Review

iHaveCNit: Nomadland (2021) – Chloe Zhao
Deutscher Kinostart: 01.07.2021
gesehen am 03.07.2021
Arthouse Kinos Frankfurt – Eldorado – Reihe 5, Sitz 11 – 18:00 Uhr

Es war Ende April 2021 – die Oscarverleihung fand dieses Jahr mit einigen Wochen Verspätung statt – und ich habe erstmals seit einigen Jahren die Verleihung nicht mehr mitverfolgt. Grund dafür war, dass ich einen Großteil der nominierten Filme mangels Verfügbarkeit im deutschen Raum nicht sehen konnte und deshalb die Verleihung in diesem Sinne nicht in dem Maße fühlen konnte, wie ich es die letzten Jahre gewohnt war. Einer der großen Gewinner des Abends war das Drama „Nomadland“ von Chloe Zhao, das in den Kategorien „Best Picture“, „Best Actress“ und „Best Director“ die begehrten Goldjungen mit nach Hause nehmen konnte. In der Geschichte der Awardverleihung war das schon ein großer historischer Wurf, da Chloe Zhao als erste „Woman of Color“ den Preis für die beste Regie bekommen hat und auch Frances McDormand hat für ihre Darstellung den mittlerweile dritten Goldjungen nach „Fargo“ und „Three Billboards Outside Ebbing Missouri“ bekommen. Die Goldjungen sind nettes Beiwerk – auch ohne dieses nette Beiwerk wäre „Nomadland“ ein fester Termin in meinem Kinoplan geworden – zurecht !

Fern lebte mit ihrem Mann im Örtchen Empire im Bundesstaat Nevada, nach dessen Tod hat sie in einem großen Gipswerk dort noch weiter gearbeitet und gelebt, bis das Werk geschlossen wurde und Empire nach dem Verlust der Postleitzahl zur Geisterstadt geworden ist – so dass sich Fern entschlossen hat, den Van auszubauen und sich den Nomaden anzuschließen, während sie sich von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob hangelt.

Der Film basiert auf einem Buch von Jessica Bruder, das ich nicht gelesen habe und woran sich unter anderem Frances McDormand die Verfilmungsrechte gesichert und mit Chloe Zhao die passende Regisseurin für den Stoff gefunden hat. So wie es aussieht, scheint das Buch auch auf persönlichen Erfahrungen beziehungsweise Recherchen einer Journalistin zu beruhen. Das macht den Film zu einem sehr bodenständigen, authentischen und lebensnahen und fast dokumentarischen Film, der einem auf sehr ausgewogene Weise das Leben der bewusst aussteigenden Nomaden schildert und auf die persönlichen Geschichten und Herausforderungen dieses Lebensstils hinweist. Dabei sind sogar bewusst echte Aussteiger gecastet worden, die sich hier auch quasi selbst spielen, was die Authentizität des Films noch stärker unterstreicht. Es ist zumindest auch für mich interessant gewesen, diesen Einblick in die Menschen, das Leben und die Gemeinschaft zu werfen. Auch wenn es hier in manchen Elementen zu Szenen in einem Logistikzentrum eines weltweit bekannten Versanddienstleisters kommt, ist das eben nur ein Mittel zum Broterwerb, da man sich bei einem Lebensstil dieser Art natürlich nicht ganz von finanziellen Mitteln abhängig machen kann. Das was mir die Reise mit diesem Film jedoch am stärksten versüßt hat war die bodenständige Inszenierung von Chloe Zhao, die großartigen Landschaftsaufnahmen und auch das Schauspiel von Frances McDormand, die hier quasi bis auf das Zusammenspiel mit wechselnden Partnern wie David Strathairn und den echten Nomadendarstellern den Film mit ihrer Präsenz auf den eigenen Schultern über die 108 Minuten trägt. Wenn ich jetzt jedoch „Nomadland“ zum Beispiel mit dem letzten Film vergleiche, bei dem McDormand den Goldjungen abgestaubt hat - „Three Billboards Outside Ebbing Missouri“ - dann komme ich zu dem Ergebnis, dass mir bei „Nomadland“ noch das gewisse Etwas gefehlt hat, das mich richtig mitnimmt. Aber das trübt den Gesamteindruck nur sehr gering.

„Nomadland“ - My First Look – 9/10 Punkte.

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