Historischer kann der verfilmte Stoff des Films nicht sein, das Leben Jesus, bzw. eine gewisse Zeit vor seiner Kreuzigung und....auch danach !!
Letzteres ist natürlich eine Überraschung und sorgt am Ende des überlangen 158 minütigen Films auch noch für einen gehörigen Storytwist, wenn man dies in diesem Kontext überhaupt so sagen kann. Es ist interessant wie wenig der Film bekannt ist und auch hier auf ofdb und anderen Filmdatenbanken so gut wie gar nicht besprochen wird. Sind doch sowohl der Regisseur Martin Scorsese als auch der geniale Willem Dafoe sowie Harvey Keitel sehr bekannt und in auch sehr guten Filmen bis zum heutigen Tage zu sehen.
Die schauspielerische Leistung aller oben genannten ist sehr gut, sind doch die Rollen selbst mehr als überladen und historisch belegt und jegliche Darstellung könnte sehr schnell ins Kitschige abgleiten. Aber insbesondere Willem Dafoe als Jesus macht seine Sache überragend.
Für engstirnige Christen ist der Film natürlich eine unglaubliche Zumutung und früher hätte man die Verfasser sicher selbst gekreuzigt dafür. Wird doch Jesus sehr sympatisch als ganz "normaler Mensch" mit allen Schwächen und Begierden dargestellt. So begehrt er die Prostituierte Maria Magdalena oder will auch hier und da Gewalt anwenden und Rache üben. Er tut es zunächst nicht und hadert sehr mit sich selbst ob der Zurückhaltung seiner Emotionen.
Zudem ist sich Jesus seiner göttlichen Herkunft selbst nicht ganz sicher und hinterfragt dass stets selbst im Zwiegespräch mit sich selbst und Gott und auch mit anderen. Er möchte ganz sicher sein dass er der "Auserwählte" ist. Das ganze wird in sehr atmosphärischen und elegischen Bildern mit tollen Landschaften eingefangen und man wird in den Bann des Films genommen. Das ganze wird sehr emotional vorgetragen und zwar obwohl kaum unterstützende Filmmusik eingesetzt wird. Das ganze Vorgeplänkel der Kreuzigung und der Akt selbst wird zum Glück nicht lange und pathetisch dargestellt.
ACHTUNG kleiner Spoiler:
SPOILER ANFANG
Dafür wird in o.g. unerwarteter Weise das Leben Jesus nach der Auferstehung ohne jegliches Vorbild sehr radikal dargestellt. So hat er erst einmal ausführlich Sex mit Maria Magdalene und danach lebt er in Vielweiberei als eine Art Öko-Jesus mit vielen Kindern und auch verhärmt in Bezug auf seine Person und Geschichte. So trifft er dann auch einen seiner "Jünger" der "seine" Geschichte erzählt und wird richtiggehend aggressiv und bezichtigt ihn nachhaltig der Lüge. Er verneint sozusagen seine eigene historische Rolle und Person was schon eine radikale Sichtweise der Ereignisse darstellt sofern man die historische Person Jesus überhaupt als Fakt ansieht. Dann findet er sich wider Erwarten doch am Kreuze wieder...d.h. das ganze war nur ein Traum während des Sterbens am Kreuz..... ???
SPOILER ENDE
Aus allen o.g. Gründen erhält der Film eine solide 8/10 Punkten für die Darstellung und den Mut den Stoff doch letztlich inhaltlich so radikal zu verfilmen. Scorsese hat das Risiko eingegangen den starken und ewig anhaltenen Groll aller strenggläubigen Christen auf sich zu ziehen ....