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„Der Killer“ aus dem Jahre 1969 ist ein italienischer Gangsterfilm von Regisseur Siro Marcellini („Lola Colt... sie spuckt dem Teufel ins Gesicht“). Der sizilianische Jüngling Bruno (Franco Citti, „Töte alle und kehr allein zurück“) schließt sich in der Hafenstadt Genua einer Gangsterbande an, die in Zusammenarbeit mit dem berüchtigten Quintero (Klaus Kinski, „Nosferatu – Phantom der Nacht“) einen Coup in einer Bank plant. Nach Durchführung des Plans ist jedoch viel zu schnell die Polizei vor Ort und schießt nach einer für die eigenen Reihen verlustreichen Auseinandersetzung einen der Gangster an – und Quintero will die Beute nur ungern teilen…

Interessanterweise beginnt Marcellinis Film mit der Schießerei vor der Bank und erzählt anschließend in einer ausgedehnten, ungefähr bis zur Hälfte des Films andauernden Rückblende seine Vorgeschichte. Damit hat „Der Killer“ die Aufmerksamkeit des Zuschauers von vornherein auf seiner Seite. Im Zuge der Vorgeschichte lässt sich die Akkreditierung der Bande verfolgen, werden die Milieus, aus denen die Mitglieder stammen, beleuchtet und insbesondere Bruno charakterisiert, für den sich die Handlung Reflektionen antisizilianischer Ressentiments annimmt und in Art einer groben, ähm… „Sozialstudie“ dessen Gangsterkarriere mit der Ablehnung der Norditaliener zu erklären versucht. Dies geschieht jedoch unverhohlen schablonenhaft und exploitativ, so dass zu keiner Sekunde zu befürchten ist, „Der Killer“ würde zum sensiblen Drama mutieren.

Stattdessen wird eine erbarmungslose Geschichte erzählt, in der es letztlich keine Gewinner gibt. Zwar durchaus verwegene, doch unerfahren-nervöse Nachwuchsgangster werden verheizt, indem sie zum Spielball des einzigen tatsächlich eiskalten Killers, Quintero eben, werden. Der eigentliche Coup wurde überaus spannend inszeniert, der Zuschauer fiebert mit und wird so unweigerlich zum Komplizen der Bande. Das rasante Tempo hält in Atem, wenngleich der Schnitt gerade zu Beginn mitunter recht eigenartig anmutet und der Handlung während der Rückblende nicht immer leicht zu folgen ist, insbesondere in Bezug auf die Rollen bzw. die Unterscheidungen der einzelnen Charaktere. Da die deutsche Fassung jedoch einige Handlungsschnitte aufweist, ist dieser Umstand möglicherweise ihr geschuldet. Dennoch scheint der Film keine eindeutige Hauptrolle aufzuweisen, sondern je nach Schwerpunkt des jeweiligen Handlungsabschnitts unterschiedliche Charaktere zu betonen.

Kinski überzeugt wie üblich voll und ganz in einer ihm auf den Leib geschneiderten Rolle, die er mit einer Lässigkeit spielt, als wäre sie nicht mehr als eine einfache Fingerübung gewesen. Ihre Eindimensionalität forderte ihn sicherlich in der Tat nicht sonderlich und Dialoge wurden ihm auch nicht allzu viele in den Mund gelegt, dafür nimmt sie in ihrer Konsequenz und Überzeichnung jedoch bisweilen groteske Ausmaße an, die keinen Zweifel an ihrer Hassenswertheit lassen. Schwächen offenbart „Der Killer“ in seinen Faustkampfszenen, die nicht immer gut choreographiert wurden. Die Kamera hält dafür ein paar interessante Einstellung parat und ist auch sonst stets voll auf der Höhe des Geschehens. Das wirklich Interessante an „Der Killer“ ist meines Erachtens indes, dass er, verglichen beispielsweise mit dem ein Jahr zuvor gedrehten „Hölle vor dem Tod“, entschiedener die Verweise zum in jenem Jahrzehnt so erfolgreichen Italo-Western-Genre abstreift und selbstbewusst immens auf Zeit- und Lokalkolorit setzt. Dieses äußert sich insbesondere in entfesselten Partys zu zeitgenössischer Beat-Musik und der allgemeinen Urbanität des im kunterbunten, artifiziellen End-60er-Schick gehaltenen Streifens inklusive seiner italienspezifischen Bezugnahmen. Piero Umilianis großartige Musik passt dazu wie die Bleibohne ins Herz und macht „Der Killer“ zwar nicht zu einem verkannten Meisterwerk, aber zu überaus unterhaltsamer, gut gelungener und mitunter origineller Genrekost für Genießer.

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