Review

Gesamtbesprechung

Anfang August 2020 im Third Line-up von Television Broadcasts Limited (HK) regelmäßig wochentags 21:30h - 22.30h ausgestrahlte Action-/Crimedrama mit humoristischen Versatzstücken, produziert vom Routinier Lam Chi-wah und von u.a. Qian Ying-Zhi, Li Jian-He, Wong Chi-Wah und Yiu Tin-Tong gedreht. Nach einem Jahr in Post-Production wird das Projekt vor allem wegen seiner beiden Hauptdarstellern Vincent Wong und Owen Cheung, die währenddessen auch Legal Maverick 2 gedreht haben, als Schwergewicht in der Programmierung gesehen; ein dringend benötigter Publikumserfolg des (von den Netizens gerne mal als 'TVBully' verunglimpften) Senders TVB, welcher in den letzten Monaten zwar eher der Gewinner der grassierenden Covid19-Pandemie war, vorher und zwischendurch aber auch durch Pech verfolgt.

Neue Produktionen sind so zwar noch vorhanden, durch einen Backkatalog an bisher zurückgestellten, da ursprünglich als missliebig erachteten Serien wie dem spät ausgestrahlten Flying Tigers II oder auch den Airport Strikers gegeben, auch die nähere Zukunft dürfte noch gesichert sein, hat das eingeschränkte (Arbeits)Leben aber auch Auswirkungen auf die Film- und Fernsehindustrie selber und wurden hohe Einschaltquoten wie bei den Forensic Heroes IV durch aufwändige Nacharbeiten aufgrund Skandalen und Skandälchen beteiligter Darsteller(innen) erkauft und auch nur durch die Gunst der Stunde (der Lockdown vor Ort und der erhöhte Medienkonsum der Bevölkerung) erzielt. Zudem werden dem Sender seit längerem Qualitätsmängel vorgeworfen, ein Festhalten an sattsam bekannten Strukturen, ein geringer Ressourceneinsatz, was sich in der Nutzung stets gleicher Location darstellen soll – was man verneinen kann – und stets gleicher Schauspieler – was man durchaus bejahen muss, hier aber durchaus hilfreich ist:

Der eher erfolglose, in den USA in Vinton County, Ohio in einem Waisenhaus aufgewachsene Schauspieler William Cheung Sai-lun [ Vincent Wong ] wird von Rachael Koo Yan-yee [ Crystal Fung ], Senior Inspector der OCTB 'gebeten', sich wegen der früheren Bekanntschaft mit dem verstorbenen Triadensproß William Chiang Sai-lung als diesen auszugeben und sich als Oberhaupt der derzeit führungslosen Union Gang zu bewerben; sehr zur Freude seiner ahnungslosen 'Schwestern' Chiang Chin-Ha [ Winki Lai ], Chiang Chin-Wai [ Serene Lim ] und Chiang Chin-Yu [ Kelly Fu ]. Nicht so begeistert sind der aufbrausende Aspirant Crazy Chung Chi-Sam [ Tsui Wing ], der sich mitsamt seiner rechten Hand Sister Yiu Ching-Shui [ Angel Chiang ] schon als Triadenhäuptling gesehen hat, und Ko Bun [ Owen Cheung ], der seit bereits sechs Jahren im Auftrag von Deputy Commisioner Au Kin-Tak [ Cheung Kwok-Keung ] als Undercover in die Gang eingeschleust ist und nun keinen Neuling und dann noch einen Zivilisten an seiner Seite braucht. Auch der bislang die Aufsicht über die Operation innehabende Superintendent Szeto Shun [ Jack Hai ] fühlt sich durch den Vorstoß von Koo überrumpelt und torpediert die Mission bei allen Gelegenheiten, während Cheung Sai-lun in seiner neuen Rolle schnell an private Grenzen stößt. Nicht nur, dass er seine Erfahrung rein aus dem Konsum von Gangsterfilmen hat, auch fühlt er sich sowohl Racheal verpflichtet als auch der Lehrerin Cherry So Tsz-Sha [ Kathy Yuen ], die vorübergehend für ihren scheinbar kranken Vater Master Sun [ David Chiang ] und den derzeit inhaftierten Bruder So Chi-kin [ Otto Wong ] deren Unterabteilung in der Union Gang führen soll. Außerdem hat er Emotionen für die Schauspielerin Angel Chong Ming-lai [ Samantha Ko ], die noch allerdings mit dem schwerreichen Finanzmagnaten Victor Koo Wing-cheung [ Shek Sau ], dem Vater von Racheal verbandelt ist. Bald benötigt er auch einen Bodyguard, welcher in Form von Luk Chau [ Brian Chu ] auf und an seine Seite tritt, was die Undercovermission behindert.

Die Vermischung zwischen Sein und Schein und die Überschneidung zwischen Bildern, die man aus Kino und dem Fernsehen kennt und der hiesigen 'Realität' werden dabei schon im Vorspann angekündigt, welcher u. a. den Schauplatz von Schauspieler im Scheinwerfer und dem Kinosaal als Bühne dessen Lebens andeutet, sowie die Wiederholung ikonografischer Bilder bzw. das Spiel in leichter Veränderung damit. Außerdem wird der durchgehende Wechsel und die Vermengung verschiedener Genre angedeutet, Action in Form von auch auf der Tonspur abgefeuerten Schüssen plus einige Einstellungen aus noch kommenden Spektakelbildern, auch eine comigale Untermalung wird bereitgehalten, ähnlich wie zuvor bei Death by Zero, auch die Komödie selber, sowie das Triadensetting als Rahmen des Ganzen, was auch Gefahr vermitteln kann und damit das Drama hochhält. Und Küsse und damit Romanzen bekommt man auch als Highlights des noch Kommenden zu sehen. Das Titellied ist schwungvoll, aber generisch und kein Ohrwurm, der Vorspann (trotz elichter Veränderungen von Filmpostern von Stephen Chows King of Comedy, welcher teils eine ähnliche Prämisse nutzt und dessen blutiger Shootout dort im letzten Akt hier in Episode 3 imaginiert und so zitiert wird, oder auch dem A Better Tomorrow) auch kein Hingucker per se.

Gestartet wird mit einer Rückblende, nach einem Cliffhanger während einer Sitzung in der Unterwelt, in der anstatt dem 'rechtmäßigen' Vertreter der Organisation sich noch ein zweiter zur Wahl der Führung stellt; das Patt einer Konfrontation, wobei in einer längeren Ansprache an die Gefolgsleute des 'legitimen' Oberhauptes der Familie auch die Situation selber und einige der festen Figuren und ihre Funktion vorgestellt wird. Eine Einführung über die knappe verbale Rede, in der mit bekannten Gesichtern gearbeitet wird und die Lunte der Spannung sowie der personellen Nachvollziehbarkeit gelegt. Wie man dahin kommt, wird im "one month ago" geklärt und gezeigt; was danach passiert, geht ab mittig Episode 6 dann weiter (und das Ironische ist, im Grunde könnte nach einer fatalen Autobombe am Ende von Folge 28 die ganze Geschichte von vorne losgehen.)

Gestartet wird schon vorher also, mit drei Toten, den bisherigen Anführern der Union Gang, und damit dem Auslöser des ganzen Schlamassel und der ganzen Serie. Ein Aufhänger, der seit Jahr und Tag auch die Grundlage des kantonesischen Gangsterfilms bietet, der To be Number One - Kampf um die Macht etwa als Folge von unterschiedlichen Interessen oder als regelmäßig stattfindende Election, in der sich die Mobfather zur Wahl und dies nicht immer mit legalen Mitteln, sondern manchmal auch in einer Rebellion gegen bestehende Loyalitäten und Institutionen stellen. Hier trifft im Grunde alles zu, haben sich die Zeiten nur speziell für die (getöteten) Beteiligten geändert, ist die Geschichte für den erfahrenen Zuschauer aber gleich und auch gleich unterhaltsam, in der Durchmischung von Bekannten mit dem Unbekannten, oder auch der Möglichkeiten einer Serie, die in 30 Episoden vielmehr erzählen und addieren kann, als es einem Spielfilm in der Länge von vielleicht 2–3 Episoden möglich ist. Zudem wird hier die Polizei, die sonst meist nur Zuschauer des Ganzen oder höchstens korrupter Teilhaber ist, in einer wichtigeren Position als üblich gehalten und nimmt nicht nur gleich die Ermittlungen, sondern auch eigene Maßnahmen auf und ist zudem in Teilen ambivalent, d. h. mit durchaus korrupten Machenschaften und eigenen Intrigen verstrickt. Hilfreich für die Zuordnung und das Einfangen des Publikums ist auch, dass aufgrund des dreifachen Todesfalls, also des Mordes, auch die gesamte Situation a) neu für alle Anderen und nicht nur für den Betrachter ist, sondern dass b) auch zwei wichtige Personen für die Geschichte im Grunde hier ihren ersten Tag haben und so als gleichsam Unkundige und erst passive Beobachter und dann aktiv Mitwirkende und jederzeit Identifikation sind (und so problemlos in Folge 17 auch die vierte Wand hin zum Zuschauer durchbrochen und ebenso problemlos aus dem Spaß bald bitterer Ernst wird).

Zusätzlich dazu spielen gleich zwei Leute auch eine Rolle, was bei dem Einen zum schauspielerischen Handwerk dazu gehört, er in diese bestimmte Funktion hier erst hineinwachsen muss bzw. dieses Hineinwachsen erst noch gezeigt wird und noch in weiter Ferne ist. Während der andere bereits seit sechs Jahren dabei ist, dieses aber in seiner Funktion als Polizist bzw. als eingeschleuster Undercover tut und man das auch erst am Ende der ersten Folge und damit immer noch wesentlich eher als beim zweiten 'Maulwurf' erfährt. Der Undercoverplot als fester Bestandteil früher des einheimischen Kinos und mittlerweile auch fest des Fernsehens, sind im Grunde die letzten zehn Jahre alle wirklich prägnanten Serien mit einem oder gleich mehreren dieser Tarnungen bestückt und drehen sich ganze Sagen (die Emergency Unit - Reihe, die zu gleich zwei Turning Point - Kinoablegern führte, oder die Line Walker - Geschichte, die ebenso zwei Kinofilme hatte und auch seriell in ein Prequel und ein Sequel überging) um dieses Konstrukt, welches hier erneut, aber mit seinen erstaunlich wirksamen Varianten durchexerziert wird. Außerdem ist hier noch auffällig, dass man lange ohne ein Spektakel oder überhaupt Actionszenen auskommt und dennoch ein gewisses Level an später gar zunehmend Spannung, Drama, Bewegung und Entertainment problemlos aufbaut, und dass viele wichtige Konstellationen mit starken Frauen besetzt sind, trotz des Männermilieus, was auch verbal so bezeichnet wird, dürfen auch nur Söhne eine wichtige Position übernehmen und auch nur Söhne ihre Väter beerben, und Töchter eben nicht.

Folge 3 zeigt erstmals etwas 'Aufregung' innerhalb der Triaden, mit einer 'Entführung' auf offener Straße, die allerdings nur zum Schein und nur Schmierentheater ist, dreht sich die Folge doch vermehrt um die Ermöglichung der Grundidee, um das Überreden vom Schauspieler an der Annahme der freigewordenen Führungsposition in der Hak Sek Wui, wobei unabhängig voneinander gleich drei verschiedene Parteien daran arbeiten, da sie alle unabhängig voneinander am Erreichen dieses Schulterschlusses und zum Vorteil eigener Motive interessiert sind. Folge 4 wird es gar brenzlig, noch in der 'Lehre' des zivilen Undercover, der plötzlich im Safe House erst von einem Scharfschützen attackiert und dann von mehreren Gaunern quer durch das Gebäude und mit einer Verfolgungsjagd per Fluchtauto auch durch die Straßen außerhalb der Stadt gejagt wird; die Actionszene bis auf allzu deutlichen und somit auch schlechten Effekteinsatz beim Mündungsfeuer aus dem PC durchaus seinen Blick wert, aber nichts, was man in den tatsächlichen Action- und Polizeiserien des Senders so nicht auch gesehen hät'.

In Folge 5 ist man im Grunde immer noch in der Vorbereitung zur Operation "Shadow Warrior", hat man nun allerdings gleich zwei Kandidaten zur Wahl aufgestellt, seitens der Polizei, den Neuling und den bereits integrierten; eine durchaus famose Idee der Autoren, die auch lange genug um die ja eigentlich absurde Prämisse herumscharwenzelt haben und vor allem auch genug Beweggründe für das Mitmachen des Schauspielers bei dieser Charade überhaupt integriert. Der Darsteller selber, Vincent Wong, wirkt hierbei übrigens die meiste Zeit in seinem Verhalten eher auffällig bis nervig, es sei denn in der Triadenrolle, also stark gewinnend mit zunehmender Laufzeit, während sein 'Gegenüber' Owen Cheung anfangs ebenso fast zu blass und mit den graugefärbten Haaren auch oftmals wie aus der Kulisse, später aber deutlich integrierter wirkt. Schauplätze selber bleiben weiterhin erstaunlich klein gehalten und überschaubar, an Aufregungen geschieht ein geplanter Auffahrunfall mit einem Kipplaster und ansonsten nichts. Folge 6 dann stehen nach der offiziellen Einführung des 'verlorenen Sohn in die Familie gleich die ersten Sperenzien an, ein Farbanschlag auf eine der Mitstreiterin der Chiangs auf offener Straße und am helllichten Tag, plus eine Konfrontation durch eine überzählige gegnerische Gruppierung in der Nacht, in Folge 7 ein geplantes Kidnapping und das Anheuern eines Killers aus Thailand, ist das Leben von nun an in die Unterwelt, eine Gangland Odyssee und so auch dessen Methoden angelegt. Folge 8 (und bspw. auch Folge 28) hat kurz vor der entscheidenden Wahl gleich drei Attentate, ein echtes, ein vorgetäuscht geplantes und ein ebenso vorgetäuscht 'vollzogenes', letztes per Scharfschütze auf offener Straße, und hat dabei auch zwei körperliche Auseinandersetzungen zu bieten, die tatsächlich das Talent eines Choreografen erkennen lassen und sowas wie die alte Schule des Hongkonger Martial Arts Wesens.

"A mole among us is a mole too many" heißt es zu Beginn von Folge 13, nachdem da schon mehrere Schwierigkeiten vor der Wahl überhaupt aufgetreten und mehrere Stolpersteine aus dem Weg schon geräumt und Klippen und Wendungen umschifft sind; mittlerweile sind Freundschaften geschlossen und Feindschaften verfestigt, die Polizei und ein Teil ihrer Führung vor allem nicht besser als die Triaden und aufgrund ihrer eigentlichen Stellung, Aufgabe und Vorbildposition sogar schlechter. Eine Hetzjagd auf einen der Infiltrierten beginnt, eine Messerattacke im engen Häuserflur von vielen Seiten plus einer Verfolgung des Flüchtenden per Motorrad und mehreren hinterher eilenden Karosserien. Folgend bekommt auch der zweite Undercover ordentlich Dresche auf nächtlicher Straße, allerdings eher deswegen, weil er da noch der Schauspieler in der ungewohnten Rolle ist, mit zunehmender Gefahr aber mit der Rolle vereint wird und zunehmend die Normalität und das Spiel mit der Realität vergisst und den Schein mit dem Sein vermischt. Doch was ist wahr, und was nicht?

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