Eine der vergessenen Leichen im Keller Wes Cravens, die zwar von jenen, die sie zu Gesicht bekamen, prinzipiell als sehr charmant und gut erhalten beschrieben wird, doch meines Erachtens kann sie ruhig dort vergraben bleiben, wo das Gras über sie wächst - ein herber Verlust wäre was anderes.
Das Skelett ist allerdings zugegebenermaßen schön robust und die Inhaltsangabe macht richtig was her, wird zudem noch mit allerhand Vorschusslorbeeren gekrönt insofern, als dass hier herbe Kritik am US-Mittelstand geübt werde. Niemand jedoch erwähnt dabei, wie oberflächlich und einseitig die Attacken ausfallen.
Da stand sicherlich je ein Eimer mit weißer und schwarzer Farbe am Set und Maestro Craven muss schwer damit beschäftigt gewesen sein, beidseitig die Fronten zu klären und anhand simpelster Kausalfolgen aufzuzeigen, wie böse das Vermieterpärchen ist und wie wenig die Mieterschaft für seine eigene Lage kann. Sie sind Opfer der Willkür jener, die sich da an den Armen abstoßen wollen, um aus dem Bottich des Mittelstands zu schlüpfen und von der Oberklasse empfangen zu werden. Angefangen bei einem kleinen Jungen, der natürlich trotz der Umstände seines Aufwachsens in jedem zweiten Satz moralische Idealtypen spuckt wie ein gottverdammter Hydrant, bis zum Gipfel der Simplizität: einem gehorteten Goldschatz, dessen sich der Mob am Ende bemächtigt. Oh, du süße Gerechtigkeit.
Das wäre alles halb so wild, wenn man die Selbstironie dabei herauslesen könnte um das Wissen der Macher, dass es logischerweise nicht ganz so einfach ist im Leben, aber spätestens im Finale, in welchem Justitia ausgekostet wird bis zum letzten Tropfen, wird deutlich, dass sich “The People Under the Stairs” eher den vereinfachenden Erklärungsprozeduren eines Kinderfilms bedient und sein erwachsenes Horrofilmpublikum ein klein wenig für dumm verkauft. Das Resultat ist ein wenigstens bezüglich seiner angestrebten Doppelbödigkeit ziemlich naives Filmchen, das gerne ein guter Beobachter und satirischer Kommentator der sozialen Lage in amerikanischen Kleinstädten wäre, dabei aber eben maximal von der Warte eines ungebildeten Teenagers Stellung bezieht.
Auch ist der Streifen aufgrund seiner kritischen Ausrichtung voller Kompromisse, wenn man ihn denn auch als funktionierenden Horrorfilm betrachten möchte, der er nun mal in erster Linie ist. Ein schwarzer Junge spielt die Hauptrolle, um anhand eines noch unschuldigen kleinen Menschen zu verdeutlichen, wie das Psycho-Ehepaar die Zukunft der Bewohner des Viertels versaut. Dabei sollte doch jedem ernsthaft an Horrorfilmen Interessierten das alleine die installierten Alarmglöckchen klingeln lassen: Ein forscher Bengel, der sich aufmacht, in da Neighbourhood aufzuräumen, so etwas wird die Wirkung des Horrors unweigerlich abfedern. Die Auswirkungen zeigen sich im Film, der nur wenig Gore und keinerlei Splatter zu bieten hat und nicht zuletzt durch die witzlos geschminkten und massiv enttäuschenden “People Under the Stairs” gruseltechnisch gerade mal das Niveau von “Der kleine Vampir” erreicht. Dass man zu alledem nie das Gefühl hat, dem Jungen könne irgendwas passieren, macht das bunte Treiben in dem hübschen kleinen Vorort-Häuschen zu einer ziemlich vorhersehbaren Angelegenheit - immerhin steht damit nämlich fest, dass der Hauptdarsteller aus jeder noch so brenzligen Situation entkommen wird. Dabei haben die Achtziger doch gezeigt, dass man mit Kindern und Protagonisten auch anders umgehen kann (“Der Blob”).
Des weiteren ist es zwar notwendig für die Filmaussage, dass die Einbrecher (oder: die Opfer des Systems) zu den Identifikationsfiguren gemacht werden, aber wäre es aufgrund der Konstellation nicht viel interessanter und zudem eine echte Herausforderung gewesen, das attackierte Psycho-Pärchen zum Identifikationspol zu machen? Dann nämlich wäre man aufgrund von emotionalen Dissonanzen hin- und hergerissen gewesen aufgrund der Tatsache, dass man sich zwar auf Seiten der Hausbesitzer schlägt - was an sich schließlich nur rechtens wäre - jedoch mit der Tatsache klarkommen müsste, dass man zu zwei Personen hält, die in ihrer Nachbarschaft offenbar eine Vorratskammer sehen, derer sie sich zur Befriedigung kannibalischer Aktivitäten jederzeit bedienen können. Statt dessen jedoch klammern wir uns an krampfhaft auf sympathisch geschriebene Einbrecher, denen interessante Graustufen vollkommen abgehen; abgesehen vielleicht von Ving Rhames’ Figur, die aber viel zu schnell aus dem Spiel genommen wird.
Doch immerhin wissen Everett McGill und Wendy Robie als durchgeknalltes Killerpärchen zu gefallen. Beide spielten bereits in David Lynchs Serie “Twin Peaks” ein Ehepaar, dort in einer etwas anderen Ausrichtung, und Craven tat gut daran, sie aufgrund ihrer Leistungen zu engagieren - ihr Spiel ist das Highlight des Filmes. Insbesondere McGill gibt eine durchgeknallte Sondervorstellung zum Besten, die sich anzuschauen wirklich lohnt. Auch das Spätachtziger / Frühneunziger-Flair stimmt weitestgehend und die Kartographie des Hauses mit all seinen Winkeln und Abzweigungen hält einige interessante (Handlungs-) Wege bereit, die ein klein wenig an “Valkenvania” erinnern.
Der Gesamteindruck bleibt aber negativ, sehe ich mich doch in fast allen Erwartungspunkten teilweise schwer enttäuscht, die man an “The People Under the Stairs” hatte stellen können. Dass Daddy mitunter im Ganzkörper-SM-Anzug mit einer Flinte durchs Haus jagt und in Luken und Röhren schießt, um einen der unseligen Gefangenen zu erwischen, ist kurios genug, um sich das Prädikat “sehenswert” einzuheimsen; die plakative “Sozialkritik” ist aber mehr als nur eine vertane Chance , nämlich im Endeffekt ein waschechter Spannungskiller für den Horrorfilmfan, der sich nicht zuletzt ob des jungen Hauptdarstellers in einem Kindergrusler wähnt. So bleibt es bei vielversprechenden Ansätzen, deren Potential allerdings ungenutzt bleibt.