Review

Drachenmähnen seicht gemacht


„Raya & der letzte Drache“ gibt’s bei Disney+ für einen saftigen Aufschlag. Beim „Mulan“-Remake hat man sich letztes Jahr danach mehr als nur aufgeregt, da sich dort das Warten auf die Aufnahme ins reguläre Programm wesentlich mehr gelohnt hätte, das Ding keine 3€ Mehr wert gewesen wäre. Ist dieses neue exotische Abenteuer einer jungen Prinzessin den Aufpreis eher wert? Trauert man hier besonders um die momentan nicht denkbaren Kinoplätze? Oder reichen auch hier etwas Geduld und der kleinere Bildschirm von der Couch aus? Prinzessinnenmeisterwerk mit versöhnender Message oder lauwarmer Aufguss mit wenigen eigenen Ideen? „Raya & The Last Dragon“ erzählt von dem titelgebenden Mädchen, das sich auf den Weg durch ein verfeindetes Königreich macht, um einen legendären Drachen zu finden, der laut Mythos eine zerstörerische, dunkle Gefahr vertreiben soll...

Klingt erstmal wie eine Mischung aus „Mulan“, „Moana“ und den neuen Star Wars-Episoden mit klar (südost-)asiatischem Einschlag. Und wirklich viele eigene Kernfunken sucht man wirklich vergebens, die Geschichte ist nur ein Abgrasen verschiedener fiktiver Länder, fast könnte man Levels sagen, mit nur wenigen Abzweigungen und Boni. Aber die bekannten Komponenten kombiniert „Raya“ dermaßen packend und fließend, dass man oft genug aus dem Staunen kaum noch heraus kommt und diese Reise gerne mitnimmt. Die Optik samt fotorealistischer Umgebungen, feinster Mimik und großartigen Farben ist edel. Score und Soundtrack wummern videospielartig und asiatisch fast schon hypnotisierend und faszinierend. Die kulturellen sowie weiblichen Facetten und Schwerpunkte sind sehr erfrischend und unaufdringlich. Es gibt fabelhafte Sidekicks samt Synchronsprechern, fast schon zu viele um da welche herauszupicken (aber das Baby mit den drei Affen ist wohl mein Favorit). Die Action hat Wumms und Kinetik, die düsteren, emotionalen Facetten (von der Versteinerung und den etwas uninspiriert designten Druuns bis zu Verrat, Misstrauen und schnittigen Schwertkämpfen) treffen deutlich und sind für kleinere Kinder sicher herausfordernd, die Aussage zu Vertrauen, Versöhnung und Verzeihung ist fulminant, grundlegend, universell brauchbar. Man wünscht sich am Ende wirklich, dass unsere Welt und wir unbelehrbaren Menschen sich ebenso entwickeln könnten. Die Geschichte, der Weg an sich ist nur ein Einsammeln, Abhaken und Zeigen optischer Facetten und Finessen, das kann wie etwas wenig wirken. Aber das Gesamtpaket ist schon imposant genug und tut einfach gut. Auch daheim, allein, in extremer Ruhe und etwas von den letzten 12 Monaten zermürbt.

Fazit: „Raya & The Last Dragon“ sieht atemberaubend gut aus, klingt spektakulär exotisch, hat einige liebenswert-humorvolle Nebenfiguren, eine vorbildliche Heldin und vor allem einen zeitlosen, ehrenvollen, emotionalen Kern. Wäre das eigentliche Abenteuer und simple „Steinesammeln“ doch etwas... tiefergehender, origineller, eigener und kreativer. Dennoch: gut bis eventuell sehr gut allemal. 

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