"IT WAS LIKE MAGIC"
Buster Keaton - Komiker, sowohl als Darsteller wie als Regisseur herausragend, The Great Stone Face genannt, neben Charlie Chaplin und Harold Lloyd einer der einflussreichsten Entwickler des akrobatisch-komödiantischen Stummfilms, ein lange Zeit verkanntes Genie. Und eigentlich ein trauriges Leben, da es nach seinen größten Erfolgen einen Weg ins Abseits und die Vergessenheit nahm, einen Weg nach unten, hin zu Verkannt-sein, Einsamkeit und Alkoholismus - stünde da nicht am Ende die Wiederentdeckung, die Anerkennung der Leistungen und das immernoch und immer wieder frische Lachen, das seine Performances bis heute hervorrufen.
Diesem Leben geht die Dokumentation A Hard Act to Follow in drei 50-minütigen Episoden nach. Der Grundstein für eine außergewöhnliche Komikerkarriere ist bereits im Kindesalter gelegt, als Buster Keaton von seinen Eltern in ihrer Bühnenshow eingesetzt, manche sagen missbraucht wird. Buster selbst hat ihnen das nie übel genommen, denn so fragwürdig das Verhalten der Eltern auch sein mag: ihm machten die Auftritte nach eigener Aussage Spaß. Und sein unverkennbares Markenzeichen hat seinen Ursprung in eben dieser Zeit: sein wie versteinertes, aber keineswegs ausdrucksloses Gesicht, mit dem später seine Figur mit dem flachen Filzhut alle Schicksalsschläge, Unfälle, Missgeschicke, Gemeinheiten und auch Glücksereignisse, Zufälle und Erfolge erduldet.
Sein schier unerschöpflicher Einfallsreichtum, sein begnadetes Timing, sein sicheres Gespür für absolut überraschende Gags aus eigentlich überschaubaren Situationen und mit geringsten Hilfsmitteln - all das ist schwer zu erklären. Er wurde eines Tages an ein Set gebeten, weil man nicht wusste, wie eine Szene zu lösen war: in einem Haus ein Mann und draußen ein bissiger Hund. Wie kommt der Mann da raus? Keaton besah sich die Sache und erklärte prompt, was man machen könnte. Und genau das sieht man dann auch im Film: der Mann entfernt die Stifte aus den Angeln und nutzt die Tür wie eine Drehtür - er auf der einen Seite und bald draußen, der Hund auf der anderen Seite und drinnen. Typisch Buster Keaton. Der Regisseur des Films sagt dazu nur: "It was like magic".
Und so versucht auch dieser Film keine Erklärung. Er bildet ab, zitiert Buster und seine Weggefährten in Interviewaufnahmen, zitiert die Kurzfilme, die Langfilme, die TV-Auftritte, zieht hin und wieder Vergleiche und stellt manches in einen Zusammenhang, aber es findet keine tiefere Analyse statt. Das ist einerseits schade, denn so dringt der Film trotz seines Umfangs nicht allzu weit vor, sondern bleibt an der Oberfläche, ist überwiegend interessiert an Anekdotischem und an der Sensation, z.B. daran, bei welchen waghalsigen Stunts und in welchen Szenen sich Keaton welche schweren Verletzungen zugezogen hat. Das gute daran: die Sache ist dabei dennoch gut illustriert und absolut unterhaltsam und will auch nicht mehr sein. Man bekommt einige der schönsten Buster-Szenen und dazu Hintergrundinformationen aus erster oder zweiter Hand, keine Spekulationen, keine verstiegene Verwissenschaftlichung. Zumindest in filmischer, dokumentarischer Hinsicht ist für Liebhaber des Slapsticks, des Stummfilms und für an Buster Keaton Interessierte wohl nichts Besseres zu haben.