Sind wir bei Delicatessen, sind wir fern der normalen Welt. Einzig der Zeitpunkt des Films hätte noch grotesker gewählt werden können, nämlich heute, denn dann wäre der Hunger ein Grund weniger für das was passiert. Vielleicht ist es aber auch besser so.
In der Mülltonnen erwischt zu werden ist sicherlich keine Heldentat, so auch sicher nicht die Tatsache, durch sein Fleisch ein paar unliebsame Leute ein paar Tage länger bei Laune zu halten. Darum geht es in Delicatessen, rudimentär. Dann gibt es noch die sogenannte Terrorfraktion, aber spannender sind die Leute aus dem Mietshaus, die Selbstmordversuche undundund.
Was den Kannibalismus angeht, so kann sich jeder sicher sein, daß keine Schlachtszenen oder dergleichen gezeigt werden. Der Film hat keine brutalen oder ekligen Bilder, für Fans von ausschließlich Gemetzeln, die vom thematischen Inhalt angezogen sind, dürfte der Film eine einzige Enttäuschung sein. Der Film ist wahrlich subtiler als sich diese Leute wünschen würden. Demgegenüber steht allerdings die Gleichgültigkeit eines Mieters der seine Schwiegermutter dem Metzger ausliefert. Ebenso gleichgültig scheint dem Regisseur was der Zuschauer davon denkt. Normal anscheinend.
Der Film will nicht realistisch sein, so absurdes kann nur überdreht genannt werden. Überdreht nicht im Sinne von hektisch, bunt oder verrückt, sondern im Gegenteil. Tiefschwarz, fein und eher leise. Die nicht oberflächliche oder aufgedrungene Moraliät bei einem doch recht kontroversen Unterthema macht den Film für Selbstdenker und andere zum Vergnügen.
Der Film findet hier anscheinend wenig Beachtung, jedenfalls was die Anzahl der Kommentare anbelangt. Einerseits spricht das im positiven Sinn für einen womöglich exklusiven Kreis, der sich ein Urteil hierüber erlauben will und kann, andererseits ist es im negativen schade, daß auch dieser Non-Mainstream-Film unter Wert bewertet ist.
9/10