Sean Penn ist der Rebell Hollywoods. Er meidet den Glamour, ist ein kritisches Gemüt und lehnt sich gegen ungeschriebene Gesetze der Branche auf. Selbst bei großen Preisverleihungen gab es keine Garantie für seine Anwesenheit, auch wenn er nominiert war. Diese Veranstaltungen waren für ihn nie ein Plattform, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Es erweckte lange Zeit den Eindruck, als ob sein Image ein Hindernis für Auszeichnungen war und seine schauspielerischen Leistungen von der Jury diffamiert wurden.
Doch durch Clint Eastwoods Literaturverfilmung „Mystic River“ ergab sich erneut ein Anlass für eine Nominierung in der Kategorie bester Hauptdarsteller.
Das Ergebnis: Endlich, Penn erhielt unter Begleitung von tosendem Beifall den Preis, der ihm scheinbar jahrelang vorenthalten wurde.
Hinsichtlich der starken Konkurrenz in Form von Bill Murray (Lost in Translation) und Johnny Depp (Fluch der Karibik) ist die Frage, was der ausschlaggebende Grund dafür war, berechtigt.
War es die einzigartige Leistung oder die optimale Rahmenbedingung, die der Film geboten hat?? Die Antwortet lautet weder noch.
Was „Mystic River“, der insgesamt 6 Nominierungen, darunter bester Film, Hauptdarsteller sowie Regie verbuchen konnte, diesen Erfolg ermöglicht hat, ist schwer nachzuvollziehen.
Der Film basiert auf den gleichnamigen Roman von Dennis Lehane.
Die drei Jungs Jimmy, Sean und Dave sind schon seit jeher innige Freunde, die ihre Zeit zusammen verbringen. Doch als Dave von Opfer eines sexuellen Missbrauchs wird, trennen sich die Wege der Freunde abrupt auf unbestimmte Zeit.
Nur ein Schicksalsschlag führt die drei, inzwischen verheirateten, Männer wieder zusammen. Jimmy ( Sean Penn), der lange Zeit im Gefängnis saß und nun glücklich verheiratet ist sowie zwei Kinder hat, verliert seine geliebte Tochter, die Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Der Hauptverdächtige ist Dave (Tim Robbins), der immer noch aufgrund der Ereignisse in seiner Kindheit traumatisiert ist, inzwischen aber den nötigen Halt bei seiner Frau (Marcia Gay Harden) und seinem Sohn findet. Sean (Kevin Bacon), mittlerweile Polizist, führt die Ermittlungen.
Das dramatische Ereignis vereint die ehemaligen Freunde wieder, wobei die Beziehung zueinander verändert ist
Es wird dem Betrachter sehr schnell bewusst, was folgen wird. Eine Überraschung, die das Filmgeschehen entscheidend prägt, ist nicht gegeben. Wesentliche Dinge sind absehbar und das Übrige ist nicht von entscheidender Bedeutung.
Der Plot entwickelt sich schleppend, die Dramatik wird bis ins kleinste Detail übermittelt. Eastwood zielt auf das Mitgefühl der Betrachter. Trotzdem das Vorhaben teilweise gelingt, hätte dem Film mehr Dynamik nicht geschadet, zumal die Wahrnehmung der dramatischen Momente dadurch nicht gemildert wäre.
Ohne Zweifel, die Schauspieler bilden das Gerüst des Films. Alle drei Nominierungen, die diesen Bereich betreffen, sind nachvollziehbar.
Penn und Laura Linney mimen die verzweifelten Eltern, die den Mörder ihrer Tochter finden möchten, sehr eindrucksvoll.
Vor allem Penn vermittelt die innere Verzweiflung und den Hass, den er verspürt, sehr emotional. Ob die Leistung allerdings die Auszeichnung als bester Hauptdarsteller rechtfertigt, ist wegen der starken Konkurrenz fragwürdig.
An anderer Stelle hätte er den Oscar zweifelsohne verdient, aber dieser wird nicht für das Lebenswerk verliehen, sondern für die Leistung in dem jeweiligen Film. So muss man konstatieren, dass der Ausdruck von Verzweiflung seitens Murray, als der Gewinner verkündet wurde, durchaus nachvollziehbar ist.
Eine brillante Leistung ist Tim Robbins zu attestieren, wofür er auch zu Recht mit einem acamedy award für die beste Nebenrolle belohnt wurde. Er verkörpert die Figur des verstörten, introvertierten Dave in gewohnter Manier, sehr glaubwürdig. Derartige Rollen, so hat es den Anschein, können von keinem anderen besser gespielt werden.
Bacon erfüllt seinen Part als ermittelnder Cop, der sich immer zu den Freunden hingezogen fühlt, sehr solide.
Ebenso überzeugend agieren Marcia Gay Harden als die Ehefrau von Dave sowie Laurence Fishburne als Kollege von Sean.
Melancholie und die allgemein vorherrschende Trostlosigkeit wird auch visuell und akustisch vermittelt.
Die Bostoner Vorstadt wird sehr kühl und bedrückend dargestellt. Die Musik ist subtil auf die visuelle Darstellung abgestimmt, mit der Absicht nicht nur einen Hauch von der Dramatik zu konterkarieren.
Allgemein unterstützen beide Aspekte die Darstellung der tristen, trostlosen Situation.
Gemessen an seinen Ansprüchen ist „Mystic River“ dennoch keine filmische Offenbarung, vielmehr ein gewöhnliches Drama, das lediglich durch die schauspielerischen Leistungen aufgewertet wird. (6/10)