Review

ACHTUNG SPOLER

Wer nicht über diverse Details des Films informiert werden möchte, sollte hier aufhören zu lesen.
(Hinweis: Dieses Review beruht auf der ungeschnittenen FSK 16 - Version.)

WRONG TURN

Story:
So schnell kann das gehen: nur weil der Medizinstudent Chris keinen Bock hat, auf dem Highway in West Virginia stundenlang im Stau zu warten, dreht er wieder um und nimmt den Schotterweg durch die riesigen Wälder, um Zeit zu sparen. Nur ein kurzer Blick auf ein totes Tier, das am Straßenrand liegt – wumm. Mit einem mitten auf dem Weg stehenden Jeep hatte natürlich niemand gerechnet. Soviel dann zum Zeit sparen. Die Gruppe junger Leute, denen der Geländewagen gehört, steht mit platten Reifen da, die offenbar von einem bewusst platzierten Stacheldraht zerfetzt wurden. Man macht sich auf, um Hilfe zu finden und kaum ist man ein Stück gegangen, da stößt man auch schon auf eine Hütte, die schlimmer aussieht als Jason’s Behausung in FREITAG DER 13. TEIL 2. Doch nicht nur von außen schaut’s aus wie im Bärenarsch – spätestens mit dem Öffnen des Kühlschranks wird klar, dass man diesen Ort besser schnellstmöglich verlassen sollte. Doch die Bewohner stehen leider schon vor der Tür – und die Hetzjagd durch das wäldliche Grün ist eröffnet…

Eines der derzeit neusten Schlitzerfilmchen spielt endlich mal wieder im Dickicht von Bäumen und Sträuchern – und es vermag sogar tatsächlich zu unterhalten. Über den Rest mag man dann allerdings streiten – denn ich habe nicht den Eindruck, dass das Drehbuch in eine Badewanne mit Originalität getaucht wurde.

Note: 6/10. Das war das Erste was ich dachte, nachdem ich den DVD – Player ausgeschaltet hatte. Und im Grunde genommen ist der Stoff, den uns WRONG TURN präsentiert, so klassisch, dass ich auch nicht so recht weiß was ich hier noch neues schreiben könnte außer meiner Meinung, aber ähnliche habe ich bereits tausendfach bei anderen Beispielen zum Ausdruck gebracht.
In Springwood war es Freddy Krueger, in Haddonfield Michael Myers, in Woodsboro Mr. Ghostface, in Texas Leatherface and Family und in den Wäldern des Crystal Lakes war es halt Jason Voorhees, der den Teens und Twens Böses bescherte. In den Wäldern von Maryland war es die Hexe von Blair - und in den Wäldern von West Virginia (man sieht übrigens, dass dort nicht gedreht wurde) sind es jetzt also irgendwelche missgebildeten Kannibalen. Aha. Tja. Bin mal gespannt, was uns noch in den Wäldern von Montana, den Feldern von (ach nee, da waren ja schon die Kinder des Zorns… *g*) und den Wäldern von Nordkalifornien erwartet.
Man merkt, auf was es hinausläuft. Genau – alles schon mal gesehen.
Zunächst erschien mir die Story ein kleines bisschen bei TEXAS CHAINSAW MASSACRE stibitzt: eine Gruppe junger Leute in einer abgelegenen Gegend, die mit ihren Autos nicht mehr weiterkommen und auf der Suche nach Hilfe auf eine Behausung mit grausigen Bewohnern stoßen und von diesen dann auch noch gejagt werden. Aber na ja, erstmal weitergucken.

Tatsächlich beginnt der Film relativ altbacken. Die Anfangsszene hätten sie sich eigentlich sparen können, da sie weder in irgendeiner Form Spannung aufbaut und außerdem so klassisch und vorhersehbar runtergenudelt wird, dass es wirklich keinen Spaß macht, darüber hinaus ist sie viel zu kurz. Der einzige Sinn und Zweck: dem Zuschauer klar machen, dass schon vor den eigentlichen Hauptfiguren jemand in dieser Gegend umgebracht wurde. Toll. Hätt’ ich mir jetzt nicht denken können bei den ganzen Autos und Leichenteilen auf dem Grundstück von Familie Hinterwald. Auch dass die Gruppe sich (nach dem Crash) trennt und zwei der fast noch jugendlichen Häschen alleine an den Autos zurückgelassen werden, war ja mal wieder klar. Dass es verdammt gefährlich ist, in einem Horrorfilm zu zweit mitten im Wald rumzustehen und zu kiffen, wissen wir schon seit den 80ern. Die Bestätigung der blutig-bösen Vorahnungen, die man halt hegt, wenn man so jungem Gemüse bei seinem Treiben zuschaut, kommt dann auch nach wenigen Minuten in Gestalt eines annähernd humanen Wesens mit Stacheldrahtschlinge und Mordlust. Nun ja, die anderen kriegen davon nichts mehr mit, weil sie währenddessen das besagte Häuslein inspizieren und urplötzlich von einem vorfahrenden Abschleppwagen gestört werden, der den weißen Jeep der Sweeties im Gepäck hat. Und das, was da aussteigt, braucht man nur anzusehen, um den instinktiven Drang nach Flucht zu verspüren.
Doch langsam, langsam – denn mit der Szene im Haus wird es erstmals interessant. Tatsächlich kommt eine gewisse schummrige, zittrige Stimmung auf, wenn sich Chris und das andere Weib da unter dem Bett verstecken,
während die Kannibalen ihre Freundin zersägen (nein nein, keine Kettensäge… wäre ja wohl zu dreist gewesen…). Doch was nach ihrer Flucht aus dem Haus kommt, bietet zu wenig, um in der Top-Liga mitschwimmen zu können.

Der Rest des Films ist nämlich relativ simpel gestrickt: die Kannibalen-Ossis die aussehen als hätten sie die Beulenpest am Hals rennen natürlich hinter dem potentiellen Abendessen her. Es heißt fortan also: laufen, laufen, laufen. Wer stehen bleibt, Angst hat oder den Helden spielt hat verloren, ganz nach waschechter Slasher-Tradition. Wahrscheinlich spielt das Ganze an einem Freitag den 13., denn es ist relativ deutlich zu sehen, wie stark versucht wurde, den großen Vorbildern nachzueifern. Von den Morden, zu denen ich mich unten noch genauer äußere, über die Schocks bishin zu den teilweise leicht dämlich wirkenden Dialogen wird alles getreu der ‚Das-Rezept-hat-schon-tausendmal-funktioniert’ – Methode runtergekurbelt. Es ist ein ganz siegessicher durchkonzipiertes Spiel mit Schocks, Blut, Verfolgungsjagden und einem klassischen, soliden Orchesterscore. Sogar der alte Mann am Anfang, der seine Warnungen von wegen „Geh da nicht hin!“ ausspricht, ist vorhanden, fast schon eine 1:1 – Adaption aus den ersten FREITAG DER 13. – Teilen. Was man WRONG TURN aber lassen muss: die Inszenierung ist absolut tadellos, die Location ideal und er schafft es, trotz einiger Mängel durchgehend zu unterhalten, sodass es zumindest nicht langweilig wird.

Die Schauspieler sind teilweise gar nicht mal so namenlos in der Branche, doch die schon tausendmal gesehene, schwache Figurenzeichnung lässt ihnen keine Chance – keines der Gesichter brennt sich langfristig ins Gedächtnis ein. Das Niveau ist das, was man von einem solchen Film erwartet und enttäuscht in dieser Hinsicht nicht – doch mehr als die passable Mitte ist nicht drin.

Ganz anders bei den Morden. Für eine FSK 16 bekommt man verwundernswert krasse Kost aufgetischt. Nahaufnahmen der zersägten Leiche, der durch den Kopf des Sheriffs schnellende Pfeil (alles onscreen) und nicht zu vergessen der wunderschön innovative Kill in den Baumkronen, in denen der halbe Kopf auf der Axt liegen bleibt und der Rest des Körpers einfach abfällt (ebenfalls onscreen) – nur ein
Lauft schneller, sonst seit ihr Abendessen! paar Beispiele. Stan Winston für die Effekte zu verpflichten bedeutete, dass das Ergebnis so oder so nicht schlechter als „sehr gut“ ausfallen kann. Und tatsächlich sind die Mordszenen perfekt ausgearbeitet und das Make-up professionell aufgetragen, so wie sich das gehört. Der Bodycount bewegt sich mit 10 (soweit ich mich erinnern kann) in einem gesunden Mittelfeld. Einige Offscreen – Sachen werden durch zwei, drei sehr schöne Kills wieder rausgerissen. Die Morde können also sowohl quantitativ als auch qualitativ voll und ganz überzeugen.

Was bleibt zu sagen? Gute Mordszenen, einige gelungene Schockeffekte und die an sich coole Location reißen dieses Mal nicht die beknackten Dialoge und den arg vorhersehbaren Ablauf raus. An den Kinokassen schnitt der Streifen dann auch enttäuschend ab, was bei einem derart drögen Plot jedoch auch nicht weiter verwunderlich ist - eine Fortsetzung bleibt somit unwahrscheinlich. Da der Film technisch einwandfrei runtergekurbelt wurde, kann er sich im guten Durchschnittsbereich halten, ohne weiter abzurutschen – doch mehr ist bei einem solchen Drehbuch nicht drin.

Fazit: Für den Horror – Videoabend absolut okay und ebenfalls geeignet, um die Freundin zum Sich-an-den-Freund-klammern-und-kuscheln zu bringen, Leute die sich Hoffnungen auf neue Innovationen und große Spannungsbögen gemacht haben – vergesst es ganz, ganz schnell. Standart – Slasherkost ohne weiteren Anspruch und von einigen Horrorfans in meinen Augen klar überbewertet.

Details
Ähnliche Filme