„Wrong Turn“ wurde ja vielerorts als neue Offenbarung des Backwoodfilms bejubelt, daraufhin von vielen anderen Kritikern in der Luft zerrissen – Recht haben beide Parteien irgendwie.
Es mit dem obligatorischen Auftaktmord an einem Bergsteigerpärchen los, die Killer sieht man nicht. Es folgt ein Vorspann, der Zeitungsberichte und Buchartikel über Missbildungen, Inzest und verschwundene Menschen aneinanderreiht, da weiß der Zuschauer eh schon wer das Pärchen da zu Kebap verarbeitet hat und dass diese bei weitem nicht die einzigen Opfer waren. Das war es dann auch an großen Erklärungen, darüber kann man sich muckieren, aber ehrlich gesagt: Muss man mehr wissen? Brachte TCM viel Hintergrundgeschichte mit?
Danach treffen wir den potentiellen Helden, den jungen Medizinstudenten Chris Flynn (Desmond Harrington), der gerade mit dem Auto Richtung Bewerbungsgespräch schraddelt. Durch den obligatorischen LKW-Unfall ist allerdings der Highway für mehrere Stunden dicht, Chris tuckert auf die obligatorische Landstraße und erhält an der obligatorischen Tankstelle keine Hilfe. Doch es gibt ja noch die (obligatorische) wenig benutzte Nebenstraße. Brüllt da wer ganz laut „Klischees“? Der soll noch warten bis nach zwei Sekunden im Düsterwald sofort das Handy ausfällt und keinen Empfang mehr hat.
Chris kracht dann auf der gottverlassenen Straße in einer parkendes Auto, weil er genau im falschen Moment abgelenkt wird (Tschüss Glaubwürdigkeit, war schön mit dir). Dieses parkt jedoch dort, weil es eine Drahtsperre lahm gelegt hat. Mit den Insassen des anderen Autos will Chris Hilfe holen, doch im Gebüsch schleichen bereits die mordlustigen Hillbillies…
In gewisser Weise ist „Wrong Turn“ klar der Nachfolger alten Backwoodfilme und das nicht nur weil die Geschichte einfach nur „The Hills have Eyes“ heutzutage ist und das Interieur der Waldhütte arg an TCM erinnert. Denn es handelt sich um einen klar auf oberflächlichen Terror ausgelegten Horrorstreifen, brachial wie simpel. Denn mehr steht auch nicht hinter großen Genrewerken wie TCM, auch wenn der kleine (sehr, sehr kleine) Ansätze von Gesellschaftskritik beinhaltet.
Leider ist „Wrong Turn“ teilweise arg simpel geraten, denn die Hetzjagd verläuft streng nach Schema F und bereits beim ersten Blick auf die Klischeecharaktere blickt selbst der dümmste Zuschauer, wer überlebt und wer stirbt. Man versucht auch besser nicht die Klischees zu zählen, denn derer gibt es zu viele: Den heraneilenden Cop ereilt das Schicksal jedes zu Hilfe eilenden Ordnungshüters im Horrorfilm, der obligatorische Schlussgag kommt entgegen aller Glaubwürdigkeit mit dem Holzhammer und die Backwood-Blödis fallen nicht nur auf die einfachsten Ablenkungsmanöver rein, sondern lassen auch die Schlüssel ihrer Karre stecken, damit das Jungvolk das Vehikel flugs bei einem derartigen Ablenkungsmanöver mopsen kann. Und warum sich niemand bei den Behörden wundert, dass in den Wäldern so massig Menschen verschwinden, das fragt man auch besser nicht.
Doch Klischees hin, Formelhaftigkeit her, „Wrong Turn“ weiß schon zu unterhalten, da der Film nach einer Weile in eine reine Hetzjagd ausartet. Regisseur Rob Schmidt drückt gewaltig auf die Tube, kredenzt recht gut platzierte Schockeffekte in ordentlicher Menge und bringt die Flucht der Protagonisten auf ordentlich vordergründige Spannung. So wird es trotz aller Vorhersehbarkeit nicht langweilig und der düstere Tannenwald kommt ordentlich atmosphärisch rüber.
Zwischendurch geht es dann auch erfrischend unangepasst zur Sache, wenn mal wieder wer verhackstückt wird. Sicherlich sind die Morde relativ deftig und die FX der Firma von Effektguru Stan Winston (hier auch als Produzent tätig) können sich sehen lassen, aber so heftig wie oft beschrieben ist „Wrong Turn“ dann auch nicht. Die Technik der schnellen Schnitte lässt so manche Goreszene nur erahnen und sonderlich viel zu killen gibt es bei sechs Twens (von denen ja auch welche überleben sollten) dann auch nicht. Schick gemacht sind die Mordszenen aber doch, schocken teilweise auch ganz, auch wenn die Atmosphäre von „Halloween“ und Co. fehlt.
Eliza Dushku macht sich als Scream Queen durchaus solide, vollbringt zwar nichts Weltbewegendes, hat aber nach filmischem Sondermüll wie „Soul Survivors“ und „Girls United“ endlich mal einen passablen Film erwischt. Desmond Harrington ist ähnlich solide, der Rest der Darsteller hingegen eher mäßig. Liegt teilweise auch an den etwas idiotischen Dialogen, welche die Jungdarsteller labern müssen, auch wenn die Niederungen mancher „Freitag, der 13te“-Sequels noch nicht erreicht sind.
Letzten Endes kann man sich bei „Wrong Turn“ zurücklehnen und die recht atmosphärische Hetzjagd genießen, doch tunlichst das Hirn abschalten, da die Masse an Klischees sonst zu erdrückend wirkt. Nichts Weltbewegendes, aber immerhin kurz und recht kurzweilig.