*** SPIOILERWARNUNG *** auch für „Avengers - Endgame“
Die von Scarlett Johansson dargestellte Figur aus dem Team der Avengers stach für mich aus der Truppe nie sonderlich heraus. Trotzdem ist es grundsätzlich mal keine schlechte Idee, ihr mit einem eigenen Film, der im MCU nach „Civil War“ (2016) angesiedelt ist, mehr Hintergrund zu geben. Allerdings bleibt die Notwendigkeit hierzu am Ende fraglich, schließlich ist die Figur nun schon in diversen Filmen der Serie immer ein bisschen entwickelt worden. Hinzu kommt, dass „Black Widow“ einfach zu spät dran ist, da Natasha schon das Zeitliche gesegnet hat, was den Film zu einem nachträglichen Einschub macht.
Inhaltlich bedient man sich mancher Versatzstücke, ein bisschen Familiendrama und Agentenfilm. Für manche Idee stand wohl die Bondreihe Pate. Die Locations werden immer schön eingeblendet und der Schurke hat sogar einen klassischen Handlanger an Bord. Der ist dabei interessanter als der eigentliche Bösewicht, denn dieser ist einfach nur frei von Charisma und beliebig runtergespielt. Die Parallelen waren den Machern vermutlich bewusst und so schaut sich die Protagonistin nebenbei mal „Moonraker“ im TV an.
Der Ansatz an sich ist jedoch nicht schlecht und bringt Abwechslung in das eher fantasylastige Franchise. Doch was für Marvelverhältnisse geradezu geerdet beginnt, endet in einem völlig überzogenen Schlussakt, der jedwede Bodenhaftung über Bord wirft und nicht zum Rest des Films passen will. Auch nicht zur Figur, die nicht mit übermenschlichen Fähigkeiten ausgestattet ist, sich am Ende aber reinschmeißt, als wäre sie eine unkaputtbare Mutantin. Es will einfach nicht passen.
Die Story dient letztlich nur als Alibi, um die Figuren von Schauplatz A nach B und C zu bringen, sowie hier und da mal ein Familienmitglied einzusammeln, erzählt dabei aber kaum etwas. Der Job ist, den „Red Room“ zu finden und das war's so ziemlich. Ach so, und Emanzipation per Glitzerpulver. Wirkt alles hilflos zusammengeklebt, weil man der Figur noch einen großen Auftritt bieten wollte. Und der Kleber, der das letztlich dann hält, sind die Darsteller:innen.
David Harbour hatte sichtlich Spaß an seiner Rolle als Captain Americas Gegenentwurf in Rot, Rachel Weisz wirkt insgesamt leider unterfordert. Scarlett Johansson kennt die Rolle auswendig, positiv sticht noch Florence Pugh heraus. Ray Winstone bleibt als Schurke blass, doch insgesamt geht das Ensemble in Ordnung.
Die Action ist natürlich wieder drüber. Da hat man den realen Anstrich verpasst, der zu einer stringent durchgezogenen Agentenstory gepasst hätte. Ausnahme ist hier die Sequenz mit Yelena in der Wohnung, die am ehesten ein gewisses Maß an Körperlichkeit spürbar macht. Bebildert ist das Ganze immerhin übersichtlich; warum allerdings die Kamera auffallend oft den Hintern der Darstellerinnen ins Bild holt, bleibt das Geheimnis der Macher.
„Black Widow“ ist letzten Endes zu spät dran, will einer verblichenen Heldin noch was mitgeben und steigert sich nach einem ansprechenden Beginn in die bekannte, aber im Hinblick auf die Figur fremdartige Gigantomanie. Schade, denn es wurde die Chance verpasst, dem MCU mit Beginn der neuen Phase einen neuen Anstrich zu verpassen. Bisschen hat man's versucht, aber Malen nach Zahlen hat schließlich schon ein paar Dutzend Mal geklappt.