Review

Unser Lieblingsbelgier geht nach „Mit stählerner Faust“ erneut in den Knast, wobei sich „In Hell“ stilistisch arg von diesem Frühwerk unterscheidet.
An sich beginnt „In Hell“ jedoch als fast klassische Revengestory: Der Ingenieur Kyle Lord (Jean-Claude Van Damme), der zur Zeit in Russland arbeitet, fährt nach Hause, telefoniert noch gemütlich mit dem holden Eheweib – und muss am Telefon hören wie diese ermordet wird. Also wird nach Hause gerast (dabei selbstverfreilich ein Marktkarren umgefahren), dem fliehenden Mörder hinterher und ordentlich aufs Maul gehauen – doch der Schuft entkommt nach dem netten Actionappetizer.
Danach holt Regisseur Ringo Lam erstmal die Klischeekeule raus: Im korrupten Russland wird der Mörder natürlich freigesprochen, weil seine Familie der Richter besticht. Kyle rastet genregerecht aus und nietet den Mann noch vorm Gerichtsgebäude um – und wird natürlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch im Knast geht es direkt munter weiter mit den Klischees: Rivalisierende, brutale Banden (eine davon natürlich Russenmafia), sadistische Wärter, regelmäßiger Missbrauch der schwächeren Häftlinge usw.

Kyle schafft sich natürlich direkt Freunde bei den Wärtern und der Mafiagang und es folgen diverse Schikanierungen, sowie die obligatorischen, ungerechtfertigten Aufenthalte in Einzelhaft im Loch. Doch irgendwann hat Kyle das Ganze satt und beginnt zu alter Stärke zurückzufinden…
„In Hell“ ist wie so viele B-Movies der letzten Jahre im Ostblock gedreht, doch Ringo Lam holt aus dem Szenario deutlich mehr heraus als viele andere seines Faches. So kommt das trostlose, dreckige Gefängnis sehr überzeugend und stimmig rüber, wenngleich man natürlich stets die übliche Knastfilmroutine voller Klischees geboten bekommt. Dementsprechend ist dann auch das Standardrepertoire an Figuren vom bemitleidenswerten, andauernd missbrauchten Junghäftling über den nachdenklichen, sich aus allem raus haltenden Kraftprotz bis hin zum überheblichen Gefängnisdirektor. So kommt zwar ordentliche B-Atmosphäre auf, aber von Filmen wie „Die Verurteilten“ und „Blood In Blood Out“ ist „In Hell“ trotzdem weit entfernt.
Ein weiterer Grund, warum „In Hell“ trotz der nachdenklichen Ansätze (Ist Gewalt eine Lösung? Darf sich Kyle nach dem Tod seiner Frau aufgeben?) etwas schwächer als „Mit stählerner Faust“ abschneidet ist die Tatsache, dass Drehbuch und Hauptfigur sie so recht wissen wohin sie wollen. Anfangs ist Kyle noch passiv und muss erst langsam wieder Lebenswillen finden, doch danach zerfasert die Story in Etappenziele: Mal muss sich Kyle im Kampf beweisen, mal seine Menschlichkeit wiedergewinnen, mal passiv Widerstand gegen die Wachen leisten usw. So kann sich einfach kein richtiger Spannungsbogen aufbauen, denn nie scheint unser Held ein echtes Ziel zu haben.

Etwas überraschend ist die Tatsache, dass „In Hell“ relativ actionarm ist. Im Knast organisiert das Personal zwar regelmäßig Kämpfe zwischen den Häftlingen, aber gibt es nur drei längere Fights (zwei davon mit Van Damme), einen Zusammenschnitt von Kämpfen und ein paar kleinere Scharmützel (Flucht, Szene mit dem Zurückgebliebenen). Dabei kommen die Schlägereien jedoch erfrischend realistisch rüber: Kein akrobatisches Rumgekicke wie in vielen anderen Van Damme Filmen, sondern knallhartes Streetfighting mit vielen schmutzigen Tricks. Das passt auch zur Atmosphäre des Films, denn „In Hell“ will kein Actioner, sondern eher ein Knastdrama der B-Klasse sein.
Da trifft es sich auch gut, dass Van Damme hier überraschend gut schauspielert. Morgan Freeman spielt er zwar nicht an die Wand, doch inzwischen hat Van Damme genug gelernt um als akzeptabler Schauspieler durchzugehen. In den Nebenrollen trollt sich eine solide B-Besetzung aus weitaus unbekannten Gesichtern (nur Michael Bailey Smith gibt wie üblich den tumben Schläger), die ihre Klischeerollen relativ überzeugend ausfüllen.

Bleibt unterm Strich ein netter Knastfilm der Güteklasse B mit überzeugender Atmosphäre und einem überraschend guten Van Damme, allerdings einem zu unentschlossenen Drehbuch um wirklich spannend zu sein.

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