Review

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Obwohl zuerst in Produktion gegangen und auch abgedreht, hat der entsprechend auch über das Original-Drehbuch von Matt Naylor verfügende Alone in Sachen Aufmerksamkeit beim Zuschauer nach der eher gestarteten Adaption #Alive (2020) eindeutig die zweite und damit schlechte Karten nur gezogen. Und muss sich nun zudem der positiv aufgenommenen Konkurrenz und dem Vergleich dazu stellen und bekommt auch den scheinbaren Makel als a) Kopie, die er ja gar nicht ist und b) Überdruss aufgrund durchaus mehrerer ähnlicher und auch eher angelaufener Filme so einfach und so schnell nicht weg. Die Bilder von der hiesigen amerikanischen Variante zu dem des südkoreanischen Vertreters ähneln sich zudem auf den ersten (Marketing)Blick recht stark, wobei hiesig im direkten Vergleich zudem ein schlechterer Eindruck hinterlassen wurde. Zu Recht oder doch zu Unrecht?

Der junge Aidan [ Tyler Posey ] wird eines Tages allein zu Hause von einer plötzlich auftauchenden und sich ebenso ausbreitenden Epidemie überrascht, die die Mitmenschen zu höchst aggressiven und jeden weiteren damit durch Bisse in Berührung kommenden Bürger zu einem ebensolchen Wesen werden lässt. Eingesperrt in der Wohnung versucht er zwar, so gut wie möglich über die Runden zu kommen, und das Beste aus der sowieso hoffnungslosen Lage zu machen, gerät dann aber doch schnell in Verzweiflung, worauf ihn einzig und allein die gegenüber wohnende Eva [ Summer Spiro ] erlöst.

Der Film fängt früh mit dem Tempo an, mit dem Eintreten der Prämisse, eher als sein Kumpan auch, der für wenige Minuten noch eine Ruhe vorgaukelte, die hier noch nie vorhanden war und noch nie eine Idylle gegeben ist. Sekunden vergehen bis zur Panik auf den Straßen nur, bis zum Wechsel des Fernsehbildes von aufgepeitschten Nachrichten bis hin dem Störsignal, von dem Lärm draußen auf den Straßen, wo die Menschen entweder in höchster Angst wegrennen oder gegenseitig über sich herfallen, und auch kaum eine Wartezeit, bis der erste Infizierte in der Wohnung und vor dem Protagonisten hier steht.

Erstaunlicherweise hat trotz dieser Eile und diesem Suchen in der Flucht dieser die Probleme ebenso beizeiten; durch einen faulen dramaturgischen Trick auch schon in der allerersten Einstellung, die bereits in die Mitte der Handlung und zu Tag 42 und einer Suizidankündigung und einer Vorbereitung der Ausführung dessen springt. Zudem erreicht man weder eine fiktive Distanz noch eine Akzeptanz des Geschehens, das kurze Spektakel während des Ausbruchs der Epidemie ist zuweilen schlecht gehandhabt bis vor allem (bei vermeintlichen Hubschrauberabstürzen im Wohnviertel) schlecht getrickst, der hiesig gewählte Darsteller ist mit dem Verkörpern der Situation selber überfordert, was ihn von der Rolle und durch das übertriebene und gerade zu Beginn stets inkongruent wirkende Schauspiel die Figur vom Zuschauer trennt.

Interessanter als die Vergleiche sind da schon die Unterschiede der Behandlungen, das (miserabel eingerichtete und unwohnlich scheinende) Apartment gehört der versuchten Identifikation zum Publikum hier selber, eine Junggesellenbude, kein erweitertes Familienapartment, wo einfach nur die Familie abwesend, da auf Reisen ist. Der Mann hat Schlag bei Frauen und er ist ein Typ für One-Night-Stands, er ist sich seines Körpers bewusst und der Wirkung und ebenso frei wie sein Reich ist auch seine Existenz (der Joint am Mittag, kurz nach dem Aufstehen, zuvor hat eine hin drapierte 'Schönheit' halbnackt sein Bett verlassen, außerdem sind so lästige Zwänge wie Miete zahlen fremd). Der Wohnblock selber ist in einer kräftig leuchtenden Farbe gehalten, ein warmes Orangerot, unten stehen die Palmen und der Schnitt der Wohnungen ist eher wie für den Urlaub als der asiatische Wohnkomplex.

Abgesehen von der völligen emotionalen Unzulänglichkeit des Geschehens – #Alive hat bei Erscheinen das Auditorium direkt angesprochen und damals neue Faktoren wie der Ausbruch einer Pandemie und dem Einschränken dieser durch einen 'Lockdown' und 'Social Distancing' zufälligerweise auch bebildert und relativ glaubwürdig und nachvollziehbar visualisiert; hier wird schon nach wenigen Stunden zu Alkohol und Drogen gegriffen und am ersten Abend vom Fernsehguckenden Vater auf dem Sofa halluziniert – ist genau diese Herangehensweise und dem hier dargestellten Menschen die Verfolgung des Treibens auch mit eigenen Vorteilen gespickt. Dort jemand, der sowieso die meiste Zeit wie allein mit sich selbst wirkte und wesentlich besser mit der Isolation klarkam, hier ein Individuum, welcher selbst geäußert hat, nie allein zu sein und so schon nach wenigen Stunden den Tränen nah bis völlig aufgelöst und sich auch nicht (virtuell) ablenken und nicht mit sich beschäftigen könnend ist. Zudem wird dort der junge Mann durch die junge Frau tatsächlich gerettet, aktiv, hier ist es der Anblick der jungen Frau, die den lebensmüden Mann innehalten und dann auch erstmal das Äußere wieder aufstylen und tatsächlich auch so etwas wie eine Romanze in dem ganzen Trubel, also so in etwa das Unnötigste überhaupt anbahnen lässt. Dafür ist das Haus stets relativ laut, auch danach noch, haben die hier Infizierten eine Art Tick, der sie gewisse prägnante letzte Sätze wie "I'm okay" oder "Come here!" oder "Don't touch me! Don't touch me!" stets und ständig wiederholen und so zu einer Art Dauerschleife oder personelle Schallplatte mit Sprung, eine Art Murmeltiertag im Horror werden lässt.

Auch die Bedrohung, die Attacken selber sind etwas anders gehandhabt, zwischendurch landet plötzlich jemand durch eine Lüftungsluke im Bad, mit einem Knurren und Winseln, was sich zuvor noch wie das Gejaule eines kleinen Hundes anhört; selbst der Aufstieg eines 'Zombies' zur Wohnung wird hier in einer differenzierten Art und Weise gehandhabt, sodass einige Spannungsmomente erregt werden können und auch ein entsprechendes (besseres) Ende evoziert. Technisch ist man wesentlich schmaler aufgestellt, auch ist das ganze Szenario und das Budget kleiner, kein Kinolauf ersichtlich und keine (Jung)Stars in der Manege platziert.

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