Kaum ein anderer Kinder- bzw. Animationsfilm hat für grössere Publikumszahlen als „Findet Nemo“ gesorgt. Er ist erfolgreichster Animationsfilm überhaupt, der kleine Nemo wurde zum Kult, in den Tierhandlungen gingen Clownfische weg wie warme Semmeln und Klospülungen wurden als „Weg zur Freiheit“ missbraucht. Aber die Geschichte kennen ja die meisten...
Hat denn das Unterwasser-Abenteuer von Pixar wirklich solche Annerkennung, ja sogar einen Oscar verdient? Oder wurde wieder mal alles bis ins Masslose übertrieben, nur wegen der Werbung? Ich will es gleich vorwegnehmen. Erste Frage: Ja. Zweite Frage: Nein.
Bevor ich aber in ein Loblied einstimme, zuerst mal der erste und letzte Kritikpunkt an dem Film: Die Story, Wenn man die Geschichte allein betrachtet, hat man durchaus das Gefühl, dass ein Bilderbuch Vorlage für den Film gedient habe, denn die Story ist so flach wie ein Pizza ohne Belag. Eigentlich könnte man die Geschichte in drei Sätzen zusammenfassen und man wüsste genau, worum sich der Film dreht: Vater verliert Sohn – Vater sucht Sohn – Vater findet Sohn.
Warum funktioniert der Film trotzdem? Weil das Obige, wie eingangs schon erwähnt, der einzige Kritikpunkt ist. Denn etliche andere Aspekte im Film belegen die Pizza mit ihrem Belag und machen sie schmackhafter als eine, frisch vom Italiener.
Denn Nemo ist viel mehr als ein seichter Kinderfilm. Natürlich, der Niedlichkeitsfaktor ist bekannt und schreckt sicher viele vom Film ab. Doch mal ehrlich, was ist an Bruce dem Weißen Hai oder dem Leuchtfisch in der dunklen Schlucht süss? Nicht wirklich viel und so kann ich auch den andern Charakteren nicht mehr als die Einstufung „sympathisch“ geben. Aber das sind die bunten Fische wirklich. Liebevoll bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und echt. Jeder von ihnen. Und genau das ist es, was für mich bei dem Film den Reiz ausmacht. In diesem Aspekt lässt Findet Nemo nicht nur alle Animationsfilme hinter sich, sondern auch etliche reale.
Humor darf bei einem Pixar-Film schließlich auch nicht fehlen. Die Witze sind gut, allesamt am richtigen Zeitpunkt gesetzt und nie kriegt man das Gefühl, das zu viel rumgeblödelt wird. Mit Dorie wurde ein Charakter geschaffen, den man nicht so schnell vergisst und auch die Haie sind zum Schiessen. Im vergleich zur „Monster AG“ aber sind die Witze etwas weniger geworden, was nicht heisst, dass das schlecht ist. Ganz im Gegenteil, hier macht’s der Mix aus. Ernstere Szenen sind mehr geworden, gegen Schluss gab’s ein nettes Gespräch zwischen Dorie und Marlin, welches wirklich sehr überzeugend und ernst gemacht ist.
Die deutsche Synchro ist sicher ein Thema, bei dem sich wieder mal die Geister scheiden. Ich persönlich fand sie mehr als gelungen. Natürlich, da gibt es Leute, die wegen Erkan und Stefan als Hammer und Hart meckern, aber schlimm ist’s nun wirklich nicht und in meinen Augen passen die beiden gut zu ihren Rolle. Anke Engelke macht ihren Job auch überraschend gut und verleiht Dorie einen ganz besonderen Charme. So wie alle anderen Synchronsprecher auch. Nachdem ich den Film im Original gesehen hab, muss ich fast sagen, dass die deutsche Fassung mit besseren Sprechern ausgestattet wurde, als die englische.
Zur Animation gibt es ein Zauberwort: Pixar! Wen Sulleys Fell schon begeistert hat, hört bei „Findet Nemo“ schnell auf mit dem Staunen von Bauklötzen, denn hier ist alles schon real. Noch nie wurde Wasser so täuschend echt und überzeugend animiert.
Unausweichlich in einem Disney Film, wird den Zuschauern natürlich ein Happy End und eine „Moral von der Geschicht“ präsentiert, dies ist aber nicht ganz so emotional ausgefallen, wie ich es erwartet hatte, so ist auch das Ende erträglich bis gut und der Film endet, während man einfach nur zufrieden ist.
Fazit: Findet Nemo ist ein Familienfilm der Extraklasse. Man könnte beinahe sagen, der einzige Film, der den Titel „Familienfilm“ wirklich verdient hat, denn nur hier werden Menschen von 6-100 Jahre angesprochen, ohne dass es jemandem langweilig werden könnte und die dünne Story wird dank den liebevollen Details schnell vergessen. Klar, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und ich bin einer von denen, die diesen Film einfach lieben. Ich kann auch nicht versprechen, dass der Film allen Erwachsenen bzw. denen, die sich für solche halten, gefällt. Trotzdem sollte jeder diesem Film eine Chance geben, und nicht nur einfach auf die bunte Optik sehen, ihn als Babyfilm abstempeln und ihm dann den Rücken zukehren. 9 Punkte von 10 hat Nemo verdient.