte Jason ist nicht so leicht hinters Licht zu führen, weshalb Adam ihn und seine Freundin Karen (Margaret Lee, „Das Rätsel des silbernen Dreieck“) eines Tages stellt. Doch auch unter Folter und nachdem Adam Jasons rechte (Schuss-)Hand zerstört hat, rückt Jason nicht mit der Sprache heraus. Erst als Adam droht, Karen zu vergewaltigen, gibt Jason das Versteck des Diebesguts preis. Karen jedoch spielt ein falsches Spiel und steckt mit Adam unter einer Decke. Jason sinnt auf Rache – zum Leidwesen der alkoholkranken Mutter (Rita Hayworth, „Die Lady von Shanghai“), die stolz auf ihre Söhne ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass beide endlich miteinander auskämen…

„Man denkt an nichts Böses und schon ist der Herzanfall da!“

Die der christlichen Mythologie zugrunde liegende Geschichte der Brüder Kain und Abel als Basis für einen Gangsterfilm heranzuziehen und gleich aus beiden wenig skrupelbehaftete Verbrecher zu machen, bedarf schon einer gewissen Kaltschnäuzigkeit, die letztlich stellvertretend für den dem Italo-Western und Gangsterfilm häufig innewohnenden Verweis auf den allgegenwärtigen Zynismus menschlichen Verhaltens verstanden werden darf. Analog dazu weisen sowohl die biblische Mär als auch „Der Bastard“ Elemente einer klassischen Tragödie auf. Gedreht in Rom, Madrid, Arizona, Nevada und New Mexico beschränkt man mitnichten auf lokale Drehorte und beginnt unmittelbar mit einer Verfolgungsjagd in den Bergen New Mexicos, aus der Jason schließlich dank List und Geschick als einziger Überlebender hervorgeht – ein rasanter Einstieg, u.a. mit den für derartige Szenen beliebten Automobil-Außenkameras. Dass sich Jason anschließend erst einmal ein Glas Milch bestellt, darf als Reminiszenz an den ebenfalls von Gemma verkörperten Western-Pistolero und Milchtrinker Ringo verstanden werden. Eine stylische halbrunde, knallgelbe Sitzgarnitur in einer innenarchitektonisch interessanten Wohnung versprüht sodann geballtes End-‘60er-Zeitkolorit, das immer mal wieder durch den kantigen Stil durchblitzt und ihm Form verleiht.

Die Charakterisierung der einzelnen Rollen lässt aufmerken, denn eine Rita Hayworth als alternde Schnapsdrossel, die ihre Zöglinge zu handfesten Verbrechern erzogen hat, sieht man nicht alle Tage und füllt ihre Rolle mit einer Mischung aus Tragik und Komik aus, verdeutlicht aber auch, dass „Der Bastard“ ein waschechter Gangsterfilm ist, der sich ganz auf jene Parallelwelt konzentriert, in der völlig andere Vorstellungen von Recht, Gesetz und Moral herrschen und ein einmal gnadenvoller Jason plötzlich in Ermangelung von Alternativen gefühlt zum Sinnbild für charakterliche Integrität avanciert. Diese Rolle hätte theoretisch auch Claudine Auger („James Bond 007 – Feuerball“) als sich aufopferungsvoll Jasons annehmende und zudem attraktive Farmerin zuteilwerden können, doch so viel Zeit Tessari auch aufwendet, um sie Jason aufpäppeln zu lassen, so eingeschränkt ist ihre Funktion, die sich in erster Linie auf die des Katalysators beschränkt, der Jason trotz Anbändelei mit ihr begreifen lässt, dass er noch immer seine Ex-Freundin Karen liebt, obwohl diese ihm so übel mitgespielt hat. Dabei handelt es sich um den nächsten tragischen Aspekt der Handlung, die aus dem athletischen Gangster Jason, der ein guter Schütze ist und sich zu prügeln versteht, einen bemitleidenswerten, von einer Frau hintergangenen und zum Opfer von Vertrauensmissbrauch gewordenen Menschen macht – und aus Karen eine Femme fatale, wie sie im Buche steht. Adam hingegen ist ein echter Strauchdieb, ein bösartiger und sadistischer grober Klotz, der seinen Bruder auszubooten versucht, wo es nur geht und ihm nicht die Butter aufs Brot gönnt – sich tief in seinem Inneren aber als minderwertig gegenüber Jason empfindet, was zu Neid mit all seinen negativen Begleiterscheinungen führt. Für Klaus Kinski dürfte diese Rolle einmal mehr eine Fingerübung gewesen, seine Präsenz in der verglichen mit Gemma weit geringeren Screen Time ist gewohnt groß.

Im Laufe der Zeit erfährt der Zuschauer, dass es sich bei beiden um Halbbrüder handelt, was ihre grundlegende Andersartigkeit zu erklären hilft.

Jasons von Adam irreparabel zerstörte rechte Hand erinnert nicht von ungefähr an „Django“, wie auch der weitere Verlauf der Rachegeschichte aus manch Western bekannt vorzukommen scheint. Jason will seine Karen zurück und seinen Bruder umbringen. Im Zuge dieses Unterfangens dient die wunderbare Bergkulisse erneut als Schauplatz einer Schießerei und lässt das Drehbuch Jason noch einmal seine List unter Beweis stellen, wenn er einen Coup anstelle seines Bruders durchführt und ihn so durchkreuzt. Konsequenterweise läuft all das auf ein finales Duell hinaus, in dem manch eine(r) noch immer falsch spielt und sich zudem die Naturgewalt einmischt, um die sich (zumindest in der Komplettfassung des Endes, deutsche Veröffentlichungen weisen dieses leider nicht auf) mehrfach potenzierende Tragödie perfekt zu machen. Das mit seinen Standbildern stilistisch verfremdete Ende setzt einen außergewöhnlichen Schlusspunkt unter einen Film, der seine mitunter spröde Ästhetik und eigenwillige Dramaturgie immer wieder durch die geschmackvolle Präsentation ungewöhnlicher Ambiente aufpeppt und visuelle Akzente setzt – sei es durch die starke filmische Umsetzung des von Gift benebelt davontaumelnden Jasons oder seien es die hochästhetischen Aufnahmen im blühenden Mohnfeld. Für akustischen Genuss sorgt die von Nicole Croisille interpretierte Titelmelodie „Love and Money“. Von filmhistorischen Interesse dürfte außerdem sein, dass sich ein Film dieses Kalibers im Gegensatz zu den späteren Polizieschi mit meist deutlichen Heimatbezug in der Tradition des Euro-Westerns stehend sehr US-amerikanisch gibt, statt die eigene Kriminalitätsproblematik thematisch heranzuziehen. Ein Film, der besser ist als sein Ruf. Schade, dass es keine tatsächlich ungekürzte deutsche Fassung gibt.

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