Review

Noch kurz vor dem Niedergang des Italowesterns schuf Sergio Leones ehemaliger Assistent Giancarlo Santi mit seinem leider einzigen Genrebeitrag einen überzeugend inszenierten, kurzweiligen und mit einer spannenden Geschichte versehenen Western, der sogar über einige wirkliche gute inszenatorische Ideen verfügt.

Darüber hinaus heißt hier das Zugpferd auch noch Lee Van Cleef („Für ein paar Dollar mehr“, Sabata“), der unnachahmlich cool und abgebrüht den in Ungnade gefallenen, Whiskey zu Kuchen trinkenden Sheriff Clayton spielt. Als er dem Richter in seiner Stadt Korruption vorwirft und seines Postens enthoben wird, versucht er den vor Gericht unschuldig wegen des Mordes an dem reichen Big Old Saxxon verurteilten Philipp Wermeer (Alberto Dentice) zu schützen und vor dem Galgen zu bewahren, nachdem dieser flüchtet und in einem kleinen Kaff von einer Gruppe zerlumpter Kopfgeldjäger gestellt wird.

Die Eröffnungssequenz hält dabei schon mal ein paar tolle Szenen mit akrobatischen Stunt-Einlagen bereit, als Clayton dreist und humorig dem gerade ein Schäferstündchen abhaltenden, eigentlich ganz sympathischen Wermeer dessen treffsicheren Probleme aufzeigt, indem er den in Deckung liegenden Kopfgeldjägern ihre Verstecke anzündet oder einen Eimer Wasser über den Kopf gießt.
Das eingängige, wirklich gelungene Titelthema von Luis Enríquez Bacalov, das auch Quentin Tarantino für seinen „Kill Bill“ wiederentdeckte, fällt dabei besonders auf. Bleibt nur die Frage, für welchen Film das Stück recycelt wurde, denn es findet sich auch im selben Jahr produzierten „Summertime Killer“ an.

Letztlich gelingt Wermeer dank Clayton, der ihm zur Flucht verhilft, seinen Häschern zunächst zu entkommen, bis seinerseits der Ex-Sheriff den Flüchtigen selbst wieder einfängt und sich durch den flinken Flüchtigen nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Die zu dieser Zeit im Italowestern leider sehr präsenten, oft albernen Comedy-Elemente (u.a. die pseudolustigen, eitlen Reisenden in der Kutsche) treten leider auch in „Drei Vaterunser für vier Halunken“ auf, werden nach dem Aufenthalt in einer Herberge von Santi dann jedoch dankbar auf ein Minimum zurückgefahren, so dass man sich als Zuschauer ganz auf den relativ ernsten Plot konzentrieren kann, der erst Wermeer und dann Clayton in Saxxon City eintreffen lässt. Denn beide trennen sich zwischendurch zwangsläufig immer wieder, nachdem Clayton Wermeer mal wieder aus der Patsche half, weil dieser von angeblichen Kopfgeldjägern, die sich vor Gier gegenseitig dezimieren, gefoltert wurde, um ihm den Ort einer lukrativen Silbermine zu entlocken. Während Wermeer jedoch seine Unschuld zu beweisen versucht, beobachtet Clayton zunächst nur passiv die Lage.

Rache und Raffgier sind auch hier wieder die zentralen Motive, die das Handeln der Protagonisten und Antagonisten bestimmen. Wermeer wie auch die drei Saxxon-Brüder (u.a. Horst Frank, „Django und die Bande der Gehenkten“, „Django - Die Totengräber warten schon“ und ein dandyhafter Klaus Grünberg, „More“) suchen nämlich jeweils den Mörder ihres Vaters, was Santi dazu veranlasst im Falle der Saxxons den Mord in abgedunkelten Schwarzweiß-Flashbacks mystisch und stimmungsvoll zu wiederholen, bis final die Identität des im Dunkeln stehenden Mörders aufgeklärt wird und Wermeer erfährt, wer sich die versteckt liegende Silbermine seines Vaters unter den Nagel reißen will.

Das Drehbuch von Ernesto Gastaldi („Sie verkaufen den Tod“, „Mein Name ist Nobody“), der nun wirklich ein paar gute Geschichten schrieb, hält darüber hinaus immer wieder ein paar Überraschungen und Grausamkeiten bereit, die man derart konsequent im Italowestern gar nicht erwartet. So wird, übrigens mit einem MG-42, das erst im 2. Weltkrieg auf Seiten der Deutschen Wehrmacht ihren ersten Einsatz fand, von den Saxxons eine komplette Sippe mitsamt Frauen, Kinder und Babys blutig niedergemäht. An Kunstblut spart Santi hier ohnehin nicht, denn Shootouts sind in der Form und Häufigkeit innerhalb des Genres eher selten.

Explosionen und der effektive Einsatz des Maschinengewehrs sind zwar die optisch spektakulärsten Highlights, seine Stärke bezieht „Drei Vaterunser für vier Halunken“ aber eigentlich aus der wirklich guten, teuren und authentischen Ausstattung und den guten Darstellern, die den Film deutlich über den Genredurchschnitt heben.
Auch deshalb genießt man natürlich jeden Auftritt von Lee Van Cleef, dessen Anliegen hier wieder lange mysteriös hinter dem Berg gehalten wird. Mit trockenem Humor und enormer Treffsicherheit sieht und hört der Mann mal wieder alles, fängt mit seinen Zähnen Kugeln auf und erweist sich schlussendlich auch als das Züngelein an der Waage, das im finalen Duell, im übrigen wunderbar hinausgezögert (Da hat Santi von Meister Leone abgeguckt), gleich mit dreien aufnehmen muss.

Bis dahin ist aber längst nicht klar, wie sich die Geschichte denn entwickeln wird, weil Santi kaum etwas preisgibt, vor allem wenn es um die Identität der Mörder geht. So gerät man als Zuschauer zwischenzeitlich schon in Versuchung zu glauben, dass Clayton sich doch kaufen lassen könnte und Wermeer damit ans Messer liefert oder das dieser früher ins Gras beißt. Latent scheint der Nihilismus nämlich ab und an mal durch, zumal die Saxxon-Brüder sehr skrupellos im Umgang mit anderen Menschen sind, wie zum Beispiel der Mord an dem alten Zocker beweist.

Vor allem gemessen an seiner späten Entstehungsphase, als der Output guter zugunsten mittelmäßiger oder schwacher Italowestern tendierte, sollte „Drei Vaterunser für vier Halunken“ lobend hervorgehoben werden. Nebensächlicher Storyballast, wie die albernen, nervigen Comedy-Einlagen zu Beginn und später das Theater um die in die Saxxon-Familie dann doch nicht einheiratende und ihr Herz an Wermeer verschenkende Dame, stören zwar etwas, trüben den flotten, spannenden Fortschritt der Geschichte aber kaum.
Die ist zudem noch mit rätselhaften Motivationen gespickt und gibt seine Verwicklungen erst zum Schluss preis, so dass der Spannungsbogen lange aufrecht erhalten wird. Vor allem das Versteckspiel von Wermeer in Saxxon City, wo er sich nicht so recht entscheiden kann und von Clayton zum Mörder seines Vaters geführt wird, während der ehemalige Gesetzeshüter seinerseits in die Stadt einrückt, um sarkastisch die Herrschaft der drei Brüder zu kommentieren und sie sich alsbald selbst vorsehen muss, sorgt dabei für viel Kurzweiligkeit.


Fazit:
Gelungener, später Italowestern von Giancarlo Santi, der sich ruhig öfters als Regisseur hätte betätigen können und über einen mal wieder sehr souveränen Lee Van Cleef verfügt. Die Inszenierung ist klasse, die Ausstattung gut und die Story funktioniert zudem auch noch, weil sie sich lange ihre Spannung bewahrt. Trotz ein paar nervender Comedy-Elemente und etwas Storyballast gerade noch so einer von den guten Italowestern.

Details
Ähnliche Filme