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"The Queen's Gambit" von 2020 ist eine Netflix Mini-Serie aus Eigenproduktion. Es handelt sich um eine Adaption des gleichnamigen Romans von Walter Tevis aus dem Jahr 1983. Regie führte Scott Frank (Godless). Die Serie umfasst sieben Folgen á ca. 60 Minuten und gilt als abgeschlossen, eine Fortsetzung erscheint trotz des Erfolgs unwahrscheinlich.

Erzählt wird die Geschichte von Elizabeth 'Beth' Harmon, die in den 50er-Jahren als Kind (Isla Johnston) in einem Waisenhaus in Kentucky aufwächst. Dort erlernt sie durch den Hausmeister (Bill Camp) das Schachspiel, welches von Anfang an eine ungeheure Faszination auf sie auswirkt. Nach einigen Jahren im Waisenhaus hat sie als Jugendliche (fortan: Anya Taylor-Joy) das Glück, doch noch von einem Ehepaar adoptiert zu werden. Ihre Leidenschaft für Schach ist ungebrochen, auch wenn sie in der Männerdomäne anfangs nicht immer ernst genommen wird. Das ändert sich mit ihrer ersten Turnierteilnahme bei den lokalen Stadtmeisterschaften ...

Sportdramen gibt es zuhauf, aber Schach gilt in der Film- und Fernsehlandschaft nicht unbedingt als Straßenfeger. Was für Kenner eine mitreißende Partie sein mag, sieht für Außenstehende oft nur nach zwei Typen aus, die stundenlang in Denkerpose eingefroren scheinen. Kann man daraus überhaupt gute Unterhaltung im Serienformat machen? Aber hallo! Das liegt zum einen an einer guten Darstellerriege, allen voran eine großartige Anya Taylor-Joy. Sie schafft es, allein mit ihrer Mimik und Gestik auch die von Haus aus eher drögen Schachszenen mit Spannung und Dramatik zu füllen. Und natürlich geht es in "Damengambit" um mehr als nur Leute, die Figuren übers Schachbrett bewegen. Es ist ebenso ein Coming of Age Drama um eine Figur, die zwar mit einem unglaublichen Talent gesegnet ist, aber auch ihre inneren Dämonen wie Einsamkeit und ihre Neigung zu Alkohol und Tabletten bekämpfen muss.
Auch die übrigen Darsteller machen einen guten Job. Beispielsweise Bill Camp als einsamer Hausmeister, der die Rolle als Schachlehrer erst widerwillig annimmt und dann zu einem wichtigen Mentor heranwächst. Ebenso Marielle Heller (die sonst eher selbst auf dem Regiestuhl sitzt) überzeugt als Adoptiv-Mutter, die losgelöst vom griesgrämigen Patriachen geradezu aufblüht. Die Kinderdarstellerin der jungen Beth zeigt ebenfalls eine großartige Leistung als talentierte und starrsinnige Waise, die in ihrer eigenen Welt lebt.

Zum "schachlichen": Kein Geringerer als Garri Kasparow stand beratend zur Seite. Man kann also ruhigen Gewissens auch mal einen Blick auf die jeweiligen Stellungen riskieren. Das große Finale beispielsweise basiert auf einer realen, sehr furiosen Partie, wo extra für die Serie ein "alternatives" Ende ausgearbeitet wurde.

Fazit: Eines meiner persönlichen Highlights von 2020. Erst recht, wenn man sich auch für Schach interessiert. Tolle Darsteller, tolles Setdesign (übrigens wurde viel in Berlin gedreht). Werde ich mit Sicherheit irgendwann noch mal gucken. 9 Punkte.

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