Review

„Bad Boys“ war 1995 einer der größten Erfolge des Jerry Bruckheimer, umso erstaunlicher ist es, dass die Fans acht Jahre auf einen Nachfolger warten mussten. Die meisten standen dem fertigen Resultat recht zweifelnd gegenüber: Kann ein Hirnlos-Actioner tatsächlich weit über zwei Stunden unterhalten und ist die Synchronisation tatsächlich derart mies ausgefallen wie im Trailer? Und dann auch noch die Kürzungen für die deutsche Kinoauswertung, man durfte also durchaus kritisch an den Film herangehen.

Am Anfang scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten, als Smith und Lawrence in eine Ku-Klux-Klan-Versammlung hereinplatzen, weil dort eine Drogenübergabe vermutet wird. Die Nachteile eines solchen Films in deutscher Sprache werden gnadenlos offenbart, bei Sätzen wie „Tatü, tata, die Neger sind da!“ oder Ausdrücken wie „Hühnerficker“. Das Rumgepose der beiden kommt in der OV bestimmt cool, hier wirkt das nur peinlich.

Glücklicherweise kriegt „Bad Boys 2“ recht schnell die Kurve, spätestens nach einer halben Stunde macht das einen Riesenspaß, sei es aus dem Grund, dass man sich langsam an die merkwürdigen deutschen Stimmen gewöhnt oder dass die recht maue Story immer wieder durch geniale Humoreinlagen aufgewertet wird. Die Szene um die Kugel im Allerwertesten hat da noch den geringsten Lachfaktor, viel besser sind die imaginären Sitzungen bei einer Psychiaterin, der sich auflösende Pool und der Freund der Tochter, der sein erstes Rendezvous so schnell nicht vergessen wird.

Doch Vorsicht: Die Komik ist nicht auf zuckersüßem Hollywood-Standardniveau, sondern stellenweise echt derb, wofür „Bad Boys 2“ nicht selten heftigst kritisiert wurde. So werden schon mal Leichen überfahren bzw. nach Drogen durchwühlt oder müssen sich Witze über Silikonbrüste gefallen lassen. Ich habe dabei herzlich gelacht, denn endlich traut sich mal wieder ein Blockbuster ganz auf der Erwachsenen-Schiene zu fahren und serviert keine seichte Unterhaltungskost, sondern knallharte Action und Sprüche, wie sie von einem echten Cop niemals zu hören wären. Möglicherweise ist man so etwas in den heutigen Tagen, wo selbst scheinbar härtere Streifen ständig zu infantilen Witzen greifen, um die Gewalt abzumildern, nicht mehr gewohnt, was auch die vielen Vorwürfe der Gewaltverherrlichung gegenüber Bay/Bruckheimer erklärt. Übrigens ist die deutsche FSK 16 überraschend freizügig, noch vor ein paar Jahren wäre da viel mehr rausgeflogen.

Für Actionpuristen ist „Bad Boys 2“ mit Sicherheit der Film des Jahres, da können „Matrix Reloaded“ und „Terminator 3“ bei weitem nicht mithalten. Glücklicherweise verzichtet Bay fast völlig auf Computereffekte, sondern bietet Actionsequenzen der alten Schule auf, die Fans vollends zufrieden stellen werden, kritische Gemüter werden dagegen wie immer etwas an der Logik zu nörgeln haben, denn dass ein Ferrari einen Autotransporter nicht einholen kann, ist noch einer der geringsten Inhaltslücken.

Moralisch wäre der Film stark bedenklich, wäre er kein typischer Popcorn-Unterhalter, denn alle Bösewichter sind entweder Russen, Kubaner oder Jamaikaner und die Amis sind die Helden, die alles wieder regeln, was in der letzten halben Stunde derart ausgewalzt wird, dass jeder, der sein Gehirn an der Kinokasse nicht abgelegt hat, an die Decke geht. Der Schluss ist tatsächlich etwas zu lang geraten, sodass sich der totale Actionoverkill einstellt, der endgültig alle Logikfragen über den Haufen wirft und bloß noch daran interessiert ist, eine spektakuläre Explosion nach der anderen zu zeigen. Hier gilt genauso wie im restlichen Film: Den Fan wird’s freuen.

Neben der altbackenen Story ist der Bösewicht eine herbe Enttäuschung, da er in Sachen Kleidung, Wortwahl und Aussehen jedes Klischee eines kubanischen Drogenbosses erfüllt. Peter Stormare als Spitze des russischen Syndikats ist da ungleich ironischer und geht im Rahmen einer recht sinnlosen Harakiri-Aktion hops (nicht ohne vorher noch schnell einen Schluck Wodka genommen zu haben), womit die Russen auch ihr Fett weg bekommen.
Smith und Lawrence sind natürlich wieder toll in Form, schaffen es sowohl cool als auch humorvoll zu sein, außerdem stimmt die Chemie zwischen den beiden einfach. Joe Pantoliano ist als meckernder Polizeichef ebenfalls wieder mit dabei und kommt dabei absolut sympathisch rüber. Völlig blass bleibt dagegen Gabrielle Union, die man gegen jede dunkelhäutige Schönheit austauschen könnte.

Alles in allem kann man sich schon auf die DVD-Auswertung freuen, nicht einmal so sehr auf das bisschen mehr Gewalt, sondern vor allem auf den O-Ton, mit dem „Bad Boys 2“ gleich um ein paar Ecken cooler sein dürfte. Ich hab diesen Brainout-Popcornfilm dennoch genossen, der für Fans harter und spektakulärer Action endlich mal wieder genug Eye-Candy bietet, was den halbwegs denkenden Menschen halt trotzdem nicht davon abhält, unzählige Logikpatzer zu entdecken und insbesondere das total hanebüchene Finale noch einmal zu hinterfragen. Typisch Bay, typisch Bruckheimer – blöd, aber fast pausenlos unterhaltsam!

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