"Today, Hong Kong directors have more room to go to the mainland to shoot films and develop their careers. Over the years, it seems that the attention paid to Hong Kong films has decreased. I still remember the era of film shooting, which was the best era of Hong Kong films. Directors used film to pursue their ideals and give full play to their creativity and talent. This scene is nostalgic. In the face of the end or decline of the film era, I invited several directors who have also experienced it to use film to once again depict those beautiful years."
~ Johnnie To
Septet als Anthologie sieben bekannter bis gerühmter und berühmter Filmemacher fühlt sich im Nachhinein und eigentlich auch zur Entstehungszeit schon (die übrigens bereits 2014 war) an wie ein Schwanengesang, wie der letzte Vorhang, das Hongkong-Kino krampft noch einmal auf, fällt dann in sich zusammen. Einige der hier Beteiligten sind nunmehr bereits verstorben, andere schwer krank, einige hatten Projekte in der Pipeline, die sich nicht verwirklicht haben, andere hadern mit dem Beruf an sich oder sind bereits im Ruhestand, einige auch in die Volksrepublik China abgewandert, angesichts der politischen Situation, die sich auch in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, im Konsum und im Geschmack des Publikums widerspiegelt. Hier zuweilen noch einmal ein letztes Aufraffen, sieben Kurzfilme, jede(r) mit einer Spezialität des Könnens, eine Arbeit so wertvoll wie die andere, und sei es nur historisch gesehen.
Viel auf Festivals ist man gelaufen, größere Firmen haben sich zusammengetan, das Projekt unter 'Aufsicht' von Johnnie To auf den Wegen zu bringen, allseits renommierte Namen, aus glorreichen Zeiten, aus den sogenannten guten alten Tagen. "The Story of Hong Kong" wird hier erzählt, aus der Sicht jedes einzelnen Beteiligten, eröffnet wird mit Sammo Hung, der in seine Kindheit zurückblickt, in sein Training bereits im frühestens Alter, zusammen mit den Kameraden, einer seiner Söhne, Timmy Hung spielt den Meister, es wird in der Familie gehalten, es ist eine persönliche Erzählung, ein Rückblick, eine Erinnerung, an entfernte Zeiten. Behutsam wird das gehalten, eine Lektion und eine Lehre, eine Ausbildung, die das ganze Leben bestimmt, etwas, dass auch Kameraden wie Jackie Chan und Yuen Biao mit einschließt; Chan hat zuletzt geäußert, dass er nicht aufhören kann, auch wenn er selber weiß, dass sein Höhepunkt längst vorbei ist, es wurde ihm so beigebracht, er ist darauf fixiert, es ist seine Existenz. In Panda Plan (2024) kam der Ausspruch, die Offenbarung, die Erklärung auch für Misserfolge in der Karriere und das dennoch Weitermachen; es ist wie ein Zwang, für ihn wie Adrenalin, der Ruf nach 'Action!'. Das Training ist sichtlich anstrengend, Handstand wird geübt, stundenlang, und man hat zwischendurch schon geschummelt, die Körper sind fast durchgebogen, in unnatürlicher Weise gestreckt, es tut beim Zusehen fast weh. Der Meister ist wie der Vater, der Lehrer, der Trainer, der Erzieher, er ist Ein und Alles für die Kinder, es ist fast ein Wunder, dass man für den Film noch genügend Darsteller mit dem Können hier gefunden hat, damals wurde für den Kampfsportfilm mit praktiziert, heute ist der im Grunde ausgestorben, einzelne Ausnahmen bestätigen die Regel nur. Hung Senior hat es seinen Söhnen auch beigebracht, das Kämpfen vor der Kamera, manchen mehr, anderen weniger, sie hatten allesamt nicht soviel Erfolg wie er, die Zeiten nicht mehr so günstig, teilweise vorbei gewesen, zudem hat er sich selber inszeniert und als Regisseur eingesetzt, das ist bei den Sprösslingen nicht der Fall, sie sind dennoch mehr oder minder im Filmgeschäft. Der Film als eine Abfolge von Übungen, grazil gehalten, akrobatisch, körperliches Können, physische Präsenz, die Kamera agil, die Kamera präsent, "Exercise" nennt sich das Kapitel, existenziell hier die kleinsten Details.
Ann Hui als einzige Filmemacherin ist für die nächste Zeichnung dran, Frau Hui hat kurz hiervor auch einige aktuelle Aufmerksamkeiten, danach wurde es etwas ruhiger, sie ist seit den späten Siebziger dabei, auch in der sogenannten Männerdomäne filmend, dann die eigenen Projekte verwirklichend. Eine Jahreszahl der Handlung wird hier anders als wie zuvor eingespielt, 1961 ist die Geschichte, ein älterer Mann in Augenschein genommen, hoch konzentriert trotz der Schwüle und der Hitze, auch ein Lehrer, an einer normalen Grundschule, die Stadt lebendiger hier, mehr Schauplätze, wenn auch bloß in der Andeutung, in kurzen Blicken festgehalten, im kleinen Rahmen. Francis Ng spielt den "Headmaster", die direkte Übersetzung lautet "Principal", er ist der Schulleiter, der Rektor, es wird leichter Humor mit eingewebt, trotzdem eine Strenge, die Kindheit ein ständiges Lernen, eine Unterstützung auch der anderen Lehrpersonen, gespielt von Sire Ma Choi, eine Person eher unbekannter Natur, hier wirksam durch die Natürlichkeit, die sie versprüht, sie gibt den Englischunterricht. Sie hilft den Kindern, alle wissen das noch nicht zu schätzen, andere umso mehr, auch hier wird für das Leben, nur auf eine andere Art und Weise, in der Bildung gelernt, es herrscht mehr Zeitkolorit, die Dekoration arbeitet mit, drei Kinder werden vor die Wahl gestellt. Es geht um die Zusammenarbeit zwischen den Erwachsenen und den Heranwachsenden, um die Stunden in der Schule und die danach, ein großer Unterschied zuweilen, auch die Kollegenschaft wird in Augenschein genommen, der Zusammenhalt, dazwischen Blicke aus der Lehranstalt heraus, Blicke in die Personen hinein, durch Kleinigkeiten; dann ein plötzlicher Zeitsprung, eine lange Veränderung, eine Geburtstagsfeier, das Dasein ging voran, auch hier steht die Erinnerung im Vordergrund, werden alte Fotos herumgezeigt, ein Zusammenhalt noch vier Dekaden später, ein Klassentreffen, man hat sich nicht aus den Augen verloren, die gemeinsame Zeit hat alle geprägt, sie hat gleichzeitig mit Trauer, mit Hoffnung und mit Träumen geprägt.
In "Tender is the Night" geht es um eine Trennung wider Willen, es geht um eine Emigration nach England in den Achtzigern, die von der Familie veranlasst ist, die Tochter muss mit, ob sie will oder nicht, ob ihr Freund und die große Liebe will oder nicht. Ein Abschied für immer bahnt sich an, ein schweres Treffen, nichts, was man will, man will nicht Abschied nehmen, es fällt schwer, es ist die erste große Liebe, die gibt es nur einmal, sie lässt sich nicht wiederholen, ein Streitgespräch auch, er vermeidet Treffen mit ihr, als Vorsichtsmaßnahme, es ist auch einfacher zu gehen, als zu bleiben, das ist bekannt, man ist nicht der Zurückgelassene, es entsteht ein Loch im Herzen, in der Seele, es fehlt etwas im Leben, jetzt schon, vor dem Abschied, vor dem Gehen. Eine Liebesgeschichte, die mit dem Schmerzhaften anfängt, die von den Gefühlen zueinander erzählt, wirksam gespielt, die Einsamkeit und die Zweisamkeit spielend; sie hat ihn zum ersten Mal nach Hause eingeladen, als Abschied, um ihm ihren Raum zu zeigen, ihr Zuhause, es ist mehr als ein Streitgespräch, beiden ist nicht nach Frohlocken zumute; bei ihm herrscht noch ein Fünkchen Hoffnung, ein Glimmern, dass sie doch noch bleibt, ein Hinauszögern der Zeit, sie versucht es ihm leichter zu machen, kann es aber trotzdem nicht, die Gefühle sind zu stark, auf beiden Seiten, Blicke reichen, um das auszudrücken, ein angespieltes Musikstück, zum Herzzerreißen, früher ein Geschenk, jetzt nur Tränen auslösend und ein Schweigen, eine Kurzschlussreaktion auch, ein letztes Festhalten, eine überschwängliche und bittere Emotionalität und Sentimentalität. Die Stadt wird hier durchfahren, Polizei- und Krankenwagen dröhnen, eine Geschichte von Patrick Tam; welcher vor allem in den Achtzigern das lokale Kino entscheidet vorangebracht hat, sich dann recht zurückgezogen, aus welchen Gründen auch immer, vielleicht Liebe ist kälter als der Tod, oder auch - lieben, ohne zu fordern.
Das Segment Nummer 4 ist von Yuen Wo-Ping, welcher anschließend noch aktiv war und es ist, es spielt 1997, es beschäftigt sich mit Yuen Wah, der als Witwer lebt und seine Kampfkunst weiter zu Filmen mit Kwan Tak-Hing im Fernsehen übt. Die Kraft lässt nach, das Alter eben, auch hier steht eine Immigration an, diesmal an Kanada, die Leute verlassen das Land, wenn sie können; der ältere Mann bekommt nun eine Verwandte aufgedrückt, seine Enkelin, mittlerweile selber fast erwachsen, zwei verschiedene Generationen, unterschiedlich aufgewachsen, unterschiedlich erzogen. Sie folgt den Eltern, wenn die Schulausbildung abgeschlossen ist, schon die Ernährung beider ist vollkommen anders, sie wurde westlich groß, er fernöstlich. Er ist gut mit Ratschlägen, zu gut für sie, dafür hilft er in der Not, sie wird auf der Straße von drei Rowdys belästigt, er schreitet ein, wie Wong Fei-Hong im Fernsehen, hier nur in Farbe und nicht ganz so grazil, er schafft das Trio, verletzt sich aber selber dabei, das Alter halt. Beide unterstützen sich, beide bringen sich etwas bei, sie lernen voneinander, sie ergänzen sich gegenseitig, sie machen beide Fortschritte, die Geschichte meist in der Wohnung gehalten, eine kleine Butze, sie reicht eigentlich nur für einen, nun reicht sie für zwei Personen, die sich schon wieder trennen müssen, bevor sie sich richtig kennenlernen, der Großvater und das Mädchen. Für Yuen ungewohnt leise Töne, viel Tradition und Erinnerung, mehr Persönlichkeit, als sonst in seinen Filmen durchscheint, kein Drama aus seiner Machart bekannt sonst; nur das Kung-Fu selber weist auf ihn zurück, hier aber eine Geschichte mal mit Happy End, "Homecoming" der Titel, Heimat ist da, wo das Herz zu Hause ist.
Nummer 5 ist in der 'Gegenwart' gesetzt, es geht um Aktiengeschäfte, um Börsenhandel, um Rendite und Profite, um Verluste und Gewinne, die Gesellschaft hier hektisch, viel Trubel, viel Risiken, es geht um Zögern und Warten, ums Spekulieren. Man ist sich uneins, der Kurs steigt und der Kurs fällt, alles binnen Minuten, einer ist dafür, zwei haben Sorgen und Ängste, im Millennium spielt die Geschichte, in der SARS-Pandemie, man sieht die Nachrichten, sie erinnern gravierend an die Ängste während COVID-19, quasi die gleichen Bilder – der Film selber wurde auch durch die Lockdowns verschoben, zusätzlich zu der Verzögerung sowieso, die Kunst spiegelt die Gesellschaft wider, der Schein das Sein, wenn auch im Zufall bloß –, wieder wird zusammen gesessen, diesmal aber ohne Menschen um sich herum, die Leute haben Angst voreinander, die Quarantäne löst eine Finanz-, Sozial-, Wirtschafts-, Wohnkrise aus, die Obdachlosigkeit und Arbeitslosigkeit steigt. Ein Blick in die Jahre später zeigt, dass es auch anders geht, eine Talfahrt, eine Bergfahrt, nach Regen folgt Sonnenschein, man kann nur in der Gegenwart leben, nicht in die Zukunft schauen, mal hat man Glück, mal Pech, mal Chancen vermasselt, mal war das Schicksal hold; hier eine Zusammenfassung vieler Jahre, "Bonanza" die Geschichte, selber von Johnnie To. Sie ist sehr dialoglastig, sie dreht sich etwas im Kreise, sie hat eine Aussage, sie ist mit die Aufwändigste in den Film, allein durch das sich ständig verändernde Setup (des Restaurants), sie bleibt abseits der realen Bilder aber seltsam kühl und ohne Funktion, wie dessen Life Without Principle (2011) als Kurzfassung.
Ringo Lam drehte den vorletzten Teil, Lam ist 2018 überraschend gestorben, er dürfte im Westen mit am bekanntesten unter den Filmemachern sein, allein durch die Werke mit Chow Yun-Fat oder in Hollywood die mit Van Damme; er kam zurück nach HK und machte dort weiter, womit er bekannt wurde, mit Actionthrillern, dann eingangs besser, dann schlechter aufgenommen wurden. Er hatte noch weitere Projekte vor, u. a. mit Simon Yam, der hier die Hauptrolle spielt, mitten in der Bevölkerung, alles hat sich verändert für den älteren Mann, er erkennt seine eigene Stadt nicht wieder, er ist verloren, manche sprechen Mandarin mit ihm, andere auf Englisch, alles ist neu, die Stadt im für ihn unbekannten Fortschritt, die Erinnerung verblichen und täuschend, er versucht sich zu orientieren, alte Fotos werden eingespeist, Bilder von früher, Gebäude, die so nicht mehr existieren, die woanders gebaut wurden oder gleich abgerissen, demoliert, nichts bleibt gleich, die Regeln ändern sich. Eine Forderung, eine Überforderung, die Frau telefoniert mit ihm, sie versucht ihn zu lotsen, sie stehen eigentlich genau nebeneinander und sind trotzdem weit entfernt, ein Tagebuch bleibt noch über, auch hier in Generationenkonflikt, ein Traum von damals, die Veränderung ist entscheidend und einschneidend, die Kinder sind nicht wie die Eltern und umgekehrt; auch hier eine Arbeit, die mehr vom Schauspiel und den Umständen lebt, der Persönlichkeit des Regisseurs, dem Drama dahinter, den musikalischen Weisen, die insgesamt auf erstaunlich hohen Niveau sind, dem Miteinander gestandener und unbekannter Darsteller, es geht um das Glücklichsein und das Genießen kleiner Momente, "Astray" der Titel der Realisierung, vor dem Abschluss von Tsui Hark, welcher den Übergang eigentlich mit am besten geschafft und sich auch in der VRC als Blockbuster-Regisseur bewährt hat.
In einem Hospital spielt das Geschehen, ein Frage-Antwort-Spiel, zwischen Arzt und Patient und umgekehrt, eine Diskussion, in klinisch reiner Umgebung, zwischen Cheung Tat-Ming und Emotion Cheung, zwei Nebendarsteller eigentlich, hier in der Hauptrolle, in der führenden Position, in einer Session, die Hin und Her geht, die Referenzen aufführt, über die Filmemacher teilweise, die die vorherigen Segmente gedreht haben, es werden Ann Hui und Johnnie To und Ringo Lam erwähnt, das Geschehen wird beobachtet durch einen (scheinbar) einseitigen Spiegel, auch dort werden die Darsteller mit Namen für das Publikum vorgestellt, der Rest ist eher philosophisch bis surreal bis auf die Metaebene gehievt gehalten, es werden Rollen vertauscht, ein psychologisches Spiel, es geht um den Film selber, es wird die vierte Wand durchbrochen, die Realität zeigt ihr Gesicht, "Conversation in Depths", eine ganze Stadt auf der Suche nach der eigenen Identität.