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In Pittsburgh geht ein irrer Serienmörder um, der es auf Prostituierte abgesehen hat, welchen er nach dem Abschlachten Körperteile und Organe entwendet. In den Leichen seiner Opfer hinterlässt er zudem nach jeder Tat einen kleinen Zettel mit ägyptischen Hieroglyphen. Nach einem besonders brutalen Mord, bei dem der Toten das Gehirn herausgelöffelt wurde, sind die ermittelnden Beamten Joe Blocker und Sweeney Birdwell in Zugzwang und werden von ihrem kurz vor dem Nervenzusammenbruch stehenden Vorgesetzten Ryan drangsaliert, doch endlich einen brauchbaren Verdächtigen aufzutreiben. Blocker, der sämtliche Opfer persönlich gekannt hat, erinnert sich an eine ähnliche Mordserie, die sich vor zwölf Jahren in Las Vegas ereignet hatte. Um endlich Fortschritte zu machen, möchte er deshalb seinen alten Partner Deke Taylor einfliegen lassen, der den damaligen Täter Semmet Cairo stellen und erschießen konnte. Stattdessen taucht jedoch Dekes Tochter Deedee auf, die Blocker über das spurlose Verschwinden ihres Vaters in Kenntnis setzt. Nach etwas Recherche ist Deedee davon überzeugt, dass sich der Killer im ägyptischen Viertel "Little Cairo" herumtreiben muss. Tatsächlich betreibt der zwielichtige Jackie Cairo, Semmets Bruder, genau dort ein Restaurant... Dean Tschetters "Picking Up the Pieces" (der wohl immer noch besser bekannt ist unter seinem viel grandioseren Originaltitel "Bloodsucking Pharaohs in Pittsburgh"!) gehört zu den übersehenen, kleinen Perlen, die es zu VHS-Zeiten nie in synchronisierter Form nach Deutschland geschafft hatten und erst Dekaden später hierzulande einen verspäteten DVD-Release erfahren haben... und das dankenswerterweise sogar in ungeschnittener Form. Aufgrund einiger inhaltlicher Parallelen und der blutigen Effekte von Tom Savini konnte sich Tschetters Film in Fan-Kreisen durchaus eine gewisse Reputation als tiefverbeugte Hommage an Herschell Gordon Lewis’ Splatter-Klassiker "Blood Feast" erarbeiten, denn ebenso wie dieser ist auch die vorliegende Low Budget-Produktion ein groteskes Gore-Fest geworden, bei dem jedoch die beabsichtigte Anlegung als Horror-Komödie die haarigsten Momente dezent abschwächt und somit erträglich macht. Der ständig vorherrschende, selbstironische Ton sorgt dann auch dafür, dass das alles gar nicht ernst zu nehmen ist und der Zuschauer sogar die übertrieben graphischen Mord-Szenen, in denen hübsche Mädels mit Kreissägen, Heckenscheren und Presslufthämmern massakriert werden, noch mit einem Grinsen quittiert. Das Humor-Verständnis der Macher erstreckt sich von reinem Slapstick bis hin zu Monty Python-esquen Absurditäten, auf die so angesagten Gross-Out-Gags und Fäkal-Witzchen wird hingegen dankenswerterweise verzichtet, was innerhalb der Flut verunglückter Parodien à la Friedberg/Seltzer schon wieder recht erfrischend wirkt. Im Gegensatz zu Lewis, der ja eher by default Genre-Klassiker gefertigt hatte, ist Tschetter zudem handwerklich nicht völlig unbegabt, weswegen "Picking Up the Pieces" formal einen sehr viel ansehnlicheren Eindruck macht und glatt als "richtiger" Film durchgeht. Ein paar inszenatorische Unsicherheiten sind sicherlich darauf zurückzuführen, dass man es hier mit einem Regie-Debüt zu tun hat, während die stellenweise hakelige Montage wohl eher auf das Konto der Produzenten und Verleiher geht, die jeweils an der vom Regisseur favorisierten Schnitt-Fassung rumgepfuscht haben. Durch die Ansiedlung der Produktion im Großraum Pittsburgh hatte man zudem Zugriff auf viele Crew-Mitglieder, die schon auf den Sets einiger George A. Romero-Streifen Erfahrungen sammeln konnten, was das insgesamt professionelle Erscheinungsbild erklärt. Die unbekannten Darsteller sind zwar motiviert bei der Sache, können jedoch Tom Savinis spektakulären F/X-Einlagen und den zwei, drei wirklich zwerchfellerschütternden Einfällen nicht den Rang ablaufen. Großartige schauspielerische Leistungen bleiben wie erwartet aus, aber da alle Beteiligten über ein einigermaßen gutes Gespür für das richtige Timing verfügen, macht sich zumindest niemand komplett zum Horst. Trotz des allgemeinen Spoof-Feelings und der damit einhergehenden Unernsthaftigkeit hat man erstaunlicherweise das Gefühl, dass Tschetter nicht nur daran gelegen war, für anderthalb Stunden debiles Entertainment zu sorgen, sondern er nebenbei auch noch eine handfeste Thriller-Handlung erzählen möchte. So wirklich forciert wird die Spannung zwar nicht, aber die passenden Versatzstücke (das Giallo-mäßige Vorspiel der Morde, die gruselige Ausleuchtung, die überraschende Enttarnung des Täters zum Schluss etc.) sind unleugbar vorhanden. Im ausgedehnten Showdown geht es dann in Fun-Splatter-Manier noch mal mit einigen krassen, aber ins Comichafte übersteigerten Brutalitäten hoch her, das muss man schon selbst gesehen haben, um es zu glauben. Kurzum, "Picking Up the Pieces" ist besser und lustiger als erwartet und wird dem ihm vorauseilenden Ruf vollauf gerecht.

7/10

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