Im heißen Sommer 1939 holt sich die Gutsbesitzerin Edith Pretty den Hobbyarchäologen Basil Brown ins Haus. Schon seit langem interessiert es sie, ob nicht unter den merkwürdig geformten Hügeln auf ihrem Land etwas zu finden sein mag. Brown betreibt diese Beschäftigung zwar wirklich nur aus Liebhaberei, hat sich dabei aber profundes Fachwissen angeeignet. Und was er findet, übersteigt die Vorstellungskraft jedes studierten Archäologen: Der Rumpf eines Schiffes aus dem 6. Jahrhundert, mit einem Schatz an Bord, der die Geschichte des britischen Frühmittelalters revolutionieren wird. Klar, dass so ein Fund auch die Großkopferten anzieht. Und ebenso klar, dass diese den kleinen und vermeintlich unbedarften Brown ausbooten wollen.
Rüdiger Suchsland schreibt in seinem Blog, DIE AUSGRABUNG sei „ein auf konventionelle Art gelungener Film“. Genau so ist es, denn diese unauffällige und ruhig erzählte Geschichte zieht ihre Stärken gerade aus diesem Umstand, dass sie eben unauffällig und ruhig ist. Die Menschen behandeln sich gegenseitig mit einem gewissen Respekt und mit Anstand, und selbst wenn es einmal unanständig wird, ist dies aus heutiger (und nicht-britischer) Sicht immer noch ausgesprochen ehrenhaft und mit einer steifen Oberlippe versehen. Die Höhepunkte des Films, wie etwa die Entdeckung um was es sich bei dem Objekt tatsächlich handelt, oder die Entdeckung von Edith Prettys Krankheit, sind diskret in die Geschichte eingebettet und tragen angenehm zu einem langsamen Erzählfluss bei, der nicht einmal aus dem Tritt gerät, dabei aber eine konstante und flüssige Geschwindigkeit besitzt. Ein wesentliches Stilmerkmal, welches vor allem die möglicherweise langatmigen Szenen umschifft, ist, dass die Personen stumm durch das Bild laufen, während ihre Stimmen die Dialoge wie Gedanken dazu erzählen. Dadurch ist es möglich, eine zarte Annäherung zwischen Pretty und Brown in einem im Regen stehenden Wagen zu einem spannenden und überhaupt nicht langweiligen Moment zu machen – Wie Gedanken umtanzen die gedachten Worte die Schauspieler, die sich ganz auf ihr Spiel und ihre Mimik konzentrieren können, während der Zuschauer die in Sätze gefassten Blicke in sich aufsaugen kann.
Natürlich ist DIE AUSGRABUNG nicht spannend wie ein Thriller oder ein Actionfilm. Es passiert eigentlich nicht viel, doch durch die ständig wechselnden Situationen und vor dem Hintergrund des permanent drohenden Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges entsteht ein ungeheures Spannungsfeld. Wir wissen, dass all die sympathischen jungen Männer bald in den Krieg ziehen müssen und möglicherweise sterben, und wir wissen auch, dass die tapferen Frauen im Film bald schrecklich einsam sein werden. Erinnerungen an den grandiosen ABBITTE werden wach, der die letzten Tage des alten Englands in einem ähnlichen Licht zeigt, wenngleich auch erheblich dramatischer.
DIE AUSGRABUNG ist konventionell, ja das ist er. Konventionell in einem positiven Sinne wohlgemerkt, denn er setzt auf die Stärken seiner Schauspieler, seiner schönen Bilder und seiner Stimmungen, ohne sich dem Trend zu lustigen Onelinern oder grotesken Situationen sinnlos auszuliefern. Simon Stone setzt seine Mimen in den Vordergrund, nicht den Aktionismus, und macht den Film so zu einem im besten Sinne altmodischen Film-Erlebnis über das Spannungsfeld von Vergangenheit, Vergänglichkeit und Zukunft.