Actionfilme mit Knastszenario gibt es einige. Stallone saß im Gefängnis, Jackie Chan war ein Gefangener und auch Van Damme schlug schon einmal fiese Insassen und korrupte Wärter "mit stählerner Faust" zusammen.
Nun kehrt er zurück hinter schwedische Gardinen, allerdings als "Normalsterblicher" und nicht als Undercover Cop.
Schuldig des Mordes am Mörder seiner Frau, der aufgrund von Bestechung frei kam, wandert Kyle (Van Damme) lebenslang in einen russischen Knast.
Leider lässt Hongkongs einstiger Starregisseur Ringo Lam, der zu den asiatischen Künstlern zählt, die nie wirklich Fuß in Hollywood fassen konnte, in seiner Knaststory kein Klischee aus. Sämtliche Knastmitarbeiter, vom Direktor bis zum gemeinen Wärter sind bestechlich, gewissenlos und hochgradig sadistisch, die Insassen ebenfalls allesamt Stereotypen.
Die erste Vergewaltigungsszene findet schon sehr bald statt (wer als Opfer erhalten muss, ist jedem Zuschauer natürlich auf den ersten Blick klar) und Van Damme braucht auch nicht lange um an die falschen Leute zu gelangen, was ihm dann auch prompt den ersten, aber nicht letzten Aufenthalt in der besonders ekligen Einzelzelle beschert.
Das Gefängnis, das - glaubt man den Produktionsnotizen - eigens für die Produktion errichtet wurde, erzeugt durchaus Atmosphäre und auch die (im Off geschehenen) Vergewaltigung- Szenen ziehen die Stimmung wunderbar in den Keller. Nicht zuletzt deswegen ist in Hell schon fast mehr Drama als Actionfilm und dementsprechend ist die Verpflichtung Van Dammes etwas fragwürdig. Das soll nicht heißen, dass er hier (gewohnt) schlecht spiele. Im Gegenteil, er macht seine Sache sogar richtig gut (für Jean-Claude Verhältnisse versteht sich), nur gäbe es dennoch zig Darsteller die es besser könnten. Auch für die harten Prügeleinen hätte es keinen Van Damme gebraucht, da Martial Arts hier nicht gefragt ist.
Klar, der Belgier lockt immer noch einige Fans in die Videotheken, doch könnten deren Erwartungen angesichts des geringen Actionanteils herbe enttäuscht werden.
Mich persönlich hat der Schritt in Richtung ernsthaftem Schauspiels durchaus erfreut, doch ein wirklich positives Gesamtfazit kann ich hier nicht ziehen, dafür ist das Drehbuch viel zu schwach.
Nach gescheitertem Selbstmordversuch, erweckt eine Motte (!!!), die allzu platt die verstorbene Frau symbolisiert, seinen Selbsterhaltungstrieb und er beginnt für vom Direktor veranstaltete Kämpfe zu trainieren. Dabei verlottert er zusehend und lässt im ersten Kampf seinen animalischen Instinkten freien Lauf und reißt mit bloßen Zähnen Vergewaltiger Nr. 1 die Hauptschlagader auf.
Durch die Gespräche mit seinem eigenartigen Zellengenossen 451, der Anfangs als Psychopath dargestellt wird und später von jetzt auf gleich den Off-Erzähler gibt, findet Kyle wieder zu sich selbst und beschließt mit dem Kämpfen aufzuhören. Dafür wird er hart bestrafft, aber gewinnt gleichzeitig den Respekt seiner Mitinsassen, die sich, abgesehen natürlich von der Mafia-/ Vergewaltigertruppe, vereinigt und später auch eine Knastrevolte anzettelt.
Ringo Lahm verliert derweil völlig die Bodenhaftung und zaubert eine Geistererscheinung aus dem Hut, die Kyle neuen Mut gibt. Sein Ziel ist von nun an auszubrechen und dafür muss er noch einmal kämpfen um seinen Märtyrer-Status zu verlieren. So würde er, Sieg über den Gegner vorausgesetzt, zur Exekution aus dem Gefängnis gebracht werden. Eine ideale Fluchmöglichkeit.
Der Gegner ist, Überraschung, der selbe Klotz, der einige Filmminuten vorher Kyle’s Freund Billy vergewaltigt und getötet hat. Van Damme macht kurzen Prozess, alle Insassen finden es großartig, obwohl vorher noch alle gegen die Kämpfe protestiert haben.
Die böse Oberwache bekommt am Ende noch genauso ihr Fett weg, wie der Direktor und Van Damme flieht inklusive 451's gesammelten Aufzeichnungen über die Verbrechen der Knastmitarbeiter.
Das mag jetzt nach großem Müll klingen, tatsächlich weiß In Hell streckenweise durchaus zu gefallen. Die Atmosphäre ist wunderbar düster und pessimistisch, Van Damme macht seine Sache gut und Lam zaubert ein paar wirklich gute Bilder. Währe da nur nicht die dicke Packung Klischees und die nicht immer stimmige Mischung aus Drama und Action. Gerade am Ende werden zu viele Zugeständnisse ans explosive Genre gemacht, wenn Van Damme doch noch einen letzten Fight bestreitet und die Bösewichte allesamt ihre Bestrafung bekommen.
Fazit: Krude Genremischung, mit einigen Längen, höchstens netter Action und Klischee beladener Handlung. Dafür mit einem überraschend guten Van Damme und einer ordentlichen Atmosphäre. Insgesamt knapper Durchschnitt.