„Dir trau ich auch nicht, wenn du kalt bist und stinkst!“ (keine guten Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit...)
Der italienische Filmemacher Duccio Tessari, der bereits mit seinem Western „Eine Pistole für Ringo“ viel Humor bewies, drehte im Jahre 1972 die Italo-Western-Komödie „Zwei wilde Companeros“, die sich relativ eng an Corbuccis Revolutions-Western(-Komödien) „Mercenario – Der Gefürchtete“ und „Lasst uns töten, Companeros“ orientiert und mit Franco Nero („Django“) und Eli Wallach („The Good, the Bad and the Ugly“) mit zwei Genrestars in den Hauptrollen aufwartet.
Der umtriebige Russe Dimitri Orlowski (Franco Nero) bestiehlt als Pfaffe verkleidet reiche Bürger. Als er aufgrund seiner Verkleidung einem Sterbendem Mann die letzte Ölung erteilen soll, erfährt er aus dessen Munde von einem vergrabenen Goldschatz, dessen Versteck jedoch nur der zum Tode verurteilte mexikanische Bandit Lozoya (Eli Wallach) kennen soll. Kurzerhand sucht er Lozoya im Gefängnis auf und befreit ihn. Er erfährt, dass die Karte zum Schatz auf zwei menschlichen Hinterteilen noch lebender Zeitgenossen eintätowiert wurde. Man bildet also eine Zweckgemeinschaft und begibt sich auf die Suche nach den Ärschen. An ihre Fersen geheftet hat sich die forsche Journalistin Mary O'Donnell (Lynn Redgrave, „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“), die Lozoya für den eigentlich längst toten Revolutionär und Volkshelden El Salvador hält und eine Reportage über ihn verfassen möchte. Außerdem wird das ungleiche Duo vom Cousin des Russen (Horst Janson, „Captain Kronos – Vampirjäger“) verfolgt, der vorgeblich den Weg des Gesetzes einschlug, sich als Sheriff verdingt und noch eine Rechnung mit Dimitri offen hat – immerhin hat ihm dieser eine Halskrause und einen Brustharnisch eingehandelt. Und zu allem Überfluss gerät man auch noch in den Strudel der mexikanischen Revolution und hat General Huerta (Eduardo Fajardo, „Mercenario – Der Gefürchtete“, „Lasst uns töten, Companeros“) am Hals…
„Bin ich etwa reich? In ein paar Minuten hab ich nicht mal mehr das Leben!“ (Worte eines todgeweihten Habenichts)
Eigentlich ist „Zwei wilde Companeros“ ein ziemlich dreistes Rip-Off der genannten Filme Sergio Corbuccis mit Versatzstücken anderer erfolgreicher Genreproduktionen wie z.B. Leones Meisterwerk „The Good, the Bad and the Ugly“. Selbst die Rollen wurden sehr ähnlich besetzt; so spielt Nero anstelle eines Polen wie in „Mercenario“ eben einen Russen, Eduardo Fajardo ist erneut ein Armeeoberhaupt und Eli Wallachs Lozoya erinnert nicht von ungefähr an seine große Rolle des Tuco unter Leone. Jedoch entstand der Film unter der Regie Duccio Tessaris und nicht etwa eines zweitklassigen Plagiatoren, so dass er selbstverständlich seine Qualitäten aufzuweisen hat. Neben den Weltstars in den Hauptrollen wäre das zum einen die noch einmal deutlich komödiantischere Ausrichtung im Vergleich mit Corbuccis Werken, die den Film damit von diesen abhebt, zum anderen ein aufwändiger Inszenierungsstil, der sich unter der Kameraführung José F. Aguayos an den Großen orientiert, ein verdammt hohes Tempo und ein gewisser Anspruch hinsichtlich seiner Aussage. Lediglich die musikalische Untermalung Gianni Ferrios kann da nicht ganz mithalten, die keine eigene Linie findet; auch der Schnitt wirkt bisweilen recht hektisch, das mag jedoch auch mit der leider unvollständigen, zensierten deutschen Fassung zusammenhängen.
Wie in manch anderer Italo-Western-Komödie schützt auch hier die Komik nicht vor Gewalt, Folter, Elend und Tod und so gibt es einige zünftige Schießereien und Prügeleien, dementsprechend viele Tote, besondere Nettigkeiten wie einen Spezialstrick mit Stacheldraht und die Erkenntnis, dass ein Menschenleben einen feuchten Kehricht wert ist, was „Zwei wilde Companeros“ den genretypischen zynischen Anstrich verleiht. Weitere Aspekte zwischen dem besonders in der deutschen Brunnemann-Sprücheklopfer-Synchronisation wortgewaltigen Witz und der aus den unterschiedlichen Eigenschaften der konträren Charaktere resultierenden Situationskomik sind Seitenhiebe auf die (hier als normal hingenommene) Sensationsjournalie sowie ein nicht nur (wie etwa in „Der letzte Zug nach Durango“) veralbernder Blick auf die mexikanische Revolution und die Ausbeutung der mexikanischen Arbeiter, was in beschämender Weise nicht nur in Bezug auf Lateinamerika noch immer ein hochaktuelles Thema ist. In dieser Hinsicht vertritt „Zwei wilde Companeros“ recht offen sozialistische Ideale, thematisiert in diesem Zusammenhang aber auch, wie ein aufbegehrendes Volk Leitfiguren und Heldenikonen benötigt bzw. zu benötigen scheint oder schlicht herbeisehnt. Wie unmittelbar der Frauenbewegung der späten 1960er-Jahre entsprungen erscheint hingegen die Rolle der Mary, die nicht nur Journalistin, sondern auch eine äußerst wehrhafte, kämpferische, katholische Irin ist und mit Sicherheit eine der stärksten Rollen in der Geschichte des Italo-Western einnimmt – und sämtliche auf vermeintlichen Männlichkeits-Pathos des Genres abzielende Kritik lügen straft. Selbstredend wird sie auch für den einen oder anderen Macho zum Objekt der Begierde, ihr Umgang mit den Balzritualen ist dabei alles andere als uninteressant. Die überaus wendungsreiche Geschichte um das ungleiche Duo, das sich eigentlich am liebsten gegenseitig umbringen würde, aber gezwungen ist, an einem Strang zu ziehen, wird immer wieder von einer herrlichen Tonkulisse voll lauten Boxereien und Schießereien begleitet und pendelt zwischen fulminanten Szenen wie dem Kriegszustand während einer mexikanischen Feier, auf der die Band vollkommen unbeirrt weiterspielt, auf der einen und leider auch dann doch etwas sehr überzogenen Unwahrscheinlichkeiten auf der anderen Seite, wenn man dem Zuschauer bisweilen klarzumachen versucht, mit welch großen, quasi unverwundbaren Revolverhelden man es hier zu tun bekommt. Und die aus „Für ein paar Dollar mehr“ entlehnte Idee mit der Spieluhrmelodie wirkt sodann auch mehr wie fragwürdig geklaut denn respektvoll ehrerboten oder lustig persifliert.
Ingesamt aber überwiegen die positiven Eindrücke und ich würde lügen, würde ich behaupten, nicht jede Sekunde Eli Wallachs auf dem Bildschirm genossen zu haben. Gibt man sich die deutsche Synchronisation, muss man aber ein dickes Fell bzw. eine besondere Vorliebe angesichts der Klamauksynchro mitbringen, die zwar den einen oder anderen humoristischen Akzent setzt, nicht selten aber auch erschreckend doof und plump ausfiel und sich einmal mehr wenig um die lokale und chronologische Einordnung der Geschichte scherte.