Geisterhäuser sind ja seit einigen Jahren wieder Trend geworden, aber am Ende verhält es sich natürlich wie mit der Untotenwelle: nach 4.759 Film läuft es sich tot, selbst wenn die Ansprüche extrem niedrig gestapelt sind.
Eine hübsche Variante bietet aktuell der Film „His House“, der natürlich vom Titel her „Standard“ und „Home Invasion“ brüllt – um dann tatsächlich beides irgendwie im Film unterzubringen, ohne auf das Erwartbare zu verfallen.
Statt unschuldiger Mieter haben wir es nämlich bei den geplagten Bewohnern hier mit einem Pärchen aus dem Südsudan zu tun, welches vor einiger Zeit die lebensgefährlche Reise über das Mittelmeer gemacht hat und nun nach einiger Wartezeit in Aufnahmelagern in UK endlich pro forma als Asylsuchende auf Zeit akzeptiert werden. Passend zur allgemeinen Situation im Königreich erscheint das nicht als Verheißung, sondern wird von den Behörden mehr mit Gleichmut und einer gehörigen Portion „muss ja“ quittiert. Richtern und Offiziellen scheint an den jungen Leuten wenig zu liegen, die Belehrungen wirken, als würden die Behörden mit unmündigen Kindern oder geistig eingeschränkten Personen reden, Interesse an einer Eingliederung wird nicht gezeigt, initiative Unterstützung durch private Flüchtlingsorganisationen liegen nicht vor.
Stattdessen wirkt die Aufnahme wie eine Entsorgung: die beiden bekommen ein kleines Vorstadtreihenhaus zugewiesen, das in einem enorm miesen Zustand von den Vorgängern hinterlassen wurde. Das liegt auch noch in einem mäßig sozialen Vorstadt mit vielen Konflikten und einer gehörigen Portion Rassismus, sogar unter den niedrigen sozialen Chargen, die dort versammelt sind. Die halb belustigte „Ist doch alles schön, oder?“-Anpreisung ihres Sozialarbeiters (hier darf Ex-Dr.Who Matt Smith das Maximale aus einer Figur holen, die für den Plot eigentlich unwichtig ist – den beabsichtigten Helfer, der vor den Umständen des unwilligen Sozialstaats längst aufgegeben hat und nicht mehr wahrnimmt, dass er in seiner „bemühten“ Rolle schon nur noch herablassend und ignorant wirkt.) wirkt in der realitätsverleugnenden Jovialität wie eine Ohrfeige.
Die Devise für Bol und Rial heißt also: möglichst nicht auffallen, möglichst nicht beschweren, alles tun, um negative Auswirkungen auf den Asylstatus zu vermeiden. Tatsächlich bieten die beiden einiges an Bemühen auf, der Eine durch den Willen zur Assimilation der europäischen Lebensart, die Andere durch Bewahrung der afrikanischen Herkunft.
Mit Improvisation und Reparaturwilligkeit können die beiden einiges ausbügeln, doch dann bekommen sie in ihrem Heim halt Besuch – ungewollten Besuch – zunächst meistens bei Nacht. Erst sind es huschende Schatten, dann Figuren im dunklen Zimmer gegenüber, später springen die Eindringlinge aus Ecken oder bewegen sich schließlich hinter den brüchigen Wänden und beobachten die Bewohner.
Damit geraten die Protagonisten nicht nur in eine bedrohliche, sondern auch in eine prekäre Situation, denn die Jagd auf die Wesen in den Räumen und Wänden führt zu weiterer Zerstörung ihrer Unterkunft und kann erst gestoppt werden, als beide in sich selbst nach einer Lösung suchen, denn die Verantwortlichkeit für die Attacken der übernatürlichen Wesen liegt in diesem Fall bei den „Bewohnern“ und ihrer Vorgeschichte – und führt die Idee ad absurdum, man dürfe Asylsuchende als „clean sheet“ betrachten oder als Kinder, die man anleiten müsste – stattdessen plädiert der Film für eine Auseinandersetzung beider Seiten mit der Vorgeschichte und den Umständen, die man natürlich mit in die Fremde bringt, aber aus Scham oder Verdrängung unterdrückt.
„His House“ geht das nicht dick auftragend an, sondern folgt einfach seinem effektiven Plot, der auch einige interessante visuelle Ideen aufzuweisen hat, über einen Horror, der buchstäblich den Figuren unter die Haut geht, die ihrer Umgebung und ihres Körpers. Dabei kommt auch mal ein übernatürlicher "Belagerer" zum Einsatz, den man in dieser Form sicher noch nicht gesehen hat.
Der schmerzhafte Prozess der Neueingliederung stellt am Ende denen, die es geschafft haben, die "Anderen" gegenüber, ohne sich auf die üblichen Humanitätsstandards zu versteifen. Niemand - so sagt der Film - ist gänzlich ohne Schuld.
Ein bedrückender Film mit einer Prise Hoffnung, allerdings ohne die menschenunwürdigen Positionen des Themas zu verharmlosen. (7,5/10)