Review

Anfang 2018 als Crossfire und einer Art Taken in Südamerika (wahlweise Kolumbien) in die Ankündigung gegangen, hat sich das Projekt um die Zeit in Raging Fire und den Schauplatz Hongkong, letzteres nicht nur aufgrund der besseren Finanzierbarkeit umgewandelt. Das ursprüngliche Team mit Benny Chan als Regisseur und als Kollaboration (im Feature Film) erstmalig Donnie Yen als Darsteller wurde beibehalten, das Genre des Actionfilmes ebenso, wobei das Casting mit Nicholas Tse als 'alter' Bekannter beider erweitert wurde und damit die Aufmerksamkeit durchaus auch potenziert. Letztlich ist der Film gleichermaßen gute und schlechte Nachricht, stellt er doch nach kurzer, aber schwerwiegender Krankheit von Chan – eines enthusiastischen, aber beim Dreh schon geschwächten Mannes – und dem frühen Verscheiden im August 2020 mit nicht einmal 60 Jahren leider schon dessen Abschiedsfilm, den Schwanengesang also dar, und wurde das Projekt auch nach seinem Tod vollendet, also von anderen Leute, maßgeblich dem Yen-Spezi Kenji Tanigaki und dem schon beim Dreh jederzeit aktiven Yen fertiggestellt. Weiterhin wurde auch in HK beim leicht verzögerten Kinostart (gegenüber einem früheren Termin in der VRC) ein erhöhter Zuspruch des Publikums gesehen, sind die Zahlen vom Festland mit fast 210 Mio. USD aber natürlich wesentlich beeindruckender und lässt dies nach auch früheren Blockbustern wie Shock Wave 2 (2020) oder The White Storm 2: Drug Lords (2019) eine deutliche Fokussierung auf diesen Markt natürlich erkennen. Die Abhängigkeit vom Staat ist längst da und explizit, Filmemachen ist zunehmend Politikum und vorauseilende Gehorsamkeit und dann in zweiter Linie Geschäft. (Yen hat in den letzten Jahren vermehrt Boykottaufrufe in HK erhalten, während Tse kürzlich im Zuge neu eingeführter 'Benimmregeln' der 'Liebe zur Partei und ihren Prinzipien' seinen kanadischen Pass zurückgegeben hat. Zudem werden im Rahmen des Chinesischen Sicherheitsgesetzes auch im Nachhinein alle Filme auf Inhalte abgetastet, die bspw. als Aufrufe zur Spaltung, zum Umsturz oder zum Terrorismus gedeutet werden):

Bei der scheinbaren Routine-Festnahme eines vietnamesischen Drogendealers wird Superintendent Yiu Yeuk-sing [ Ray Lui ] und sein Team von den Mannen um Yau Kong-ngo [ Nicholase Tse ], einem früheren Polizisten überrascht und getötet. Senior Inspector Cheung Sung-bong [ Donnie Yen ] will mit seiner Einheit bestehend aus Sergeant Tai Cheuk-yin [ Kenny Wong ], Chow Chi-chun [ Deep Ng ], Turbo Lui [ Jeana Ho ], Kwan Chung-him [ Bruce Tong ] und Cho Ning [ Angus Yeung ] den Tod seines Freundes und Mentors sühnen, weiß aber noch nicht, dass sein früherer Partner Yau dahinter steckt. Seine erste Spur, die der geklauten Ware folgt, führt zum Großhändler Au Man-kwai [ Ben Lam ], und damit schon direkt in die Aufmerksamkeit von Yau, der auch nicht vor Bedrohung von Cheungs schwangerer Frau Anna Lam [ Qin Lan ] und sowieso nicht vor dem Tod von Zivilisten und anderen Skrupeln zurückschreckt.

Benny Chan dabei und mit auch die letzten Jahre als verlässlichster Mann für ein Hybrid aus Alt und Neu, für eine Beibehaltung des früheren HK-Kinos mit den Mitteln und Möglichkeiten, aber auch den Anpassungen an China. Die Nachrufe auf ihn und die Ehrerbietungen 'danach' waren teils überraschend groß und emotional, galt er doch lange als reiner Popcornfilmer, die Frühwerke bis auf (den zumeist Johnnie To zugewiesenen) A Moment of Romance (1990) eher untergegangen und hinten raus auch einige Versuche des Ausbrechens aus zu starren Genreregeln, die eher ignoriert wurden. Raging Fire möchte eine Rückführung auf den 'Durchbruch' The Big Bullet (1996) sein und den autarken Invisible Target (2007), also urbaner Chaos zwischen Cops und Kriminellen, mit Aufwand, mit Spektakel, mit Stars und Sternchen (wie Simon Yam, Patrick Tam, Ken Lo oder Carlos Chan, der derzeit die Riege der lokalen Jungdarsteller in der Popularität anführt und bei Chans Connected, 2009 das Debüt gegeben hat)  en masse, wobei hier allein der Anblick vieler bekannter Gesichter in vertrauter Umgebung und das Anwenden der Tradition mit genügend finanzieller Sicherheit im Hintergrund schon zu den Glücksmomenten zählt. Der Aufwand ist da und das Bemühen deutlich.

Zwischendurch haben dies auch einige andere Leute probiert, Alan Yuens Firestorm (2012) - an den man final mit einer Hochfrequenzschießerei mitten im Zentrum erinnert - blieb eine Alltagsfliege, die Abschiedsfilme von Ringo Lam ernüchternd, Kollege (und Wertschätzer) Dante Lam hatte in den späteren Nullerjahren auch den richtigen Riecher, zeichnete die Geschichten aber fatalistischer und ist seit einiger Zeit eng in die rotchinesische Propaganda mit verwirrt. Eine deutlich düstere Optik mit vielerlei Schatten- und Nachtszenen im gelbschwarzen Milieu wird auch hier bei Raging Fire bemerkt, dazu ein persönlicher Zweikampf zwischen Protagonist und Antagonist, der rasch auf die gesamte Stadt (hier meist als trüber, krank aussehender Moloch) und den gesamten Polizeiapparat erweitert wird und ausgewalzt und was zu größeren und gröberen und Angriffs- und Verteidigungsaktionen und Vergeltungsschlägen führt.

Der Polizeifilm profitiert dabei von einer gelungenen Einführung, trotz des Überbaus einer Rückblende, in der dies erzählt wird, aber dann dennoch schnell zum Punkt kommt, zur sich bereits in Widersprüche verwickelnden Vorgeschichte, die einen Machtmissbrauch, eine versuchte Korruption, Behördenwillkür und auch die Ausübung von Polizeibrutalität und Selbstjustiz in der Obrigkeit aufzeigt und die Konsequenzen, die sich beim Weigern dieser Geklüngel ergibt. Ein Drogendeal in einem verlassenen und abgeranzten Einkaufsplaza geht schief und wird empfindlich gestört, das Chaos aus Blutspritzenden Kugelhagel und Scharfschützen- und Messerattacken führt zu einem derben Massaker, dessen finale Explosion man noch von der anderen Seite des Hafens aus sieht.

Die Struktur der narrativen Rückblende verhindert dabei ein wenig das Involviert Sein in den Film, man betrachtet eher einzelne Abschnitte, die für sich gelungen sind, aber entweder nebeneinander oder auch mal weiter entfernt voneinander stehen, der Rhythmus ist stolpernd, was ein Eindringen in den hier gezeigten Mikrokosmos blockiert und behindert. Der eigentlich ganz ähnliche aufgebaute New Police Story (2004) bspw. ist mit seiner Chronologie besser gefahren, auch Invisible Target, welcher ebenso einen Straßenkrieg zwischen Gauner und Gesetzeshüter lancierte, hat das gleiche Geschick.

Dafür ist die Erzählung hier ständig auf Aufruhr geschaltet, Razzien, Festnahmen, das Betreten einer No-go-Area, die sich rasch zu einer Todeszone ausweitet, interne Streitigkeiten, bedrohliche 'Geschäftsmeetings', eine Geiselnahme mit Bombendrohung bei einer Schulaufführung; dazwischen Ruhepol Yen, der die letzten Jahre eine erstaunliche Wandlung vollzogen und statt 'nur' als Actiondarsteller längst als Schauspieler anwesend ist und auch so gesehen wird. Nahkämpfe auf engsten Raum, Stürze und Stunts, Sprünge aus hoher Höhe bekommt man von ihm und seinem Team dennoch fleißig und auch mustergültig geboten, Gegner werden geschlagen, getreten, gezwirbelt und gehebelt. Dazu mittig eine Massenszene mit Straßenblockade, Verkehrschaos und Verfolgungsjagd in der sowieso schon prall gefüllten und zunehmend engen Innenstadt; dort allerdings mit einigen inszenatorischen Ausfällen in der Actionregie, die zu viel will und dabei auf Unterstützung von Kollege Computer und Übertreibung zurückgreift, und was das Seherlebnis doch empfindlich stört. Auch die Explosionen sind (wie fast üblich bei Chan) und dies trotz zuweilen auch tatsächlich realer Aufnahmen leider recht unattraktiv gestaltet, da käme ein Verzicht darauf fast besser. Nichts zu bemängeln gibt es bei dem Einsatz der Schnellfeuerwaffen und den Handgreiflichkeiten, was gerade das ruppige Freikämpfen im Slum positiv kennzeichnet und das finale Mayhem sowohl direkt in einer Fußgängerzone als auch abschließend in einer nach und nach demolierten Kirche.

Details
Ähnliche Filme