Review

Feuchter Schaum


Lange Zeit hatte (sicher nicht nur) ich es nicht für möglich gehalten, dass es diesen Snyder Cut wirklich gibt bzw. er fertigstellt werden würde, dass die Fans mit ihren Hashtags und aggressiven Wünschen doch noch erhört werden würden. Doch nun ist er hier, die ursprünglich gedachte, vollkommen ausufernde Vier-Stunden-Version des ersten großen Kinozusammentreffen der DC-Giganten. Weiterhin trommelt Bruce Wayne nach dem Tod von Superman ein Team von Helden zusammen, um dem Bösen in Form von Steppenwolf (der auf Geheiß von Darkseid agiert) Paroli zu bieten. Wieder gibt’s lächerliche Motherboxen, grausiges CGI, einen künstlichen, unschönen Look, einige Logikfragen und durchaus auch mal Längen. 

Und dennoch hat „Zack Snyders Justice League“ keine Daseinsberechtigung, sondern eine Daseinsverpflichtung, dennoch ist das dieses Mal (in den Worten der Fans) alles einfach viel geiler. Und da schließe ich mich an, das ist auch von mir nicht ironisch gemeint. Alles ist breiter und fetter, düsterer und brutaler, oft 1:1 aus den Comics und mit klarer Vision, Richtung, mit viel Herzblut, Fachwissen und Eiern. Das macht in seinen besten Momenten richtig Freude, das hätte man schon von Anfang an so sehen müssen! Und dennoch sollte man hier nicht den heiligen Gral erwarten und den perfekten Film. Es ist vielleicht die beste und perfekte Version dieser geschaffenen Voraussetzungen - oft genug beeindruckend und möglicherweise wegweisend was die Freigaben und Entscheidungen des Studios angeht - aber eben ohne rosarotes Fanbrille doch noch mit genug Hubbeln und Ärgernissen auf der Straße, die ein vollkommen sorgenfreies Sehen verhageln. Zumindest für den einigermaßen neutralen Filmfan. Was genau ich toll und was noch immer suboptimal finde, will ich hier aufzählen...

SUPERMAN
+ Look nun düsterer und gelungener 
+ härtere Action
+ erwachsenere Sprache
+ Superman Black
+ mehr Zeit zum Atmen für etliche Themen und Szenen
+ passendere Erklärungen 
+ allein der Beginn mit Supermans Schrei, der um die Welt geht, ist mega
+ alle Figuren und ihre Stories wirken nun kompletter 
+ viele (Stand-)Bilder zum Einrahmen
+ feine Scoremomente
+ Steppenwolf ist viel krasser, schöner, runder umgesetzt 
+ Wonder Woman wirkt weniger anstrengend 
+ alles wirkt mehr wie aus einem Guss 
+ etliche Gänsehautmomente
+ geht keine Kompromisse ein 
+ weniger unpassender Humor
+ Flash bekommt mehr zu tun; seine „Rettung“ am Ende ist spektakulär 
+ Knightmare-Szene ist nice (wenn auch etwas unpassend/fragwürdig)
+ Affleck als Batman ist noch immer bullig und stark 
+ fühlt sich insgesamt nicht viel zu lang an (trotz ein paar Hängern und sehr langsamen Passagen); es gibt immer etwas zu sehen oder zu entschlüsseln 
+ man spürt die Leidenschaft und das persönliche Schicksal von Snyder hinter sehr vielen Mustern und Ansätzen (Verlust, Elternschaft usw.)
+ endlich sieht/spürt man Darkseid (und Konsortium)
+ wirklich eine komplett eigenständige Version, die den Whedon-Cut ungebremst in Grund und Boden stampft 
+ Son of Superman?! O_O
+ Cyborg wirkt immerhin etwas vollendeter und cooler und notwendiger 
+ nimmt sich selbst ernst! 
+ Fanservice galore
+ der Einsatz und die möglichen Verluste sind hoch/spürbar 

ANTI-LEBEN-GLEICHUNG
— wirkt etwas gestreckt und nicht alles immer unbedingt notwendig 
— für mich noch immer zu viel Zeitlupe 
— Nebenfiguren (etwa der Joker oder Martian Manhunter) wirken etwas reingequetscht
— einige Cuts und Sprünge wirken unschön
— die Kapiteleinteilungen hätten nicht sein gemusst 
— zu vielen Ansätze und Fragen werden wir wohl nie mehr Antworten bekommen 
— es bleibt irgendwie ein Unikum und ein (megabudgetiertes und -gehyptes) Kleinod
— eher/fast nur für den Hardcore-Comicfan (was auch positiv sein kann)
— bitte kein Meisterwerk auf Watchmen-Niveau erwarten 
— Aquaman bekommt fast gar nichts zu tun
— es gibt auch noch genug Fremdschämmomente (oft Flash, z.B. mit dem Würstchen)
— der CGI-Greenscreen-Look sagt mir insgesamt noch immer nicht zu 
— 4:3 Bildformat ist (zumindest auf dem TV) nicht unbedingt meins 
— negiert ein wenig Filme wie „Aquaman“, die eigentlich danach erst kamen
— immer noch ein Groß an Exposition und das Gefühl, dass das DCU für ein solches Zusammentreffen noch nicht bereit war 
— Cyborg trotz Fortschritte noch immer sehr blass (plus: die Visualisierung seiner Kräfte und Gedankengänge für Dummies)
— sehr oft sehr plump, unbeholfen, fast etwas dumm
— gerade einige Dialoge zum Augenrollen, nicht nur wegen dem Pathos 
— aus einem (böse gesagt) Kackfilm (inkl. Drehbuch) war es wohl schwer, etwas wirklich Tolles zu machen (und da kann sich das Ergebnis wirklich sehen lassen) 
— nimmt sich selbst ernst - und wirkt dabei manchmal umso lächerlicher!

Fazit: runder, länger, hübscher, härter epischer. Snyders Version übertrifft die vermurkste Kinofassung meilenweit in allen Belangen und ist spürbar ein absolutes Leidenschaftsprojekt von allen Seiten, Machern wie Fans. Nahezu ohne Restriktionen. Unendlich Fanservice. Gut, dass es ihn gibt! Zu einem fehlerfreien Comicmeisterwerk, zu dem ihm seine hartnäckigen und maximal subjektiven Anhänger gerne stilisieren würden, macht ihn das aber noch lange nicht. Ich gönn' jedoch jedem seinen Spaß mit diesem bombastischen und etwas artifiziellen Magnum Opus von Herzen! 

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