Man schreibt das Jahr 10191 (n. G.). Die Menschheit hat sich über diverse Planetensysteme verteilt und ist in Häusern in einer Art feudalem System organisiert. Wichtigster Rohstoff im Universum ist das Spice, eine bewusstseinserweiternde Substanz, die den interstellaren Raumflug möglich macht und auch aufgrund anderer Eigenschaften heiß begehrt ist. Der Imperator Shaddam IV. überträgt nun dem Haus Atreides die Aufsicht über den Abbau des Spice auf dem Planeten Arrakis, und vertreibt damit das Haus Harkonnen, welches die letzten 80 Jahre auf Arrakis geherrscht hat.
Eine kurze Zusammenfassung des komplexen Stoffs gestaltet sich schwierig, was der ausufernden literarischen Vorlage geschuldet ist. Auf knapp 800 Seiten ersann Autor Frank Herbert ein ganzes System aus wirtschaftlichen, politischen, religiösen und ökologischen Komponenten, detailliert und durchdacht niedergeschrieben. Daraus einen Film zu fertigen, dem nahm sich hier Regisseur Denis Villeneuve an. Die Komplexität des Werks nicht außer Acht lassend, entschied man sich dazu, das erste Buch in zwei Teilen zu verfilmen.
Und sehen lassen kann sich dieser erste Teil. Optisch ist Villeneuve ein eindrucksvoller Bilderbogen gelungen, fast schon überstilisiert mit diversen Einflüssen in der Gestaltung der Welten, der Raumschiffe und der Architektur. Man kann erschlagen werden von der Präsentation, die in so vielen Bildern beeindruckt, wie es auch schon bei Villeneuves „Blade Runner 2049“ (2017) war. Dennoch wirkt das Design mitunter kalt und anorganisch, was aber letztlich ins Bild passt. Man bemüht sich um Funktionalität, insbesondere auf Arrakis. Die Gegensätze der einzelnen Welten mit ihren konkurrierenden Häusern oder Einrichtungen sind hier stimmig ausgearbeitet. Dabei ist „Dune“ oft ziemlich finster, gerade in Innenräumen kann man die Ausleuchtung dezent nennen. Aufnahmen mit Gegenlicht tun ihr Übriges, im Gesamten harmonisiert die Bildersprache hierdurch jedoch mit der vorherrschenden Stimmung und machen das Werk (gerade auf der großen Leinwand) zu einem Erlebnis für die Augen.
Bei der Besetzung gibt es keine Ausfälle zu vermelden. Meine bei Bekanntgabe herrschende Skepsis bezüglich der Besetzung Timothée Chalamets als Paul Atreides war größtenteils unbegründet, er findet sich gut in die Rolle ein und transportiert die schon hier im ersten Teil beginnende Wandlung. Auch der Rest vom Cast ist passend gewählt. Als Mutter macht Rebecca Ferguson eine gute Figur, gleiches gilt für Oscar Isaac als Herzog Leto Atreides. Mit Josh Brolin, Jason Momoa, Dave Bautista und Stellan Skarsgard gibt es in weiteren Rollen bekannte Gesichter, viele von Ihnen sind jedoch nur in wenigen Szenen zu bewundern. Doch wenn, dann überzeugen sie.
Hans Zimmer steuert einen lauten, mit einem dennoch memorablen Thema ausgestatteten Soundtrack bei. Selbst ein Fan der Dune-Reihe, verzichtete er auf die musikalische Untermalung von Christopher Nolans „Tenet“, um hier mitwirken zu können. Eine gute Entscheidung und neben den vielleicht etwas zu prominent eingesetzten Ausrufen liefert er auch immer wieder atmosphärische Melodieteppiche, welche die endlos scheinende Wüste zu überfliegen scheinen.
Etwas Kritik gibt es bei all den positiven Aspekten aber dennoch zu vermelden. Denn Villeneuves Fassung ist über weite Strecken recht kühl geraten. Nun ist die Vorlage auch nicht gerade ein gefühlsduseliges Werk. Doch hat dieses den Vorteil der ausufernden Erklärungen, um die Figuren an den Leser zu binden. Diese Zeit hat der Film trotz seiner Überlänge nicht und so bleibt immer etwas Distanz zu den Charakteren, wobei Paul als Hauptfigur dem Publikum dann doch etwas näher gebracht wird. Die Beziehung zwischen Jessica und Leto, ihre im Buch greifbare Zuneigung und Liebe, dies transportiert der Film nicht in ausreichender Tiefe.
Viel Raum nimmt in Frank Herberts Roman auch die Gedankenwelt der Charaktere ein. Was in David Lynchs Version aus dem Jahr 1984 durch ein Voiceover in den Film integriert wurde, das fehlt in der Neuauflage. Und ist Film in erster Linie auch ein visuelles Medium, so geht durch das Weglassen dieser inneren Monologe etwas verloren, das die Tiefe des Buchs ausmachte. Auch werden viele Aspekte, sei es Religion oder Geschichte, wenn überhaupt nur angerissen.
Das ist vielleicht der Fluch des (in meinem Fall begeisterten) Lesers der Vorlage(n) und ist sicherlich auch der begrenzten Laufzeit geschuldet. Irgendwas fehlt eben immer. Wie zum Beispiel auch einiges an Erklärung. Als Kenner der Vorlage kann man sich vieles zusammenreimen, aber es werden beispielsweise weder Butlers Djihad und die daraus folgenden Konsequenzen erwähnt, noch was es mit den Mentaten auf sich hat. Passend dazu wird Thufir Hawat kaum charakterisiert. Bedenkt man die Breite des Weltenschaffung in Herberts Werk, wirkt die Filmversion schon nahezu oberflächlich. Als Film an sich funktioniert das allerdings trotzdem sehr gut. Denn erzählt dieser erste Teil des ersten Buches auch nicht besonders viel, so baut er doch eine Menge auf. Er müht sich um Exposition, bleibt aber letztlich nur ein Ausschnitt. Audiovisuell ist „Dune“ überwältigend, schwelgerisch, anmutig und beeindruckend. Nicht alle Effekte überzeugen vollends (Stadtansichten von Arrakeen), in der Summe sind sie aber gelungen. Doch vernachlässigt der Film manche Stärke der Vorlage; den Inhalt, die erschaffene und so facettenreiche Welt, die Figuren und ihre inneren Konflikte.
Dennoch liefert Villeneuve eine optisch sehr ansprechende und trotz seiner Laufzeit kurzweilige Inszenierung des Mammutwerks ab. Dabei trifft er den Ton der Vorlage im Gesamten und das ist letztlich wichtiger, als jedes Detail davon in den Film einfließen zu lassen – auch wenn mir manches fehlt. Ein sehenswertes, wenn auch komprimiertes Sci-Fi-Epos.