Wer die heutige Zeit verflucht, in der Videotheken und Lichtspielhäuser vom Trash geradezu überflutet werden und sich die besten Jahre Hollywoods zurück wünscht, im verklärenden Glauben, dass damals nur Meisterwerke gedreht wurden, sollte sich schleunigst "Reefer Madness" (bzw. "Tell Your Children", wie der Hobel ursprünglich heißt) zu Gemüte führen. Nach diesen knapp 70 Minuten geballten Schwachsinns, dürfte wohl so manch hohler Blockbuster in einem ganz neuen Licht erstrahlen.
Soviel zur "Story": Der sehr von sich überzeugte Schulleiter Dr. Carroll (Joseph Forte) möchte die Eltern seiner Schüler vor den drohenden Gefahren von Marihuana warnen. Zu diesem Zweck erzählt er ihnen die Geschichte von Mary (Dorothy Short), ihrem Freund Bill (Kenneth Craig) und Marys Bruder Jimmy (Warren McCullom). Letzterer ist auch derjenige, der eine Katastrophe ins Rollen bringt. Ständig zu Gast beim nur nach außen hin gut situierten Jack (Carleton Young) und dessen Freundin Mae (Thelma White), wird der an und für sich unschuldige Junge schnellstens marihuanasüchtig. Durch ihn gelangt auch Bill in den Dunstkreis der Drogendealer, was ihn stark verändert. Bald schon türmen sich Mord und Totschlag, sowie jede Menge Verzweiflung aufeinander. Denn eines dürfte wohl sicher sein: aus Marihuana erwächst nichts Gutes!...
So oder so ähnlich dürften wohl auch die Macher dieses Filmchens gedacht haben, erklären sie Marihuana doch frei heraus zum "Staatsfeind Nr. 1". Interessant auch, dass die Droge offenbar zu schlimmsten Gewaltakten führen soll, wovon man hier zwar nichts zu sehen (immerhin handelt es sich um eine amerikanische Produktion aus den 30er Jahren), aber immerhin zu hören bekommt. Ja, ja, man ahnt es schon: "Reefer Madness" ist Propaganda-Schwachsinn der besonders hirnverbrannten Art. Offenbar haben die Macher selbst zuviel von dem Zeug gequalmt, das sie hier aufs Erbittertste dämonisieren. Und so trägt der (Kiffer-)Wahnsinn frische Blüten, wenn nach und nach die ach so anständige amerikanische Jugend, dank Dealern, die sich wie Film Noir- Detektive kleiden, vor die Hunde geht. Dabei wird schön auf Übertreibungen gesetzt, gleichzeitig aber auch die immense Dummheit der Teenager zur Schau gestellt. So inszenieren der (zurecht in Vergessenheit geratene) Regisseur Louis J. Gasnier und seine Kumpanen das ganze als albernes Kasperletheater, bei dem die Schüler die Marionetten sind und wie die blökenden Schafe zur (symbolischen) Schlachtbank geführt werden.
Dabei zeichnet sich dieses Machwerk in erster Linie durch seine Plattheiten aus (so dumm können amerikanische Teenager gar nicht sein, dass sie auf diesen lächerlichen Käse von Film hereinfallen würden; wird also nicht besonders erfolgreich gewesen sein, der ganze "Aufklärungs"-Zirkus). Joseph Forte ist als Rektor dermaßen selbstgefällig dargestellt, dass man ihm einen möglichst schmerzhaften Tod an den Hals wünscht. Wie eigentlich jedem hier, denn die Darsteller sind wirklich so unterirdisch, dass sie sich einen gepflegten Wettstreit mit dem Skript liefern, was von beiden denn nun am Schlechtesten wegkommt. Das Drehbuch kann natürlich mit grotttigen Dialogen und albern konstruierten Szenen "punkten". Gerade das Finale ist so ein Fall, bei dem der offenbar um Tragik bemühte Selbstmord einer Figur dermaßen an den Haaren herbeigezogen wirkt und auch noch so unfreiwillig komisch inszeniert wurde, sodass hier in erster Linie das Zwerchfell erschüttert werden dürfte und sonst gar nichts. Ganz große Klasse auch, dass bei all dem moralinsauren Stuss offenbar vergessen wurde, den fahrerflüchtigen Jimmy seiner (wie auch immer gearteten ) Strafe oder zumindest Lehre zuzufüren. Stattdessen wird der Junge einfach vergessen und kommt völlig ungeschoren davon. Ja, die Macher haben wirklich nichts dem Zufall überlassen, um ihr Propagandastück so abschreckend wie nur möglich wirken zu lassen. Respekt!
Dazu gesellt sich dann auch eine recht zähe Inszenierung, sodass sich hier nicht gerade von unterhaltsamem Trash sprechen lässt. Wie schon erwähnt, halten sich die lustigen Momente in Grenzen, weshalb all die Zuschauer, die wirklich Tränen Lachen möchten, mit dem Musical-Remake "Kifferwahn" eindeutig besser bedient sind, als mit dieser alten Kamelle.
Fazit: Propaganda-Trash bleibt, trotz seiner reißerischen Machart, nur selten in den Köpfen der Leute hängen. Dafür ist er nämlich meistens einfach zu belanglos geraten. Dies trifft zum Teil auch auf "Reefer Madness" zu, der in erster Linie aus filmhistorischer Sicht und somit für Cineasten interessant sein dürfte. Die werden dann auch ihre Freude an dem herrlich paranoiden Schlussbild haben. Der Rest der Menschheit verpasst nicht allzu viel.
Noch 5/10 Punkten