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Staffel 1

Die Umsätze und Reichweiten von Printmedien sind überall rückläufig, was auch für den spanischen El Observador National gilt - dennoch hält der spanische Medienkonzern Malvar an seiner gedruckten Ausgabe weiterhin fest, was vor allem dessen Vorsitzenden Victor Genovés (Luis Tosar) zu verdanken ist. Der zielstrebige Endvierziger, kürzlich testamentarisch von dessen verstorbenen Besitzer überraschend zum CEO des Konzerns ernannt, hat ethische Prinzipien und legt großen Wert auf eine unabhängige, kritische Zeitung. Da passt es sehr gut ins Bild, daß die junge Journalistin Mónica Báez (Marta Belmonte) mit einer investigativen Story über die Verstrickungen einer großen spanischen Bank in den syrischen Bürgerkrieg gerade Schlagzeilen macht - obwohl genau diese Bank nicht unerhebliche Anteile an jener Mediengruppe hält, die auch den Observador herausgibt. Trotz dieses Konflikts hält Genovés zu seiner Journalistin, und die Reaktion der daraufhin auch von der Öffentlichkeit stark angegriffenen Bank fällt durchweg defensiv aus - ein Erfolg für das Blatt, dessen Redaktion und die Journalistin, auf die der privat mit Sorgerechtsstreitigkeiten kämpfende CEO allerdings ein Auge geworfen hat.
Gleichzeitig erhält Genovés dann allerdings ein Erpresserschreiben, das ihn um 50 Millionen Euro erleichtern will - zahlbar wenn nicht im Ganzen, dann zumindest in Teilbeträgen nicht unter 5 Millionen Euro. Unterzeichnet von den titelgebenden Schergen des Midas werden ihm zur Untermauerung der Forderung Morde an ihm völlig unbekannten Personen angekündigt, die er mit der Zahlung verhindern könnte. Genovés, der die Erpressung zunächst nicht ernst nimmt und sich lieber in eine Romanze mit der jungen Mónica stürzt, übergibt trotz ausdrücklicher Warnung die Sache der Polizei - doch als die angekündigten Morde sich exakt wie vorhergesagt abspielen und die Erpresser die Mordintervalle auch noch verkürzen (als Strafe dafür, daß er sich an die Polizei gewandt hat) kommt der CEO ins Grübeln...

Basierend auf einem Roman von Jack London hat Regisseur Mateo Gil dessen Grundidee von der Anfälligkeit eines integren Menschen für das Böse übernommen und in die spanische Gegenwart versetzt, wo er vor dem Hintergrund täglicher Demonstrationen gegen die Regierung wegen einer Gesundheitsreform einen Firmenchef mit moralischen Grundsätzen langsam aber sicher von den Schergen des Midas weichkochen läßt.

Die in ausgesprochen gewählten, höflichen Floskeln stets schriftlich überreichten anonymen Schreiben der Erpresser (meist in versiegelten Briefen, später auch übers Handy) haben nämlich einen bösen Haken: sie drohen "nur" mit dem wiederholten Mord an einem völlig unbekannten Menschen, dessen Ableben niemals mit dem Erpressten in Zusammenhang gebracht werden kann und wird und das diesem deswegen einigermaßen egal sein könnte. Doch Victor Genovés, der ein Gewissen besitzt, ist es eben nicht egal. Und je mehr Menschen seinetwegen sterben müssen und je weniger die extra zu diesem Zweck gebildete Sonderkommision der Polizei unter der Leitung des erfahrenen Inspector Conte (Guillermo Toledo) herausbringt (diese tappen trotz aller Bemühungen vollkommen im Dunklen), desto mehr überlegt sich Genovés, ob seine bisherige Strategie die richtige ist und es nicht einen anderen Ausweg geben könnte.

Mit in den Film montierten Bildern von realen, gewalttätigen Demonstrationen in Spanien, deren langsame Eskalation die Entwicklung der Handlung geschickt begleiten, steht Luis Tosar mal wieder im Fokus, wenn er dem ethischen Dilemma einerseits durch rationale Schritte und andererseits durch eine hoffnungslose, unüberlegte Affäre mit der Journalistin entkommen will - eine solide darstellerische Leistung, die dem Glatzkopf mit den markanten Augenbrauen allerdings auch nicht allzuviel abverlangt.

Daß der Plot um die tödlichen Erpressungen mehr eine Allegorie als ein spannender Thriller ist, sollte dem geneigten Zuseher spätestens ab Mitte der aus 6 Episoden bestehenden Serie klar werden - wer danach allerdings immer noch auf das anfänglich zu erwartende whodunit-Konzept setzt und sich eine diesbezügliche Lösung erhofft, wird wohl bitter enttäuscht werden, ganz besonders von der Schlußszene, die - sehr pointiert ins Bild gesetzt - die ganze Geschichte krönt und abschließt. Nur eben nicht im Sinne eines herkömmlichen Krimis... 7 Punkte.

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