Als die Bilder gerade so laufen gelernt hatten, waren die literarischen Werke von H. G. Wells prädestiniert für Verfilmungen. Zwar sollte „Die Zeitmaschine“ erst 1960 eine kongeniale Umsetzung erhalten, doch „Die Insel des Dr. Moreau“ wurde erstmals 1932 von Regisseur Erle C. Kenton adaptiert, der die philosophischen Eckpunkte der Vorlage ein wenig zurückschraubt, um zum Finale die Horrorelemente auszuspielen.
Nach einer Auseinandersetzung mit dem hiesigen Kapitän landet der Schiffbrüchige Edward (Richard Arlen) auf der Insel des Wissenschaftlers Dr. Moreau (Charles Laughton) und dessen Assistent Montgomery (Arthur Hohl). Edward stößt bald auf merkwürdige Mischwesen, die sich als Kreaturen infolge dubioser Experimente Moreaus herausstellen. Derweil fühlt sich Lota (Kathleen Burke), das einzige weibliche Wesen auf der Insel zu dem Schiffbrüchigen hingezogen…
Die Erzählung nutzt die kurze Zeit vor Ankunft auf der Insel, um die wenigen Sympathieträger angemessen einzuführen. So kümmert sich Edward um einen misshandelten Bediensteten, während dessen Herzdame Ruth (Leila Hyams) sogar beim Konsulat vorstellig wird, um später selbst die Insel anzusteuern. Um indes einen moralischen Konflikt zu bemühen, wird der Pantherfrau Lota ein wenig Spielraum eingeräumt, die sich anfangs nicht als solche zu erkennen gibt. Dadurch gerät Edward in einen Zwiespalt, da er die Misshandlungen der Einheimischen einerseits zähneknirschend duldet, jedoch anfällig bei emotionalen Ausbrüchen wird.
Der in nur fünf Wochen abgedrehte Film punktet in erster Linie durch seine abenteuerlich-düstere Atmosphäre, was durch die zahlreichen Komparsen unter exzellenten Masken hervorragend zur Geltung kommt. Obgleich er den Wortführer der Affenmenschen markiert, der die drei Regeln des Moreau wie ein Mantra in die Runde wirft, ist ein Bela Lugosi fast gar nicht zu erkennen. Stattdessen steht Laughton im Vordergrund, der den dämonischen und selbstgefälligen Wissenschaftler mit einer erschreckenden Ruhe verkörpert.
Ein besonderes Augenmerk liegt bei Kathleen Burke als Pantherfrau, die seinerzeit wie eine Elsa Lanchester als Frankensteins Braut (der drei Jahre später entstand) als kompletter Kontrast zu den üblichen blonden Feinsliebchen stand. Was seinerzeit als beinahe fremdartig exotisch galt, würde heutzutage locker als beinahe typische Gothicfrau durchgehen. Den Annäherungen zwischen ihr und Edward hätte man durchaus etwas mehr Raum zugestehen können, wogegen der Showdown etwas zu hastig abgewickelt wird. Seine Wirkung verfehlt er aufgrund einer effektiven Kamera und den wirkungsvollen Spielen mit Licht und Schatten jedoch nicht.
Der mit 70 Minuten Laufzeit angenehm knackig kurze Streifen floppte seinerzeit beim Publikum und rief darüber hinaus einige Sittenwächter auf den Plan, da sich ein Wissenschaftler auf einer Stufe mit Gott bezeichnete. Dabei kommen Themen wie Unterdrückung und Manipulation ebenso zur Geltung wie die Frage, ab wann ein eklatanter Eingriff des Menschen in die Natur als verwerflich anzusehen ist, wodurch der zunächst angestaubt wirkende Stoff zeitloser denn je daherkommt.
Knapp
8 von 10